Großartiges Wochenende für Christian Ahlmann: Sieg auf Codex One im Großen Preis. Foto: Baumann

Am Freitag als German Master geehrt, am Sonntag mit dem Großen Preis von Stuttgart dekoriert: Christian Ahlmann dominiert im Springparcours, und Isabell Werth im Dressur-Viereck.

Stuttgart - Bei 49,78 Sekunden blieb im Stechen die Uhr stehen, null Fehler für Christian Ahlmann mit Codex One – keine zwei Minuten später stand fest: Dem Springreiter aus Marl ist beim Turnier in der Schleyerhalle das Double geglückt; nach dem Sieg am Freitag im German Masters war auch beim Großen Preis von Stuttgart am Sonntag keiner besser im Parcours. Die meisten der 6500 Fans jubelten. Der Schwede Douglas Lindelöw war mit Casello zwar ebenfalls ohne Abwurf geblieben, jedoch exakt um 24 Hundertstelsekunden langsamer. Christian Ahlmann ist erst der vierte Reiter, der das Stuttgart-Double vollbrachte, vor ihm war dieser Doppelschlag nur John Whitaker (1988), Michael Whitaker (2001) und Meredith Michaels-Beerbaum (2008) gelungen.

„Ich wusste, ich musste schnell sein“, sagte der 40-Jährige, „Douglas hat gut vorgelegt – ich habe deshalb die Wenden etwas aggressiver geritten und das hat gereicht." Durch den Doppelerfolg muss der Reiter aus Nordrhein-Westfalen allerdings ein Luxusproblem lösen: Er muss zwei Geländewagen unterbringen – für den Sieg am Freitag erhielt Ahlmann einen Mercedes GLC 220 Off-Road im Wert von 60 000 Euro, für den Triumph am Sonntag gab es einen Mercedes GLE 350 Off-Road im Wert von 68 000 Euro. „Ich weiß noch nicht, wie ich dieses Problem löse“, räumte er ein, „aber in diesem Fall ist die Problemlösung eine höchst angenehme Sache.“ Neben Pferdestärken im Motor ist der Ex-Europameister in der glücklichen Lage, auch fünf Spitzenpferde zu besitzen. Codex One ist dabei die Nummer eins. „Mit ihm will ich nach Rio zu Olympia“, sagte er.

Werth holte in Stuttgart ihren zwölften Titel im Grand Prix Special.

Ein paar Stunden zuvor hatte Isabell Werth ebenfalls wieder einmal einen großen Sieg in Stuttgart gefeiert. Es war bereits ihr zwölfter Titel im Grand Prix Special in der Schleyerhalle – aber es war das erste Mal, dass die Rheinbergerin mit einem eher unbekannten Nachwuchspferd auf dem Cannstatter Wasen triumphierte. Zuvor hatte die mehrmalige Olympiasiegerin stets mit ihren Paradepferden Gigolo (1996 bis 1999) , Satchmo (2006 bis 200), El Santo (2010, 2011), Don Johnson (2013) und Bella Rose (2014) die Fans zu Beifallsstürmen hingerissen, in diesem Jahr hatte sie den erst neunjährigen Emilio unterm Sattel. Mit 77,824 Prozent lag sie deutlich vor Charlott-Maria Schürmann auf Burlington (Gehrde/74,392); allerdings fehlten die starken Briten und die besten Niederländer im Viereck der Schleyerhalle, was den Erfolg von Isabell Werth ein gutes Stück leichter gestaltet hatte.

Emilio war lange ein Problempferd.

„Ich bin nicht volles Risiko gegangen“, sagte die 46-Jährige, „viele erfahrenere Pferde hatten sich an der Bandenwerbung gestört. Emilio hatte eine klasse Dynamik und war gut im Fluss. Ich bin super glücklich.“ Glücklich auch deshalb, weil der braune Wallach in ihrem Stall groß geworden ist; seit Jahren werden in Rheinberg junge Pferde ausgebildet, worauf nicht nur Isabell Werth, sondern auch ihre Mäzenin Madeleine Winter-Schulze stolz ist. „Das ist großartig, wie sie das macht – das registriere ich mit einem gewissen Stolz“, sagte die Berlinerin. Dabei war das Dressur-Leben von Emilio, von Werth liebevoll „Emil“ genannt, zu Beginn mit zahlreichen Hindernissen verstellt. Als Dreijähriger war er in Werths Stall gekommen, kurz darauf wurde das Tier jedoch krank und ging an den Züchter zurück. Wieder genesen, gelang es keinem, Emilio zuzureiten. „Sobald jemand aufsteigen wollte, ergriff er die Flucht“, erzählte die dutzendmalige Stuttgart-Masters-Siegerin. Emilio, das Problempferd, das schließlich doch noch zum Talent reifte. Als Fünfjähriger kam der Wallach zurück zu ihr, was aus ihm werden sollte, war ungewiss – doch Werths Team war beim Kunststück erfolgreich, das junge Pferd auszubilden. Die Geduld hat sich gelohnt. „Er ist erst neun“, sagte die Dauerbrennerin der Dressur-Szene, „wir stehen erst am Anfang. Stuttgart war erst sein zweites internationales Turnier.“ Allerdings setzt sie für Rio 2016 auf ihre Stute Bella Rose, die sie nach langer Verletzung noch geschont hatte. Aber Emilio könnte mehr als zum Ersatz taugen, sollte Bella nicht rechtzeitig für Olympia in Tritt kommen. „Sie ist mein 1-a-Pferd“, betonte Isabell Werth, „aber es ist auch beruhigend, ein 1-b-Pferd in der Hinterhand zu wissen.“