Achim Glück (links) im Sommer mit seinem Ziehvater Matthias Holtmannl Foto: Medienglück

Dem Radio hatte Achim Glück, einst Star des Privatsenders Antenne 1, abgeschworen. „Bevor ich sterbe“, sagte er vor wenigen Wochen, wolle er nur noch eine Sendung mit seinem Ziehvater Matthias Holtmann machen. Dies war ihm nicht mehr vergönnt. Im Alter von 55 Jahren ist Glück gestorben.

Stuttgart - . „Behinderte machen die besten Behindertenwitze“, sagte Achim Glück gern. Mit derben Späßen wehrten er und sein 68-jähriger Ziehvater Matthias Holtmann Mitleid ab. Der Ältere hat Parkinson, der um 13 Jahren Jüngere war schwer lungenkrank. Ein weiteres Schicksal hat sie verbunden: Als Radioverrückte wollten beide zuammen noch eine letzte Radiosendung im Internet machen. Während Achim Glück den Kollegen „Matze“ als Legende verehrte, sah er sich selbst als „Legendchen“. Im Sommer, als er über seine Pläne sprach, sagte er mit ruhiger Stimme, als gehe es um den Speiseplan der Kantine oder um den Einkaufszettel, etwas Trauriges: „Diese eine Sendung will ich mit Matze machen, bevor ich sterbe.“

Am Donnerstag haben der fraktionslose Landtagsabgeordnete Heinrich Fiechtner (ehemals AfD) und dessen Lebensgefährtin, die seit Jahren mit dem Moderator befreundet war, Achim Glück gegen 13 Uhr tot in seiner Wohnung gefunden.

Ohne Sauerstoffrucksack konnte er nicht aus dem Haus

Der auf der Schwäbischen Alb geborene Glück litt an einer schweren Lungenkrankheit. Ohne Sauerstoffrucksack konnte er nicht mehr aus dem Haus. „Diese Krankheit führt vorzeitig zum Tod“, sagte der Chef seiner eigenen Medienagentur im Sommer, „man weiß nicht, wann, und es ist auch gut, es nicht zu wissen.“ Der Unternehmer Uwe Sandner, einer seiner Freunde, hat bei Facebook gepostet: „Achim lag im Bett und war tot - das verstärkt meine Hoffnung, dass er eingeschlafen ist und friedlich in den Himmel der besten Radiomoderatoren eingezogen ist. Er wird dort bereits begonnen haben, alle mit seinem Können und Humor zu begeistern.“

Unter dem Titel „Legende trifft Legenchen“ hatte Glück zuletzt im Rolls-Royce eines Freundes mit Matthias Holtmann ein schräges, zuweilen philosophisches, vor allem aber lustiges Gespräch geführt und ins Netz gestellt. Es ist absolut sehenswert. Glück umklammerte eine kleine Handkamera, als wäre sie das Zepter eines Königs. Zwischendurch hörte man das Zischen seines Sauerstofftanks. Das war großes Kino. Zwei Behinderte machten sich über sich selbst lustig, trotzten den Widrigkeiten ihrer Erkrankung, weil sie ein gutes Mittel kannten: Blödsinn und Witz lassen ein Schicksal besser ertragen.

Der Sohn einer Nachbarin hatte Angst vorm „Schlauchmann“

Wenn Achim Glück auf der Straße unterwegs war, erzählte er, fanden Kinder ihn komisch, und Hunde fingen an zu bellen. Eine Nachbarin hatte dem kleingewachsenen Medienmann, der eine Nasensonde tragen musste, mal erzählt, dass ihr Sohn Angst vor dem „Schlauchmann“ habe. Jetzt kommt der „Schlauchmann“ nicht mehr.

Ein bisschen erinneren Glück und Holtmann in ihrem Internetfilm an Waldorf und Statler aus der „Muppet-Show“. Zwei Alte geben ihren Senf zu allem. In den letzten Jahren hatten sie vom Schicksal ein paar Schläge zu viel abbekommen. Verbittert waren sie deshalb nicht, zeigten es zumindest nicht vorm Rotlicht der Kamera. Die „Legende“ und das „Legendchen“, vom Leben gezeichnet, sitzen in dem Film im Luxusschlitten wie in einem Roadmovie. Da wusste noch keiner, wohin die Reise geht.

Wollten sie ans Meer fahren, dorthin, wo die Sonne untergeht? Oder steuerten sie gar einen der heutigen Radiomoderatoren an, einen, der sie nervt und dem sie deshalb eine Ohrfeige verpassen wollten und gut ist?

1986 hatte Glück als Ferienjobber beim SWR angefangen

Matthias Holtmann erzählte, wie er seinen roten Flitzer auf den Behindertenparkplatz an der Markthalle gestellt hat. Kaum steigt er aus, kommt ein Passant und schimpft. „Sind Sie behindert?“, fragt er. „Ja“, antwortet Holtmann. „Was für eine Behinderung haben Sie?“, lautet die nächste Frage. „Ich bin querschnittsgelähmt“, sagt der Radiomann. „Aber Sie laufen doch“, protestiert der andere. Darauf Holtmann: „Oh, ein Wunder!“

Seit vielen Jahren kannten sich die beiden. 1986 hatte Glück als Ferienjobber im Funkhaus die Hauspost verteilt und Holtmann mit Demokassetten von sich genervt. Schließlich wurde der Jüngere Assistent des Älteren, produzierte dessen Jingles und durfte auch mal bei ihm bei SDR 3 moderieren. 1990 wechselte Glück zu Stadtradio und Antenne 1 und trat zeitgleich gegen seinen Meister an.

Große Anteilnahme im Netz nach Glücks Tod

Der Tod vom Achim Glück hat in den sozialen Netzwerken für große Anteilnahme gesorgt. „Du hast mich so sehr und so oft zum Lachen gebracht, du wirst uns fehlen, lieber Achim“, hat einer seiner Fans gepostet. Der Journalist Boris Mönnich schrieb: „Viele Menschen haben nicht verstanden, was Du gemacht hast. Und ich muss gestehen, anfangs ging es mir auch so. Doch dann hab ich erkannt, was für ein toller Mensch hinter der Kunstfigur Achim Glück stand. Ich werde Deinen krassen Humor vermissen. Legenden sterben nie, the Show must go on!“