Freie Fahrt für die Schnellbuslinie X1 auf einer Sonderspur. Foto: dpa

Stadtauswärts scheint eine eigene Busspur am Neckartor vom Tisch. Nun werden weitere Einschränkungen für den Autoverkehr stadteinwärts diskutiert, die den Expressbus X1 attraktiver werden lassen könnte. Die Stadt Stuttgart aber lehnt den Vorschlag ab.

Stuttgart - Lange galt eine eigene Spur für den neuen Schnellbus am Stuttgarter Neckartor in Fahrtrichtung Bad Cannstatt in der grün-schwarzen Koalition als wirksames Mittel – in doppelter Hinsicht. Zum einen, um die Schadstoffbelastung reduzieren und damit im Zusammenspiel mit weiteren Maßnahmen die drohenden Fahrverbote für Dieselfahrzeuge der Abgasnorm 5 möglicherweise verhindern zu können. Und zum anderen, um den Vergleich zwischen dem Land und den Neckartor-Anwohnern erfüllen zu können, wonach das Verkehrsaufkommen an Tagen mit hoher Luftverschmutzung um 20 Prozent reduziert werden muss. Deshalb steht die Maßnahme bislang auch im Entwurf des neuen Luftreinhalteplans.

Wie unsere Zeitung am Freitag exklusiv berichtete, ergab eine Überprüfung der Auswirkungen einer Busspur stadtauswärts durch das Land jetzt aber, dass damit die Stickoxidwerte in der Luft so gut wie nicht gemindert werden können.

CDU-Landtagsfraktion ist überrascht

Die neue Wendung hat den verkehrspolitischen Sprecher der CDU-Fraktion im baden-württembergischen Landtag, Thomas Dörflinger, überrascht. „Wir sind äußerst verwundert darüber, dass durch die vom Verkehrsministerium vorgeschlagene zusätzliche Busspur nun offenbar doch keine deutliche Verbesserung der Stickoxidwerte erreicht werden kann“, sagte er unserer Zeitung. Das Verkehrsministerium habe der CDU-Fraktion diese Maßnahme als „äußerst wirksamen Baustein im Kampf gegen Fahrverbote“ präsentiert. Nur deshalb habe man diese Busspur, die dem Autoverkehr weggenommen würde, nicht abgelehnt.

Eine Sprecherin des Verkehrsministeriums erklärte, dass das Gutachten über die Auswirkungen der Busspur auf den Verkehr und die Luftqualität derzeit noch nicht in der Endfassung vorliege. Laut ihr soll es im Lauf des Novembers fertiggestellt werden. Erst dann werde man entscheiden, wie es mit der Busspur weitergehen werde. Die bisherigen „Teilergebnisse“ seien nicht aussagekräftig, behauptete sie. Regierungsintern hatten der Stuttgarter Regierungspräsident Wolfgang Reimer und der Amtschef des Verkehrsministeriums, Uwe Lahl (beide Grüne), nach Informationen unserer Zeitung allerdings schon deutlich gemacht, dass eine eigene Busspur am Neckartor in Fahrtrichtung Bad Cannstatt so gut wie keine Minderung der Stickoxidwerte bewirke und deshalb keine Chance habe, realisiert zu werden.

Hilft Verlängerung der bereits eingerichteten Sonderspur?

Für die neue Schnellbuslinie X 1, die im Fünf-Minuten-Takt zwischen dem Wilhelmsplatz in Bad Cannstatt und der Innenstadt verkehrt, wurde auf der B 14 stadteinwärts zwischen der Villastraße und der Kreuzung Heilmannstraße bereits eine Sonderspur eingerichtet. Sie ist eine Wechselspur, kann also abwechselnd in beide Fahrtrichtungen befahren werden. Weil der Bus bislang noch nicht gut angenommen wird, kündigte SSB-Technikvorstand Wolfgang Arnold an, die Ampelschaltungen rund um den Wilhelmsplatz nachzujustieren.

Der Verkehrsexperte der Landtags-Grünen, Hermino Katzenstein, schlug unterdessen vor, die bereits eingerichtete Sonderspur stadteinwärts zu verlängern, um den Expressbus für Fahrgäste attraktiver zu machen. Derzeit müsse sich dieser die Fahrspur weite Teile mit anderen Fahrzeugen teilen. Dadurch stecke er oft im Stau, sagte Katzenstein. Es brauche längere Abschnitte, auf denen nur der Expressbus fahren dürfe.

Darüber hinaus regte Katzenstein an, den Fahrplan zu flexibilisieren. „Die Expressbusse sollten sich nicht starr nach fixen Abfahrtzeiten richten, sondern ihre Fahrzeiten in einem Korridor um die geplante Abfahrtszeit herum anpassen. So würde verhindert, dass zwei Busse direkt hintereinanderher fahren“, sagte der Landtagsabgeordnete aus dem Wahlkreis Sinsheim.

Stadt Stuttgart steht Katzenstein-Vorschlag skeptisch gegenüber

Wie eine Sprecherin der Stadt Stuttgart unserer Zeitung mitteilte, hält das Tiefbauamt eine Verlängerung der Sonderspur für die Strecke zwischen der Kreuzung am Neckartor und dem sogenannten Wulle-Steg an der Willy-Brandt-Straße nicht für nötig. Die Ampeln seien dort so geschaltet, dass der Bus gemeinsam mit dem anderen Verkehr bei grüner Welle fahren könne. Eine eigene Busspur stadtauswärts und die damit verbundene Reduktion von drei auf zwei Fahrstreifen für die anderen Verkehrsteilnehmer hatte die Stadtverwaltung in ihrer Stellungnahme zum Entwurf des Luftreinhalteplans bereits abgelehnt. Sie befürchtet ein Stau-Chaos und „erhebliche negative Auswirkungen“ auf diverse Innenstadtbuslinien.

Der verkehrspolitische Sprecher der FDP im Landtag, Jochen Haußmann, kritisierte unterdessen Oberbürgermeister Fritz Kuhn und Verkehrsminister Winfried Hermann (beide Grüne). Offenbar gehe es nur darum, „irgendwie eine Reduktion des Autoverkehrs hinzubekommen“, die der OB im Wahlkampf versprochen und der Verkehrsminister in einem Vergleich angeboten habe. „Es braucht keine Busspur, sondern einen raschen Ausbau der U 1 und bauliche Änderungen am Neckartor, damit der Stop-and-go-Verkehr ein Ende hat“, sagte Haußmann.

Was denken die Fahrgäste über den Schnellbus? Wir haben die Fahrgäste gefragt