Stefan Kaufmann wird nachgesagt, er wolle antreten. Der Bundestagsabgeordnete ist auch Kreisvorsitzender – und bei der Suche nach einem OB-Kandidaten kommt man an ihm vielleicht schwer vorbei. Foto: Lichtgut/Michael Latz

Mit ihrer Gemeinderatsfraktion ist die Stuttgarter CDU so zufrieden wie lange nicht mehr. Die kommende OB-Wahl im Jahr 2020 aber bereitet manchen Parteimitgliedern Kopfzerbrechen. Die letzte Wahl mit dem parteilosen CDU-Kandidaten Sebastian Turner ist noch in unguter Erinnerung.

Stuttgart - Die Zeiten, da man in der Stuttgarter CDU mit einer Rückkehr von Susanne Eisenmann ins Rathaus rechnete, sind offenbar vorbei. Wenn sie in der Kreispartei heute an die OB-Wahl im Herbst 2020 denken, haben sie die frühere Bürgermeisterin und heutige Kultusministerin kaum mehr auf der Rechnung. Falls Eisenmann den Finger hebt, hatte es früher geheißen, führe an ihr kein Weg vorbei. Inzwischen denken viele, dass sie ihr berufliches und politisches Fortkommen in der Landespolitik suchen wird – zumal ein paar Männer der CDU-Landespolitik zuletzt schwächelten.

Nun ist es nicht so, dass Stuttgarts CDU bei formaler Betrachtung zurzeit in Not wäre. Die Ratsfraktion arbeitet besser als so manche ihrer Vorgängerinnen. Und an Personen, die OB-Kandidat werden möchten, scheint es auch nicht zu mangeln. Doch dies sorgt nicht unbedingt für Beruhigung.

Neben Stefan Kaufmann soll auch Karin Maag Interesse haben

Neun Monate vor der Kommunalwahl und rund 26 Monate vor der OB-Wahl schwirren in der Kreispartei viele Gerüchte herum. Und es werden, je nach eigener Interessenslage, auch manche Nebelkerzen gezündet. Unabhängig voneinander liefern diverse Beobachter aber verlässliche Hinweise, dass der Kreisvorsitzende Stefan Kaufmann selbst und seine Stellvertreterin Karin Maag, also die beiden Bundestagsabgeordneten, die OB-Kandidatur im Auge hätten.

Dazu kommt mit dem Fraktionschef Alexander Kotz ein Mann, der Lust an kommunalpolitischer Gestaltung und Machtentfaltung gefunden hat. „Er sucht seine Chance – egal wofür“, sagt ein Fraktionsmitglied im Schutz der Anonymität. Kotz liebäugle mit dem Amt des Ersten Bürgermeisters und Finanzbürgermeisters, falls Michael Föll in die freie Wirtschaft ginge. Zudem denke er auch darüber nach, OB-Kandidat zu werden.

OB der Heimatstadt zu sein, wäre für Alexander Kotz das Schönste

Kotz sagt dazu, die Frage der Föll-Nachfolge stelle sich nicht. Er rechne damit, dass Föll im Herbst 2019 vom Gemeinderat mit großer Mehrheit wiedergewählt werde. Und das OB-Amt? „Natürlich wäre es das Schönste, was man in der Kommunalpolitik erreichen kann, in seiner Heimatstadt OB zu sein“, sagt er. Die CDU werde im Jahr 2019 aber sicher die Person auswählen, die die besten Siegchancen habe und das Amt erfolgreich führen könnte.

Doch längst wird in der CDU darüber geredet, ob aus dem Aspirantentrio jemand das Format zum OB hätte. Hört man sich in der Partei um, stößt man zudem auf eine Befürchtung: dass die Kandidatenauswahl entgleisen könnte. Dass der Kreisvorsitzende am Ende erklären könnte, die Suche habe nur ergeben, dass er selbst der aussichtsreichste Bewerber sei. Man ist gewarnt. Vor der OB-Wahl 2012 hatte Kaufmann fast im Alleingang den parteilosen Werbefachmann Sebastian Turneraus dem Hut gezaubert, einen Berliner mit schwäbischem Hintergrund. Er konnte ihn CDU-intern auch erfolgreich gegen Andreas Renner positionieren. Die Parteiversammlung wählte Turner. Bei der OB-Wahl ging die Sache aber schief.

Zusammensetzung der Findungskommission wird entscheidend

Diesmal ist Kaufmanns Anforderungsprofil, und das alarmiert Parteifreunde erst recht, anders. Und zwar so, dass er selbst ungefähr hineinpassen könnte. Da und dort lässt er durchblicken, anders als 2012 im tiefen Streit um Stuttgart 21 brauche man nun niemand von außen. In der Partei gebe es eine gewisse Sehnsucht nach einer Persönlichkeit mit Parteibuch. Und sicherlich brauche man jemanden, der schon unter schwierigen Bedingungen eine Volkswahl bestand. Ihn selbst? Dreimal hat er ja in seinem Wahlkreis gegen den Grünen Cem Özdemir obsiegt. Zuletzt recht knapp. Das Risiko des Mandatsverlustes, meinen Parteifreunde, könnte ihn verleiten, vor der Bundestagswahl 2021 den OB-Sessel anzupeilen.

Auf Nachfrage hält sich Kaufmann – wie zum jetzigen Zeitpunkt alle Ambitionierten – bedeckt. „Stand heute würde ich sagen, dass zwischen möglichen Bewerbern wieder ein Mitgliedervotum in einer Versammlung herbeigeführt werden könnte“, sagt er. Das beruhigt aber nur mäßig. Alte Hasen in der Partei wissen: Ob Interessenten sich der Basis anbieten, hängt davon ab, welche Signale sie bekamen. Daher sei es entscheidend, wie die Findungskommission aufgestellt wird.

Will die Landespartei verstärkt Einfluss nehmen?

Die Landespartei könnte, trotz eigener Performanceprobleme, diesmal auch stärker mitreden wollen. Denn verlöre die CDU im Herbst 2020 erneut den Kampf um den Stuttgarter OB-Sessel, würde das vier Monate vor der Landtagswahl als Menetekel verstanden werden. Auf die CDU-Landespolitik ist Kaufmann aber nicht gut zu sprechen. Was da herauskomme, helfe der CDU Stuttgart nicht gerade, grollt er manchmal.

Zunächst gibt es vordringlichere Termine. Ende Oktober will man die Kandidaten für die Regional- und die Gemeinderatswahl nominieren, Ende November den Kreisvorstand neu wählen. Ende Mai 2019 muss sich zeigen, ob die CDU, die bisher 17 von 60 Gemeinderatssitzen hat, das Wahlziel von 20 Mandaten erreicht. Angesichts der AfD-Konkurrenz und Spekulationen über eigene Listen der Taxifahrer und des Vereines Aufbruch Stuttgart scheint das nicht einfach zu werden – obwohl die CDU, wie Kaufmann sagt, im Rathaus gestaltende Kraft sei und Kotz immer wieder überraschende Dinge hinkriege. Das ist ein Lob, das in der schwierigen Gemengelage der CDU auch ein wenig wie eine Vorahnung von Unannehmlichkeiten klingt. Nach dem Motto: Wer weiß, was Kotz noch im Sinne hat!