Der AfD-Bundestagsabgeordnete Lothar Maier will bei einer „politisch-korrekten Wohlfühlinitiative“ nicht dabei sein. Foto: Martin Stollberg

Die neue Bewegung in Stuttgart für die Menschenrechte hat schon viele Mitwirkende. Der AfD ist sie suspekt. Die CDU ist momentan auch nicht dabei. Im Kreis der Unterstützer will aber eine andere Kreispartei dabei sein.

Stuttgart - Die Grünen, die SPD und sowie die Fraktionsgemeinschaft SÖS/Linke-plus im Gemeinderat haben wie viele andere Institutionen bereits ihre Mitwirkung erklärt. Die CDU will erst noch darüber beraten. Die AfD geht deutlich auf Distanz. Die Rede ist von der Stuttgarter Menschenrechtsbewegung, die von der Stiftung Geißstraße und den AnStiftern angestoßen wurde und auch die Bedeutung der 70 Jahre alten UN-Charta über die Menschenrechte in Erinnerung ruft. Die Hetzjagd rechtsgesonnener Menschen in Chemnitz auf für fremd und ausländisch gehaltene Mitmenschen verschafft der Initiative weitere Bedeutung.

Der CDU-Kreisvorsitzende Stefan Kaufmann und der CDU-Rathausfraktionschef Alexander Kotz gaben am Donnerstag keinen Fingerzeig, ob sie für eine Mitwirkung der CDU aufgeschlossen sind. Man werde nach den Ferien in der nächsten Kreisvorstandssitzung sowie auf einer der ersten Fraktionssitzungen beraten. Ebenso wollen es die Freien Wähler im Gemeinderat halten.

AfD lehnt die Initiative ab

Die Stuttgarter Kreissprecher der AfD, Wolfgang Röll und Michael Milsch, gingen auf Distanz. An der Initiative seien Organisationen wie die Anstifter beteiligt, die wiederum von der vom Verfassungsschutz beobachteten Antifa unterstützt würden. „Daher müssen wir leider davon ausgehen, dass hier wieder einmal ,Menschenrechte auf grenzenlose Einwanderung nach Deutschland‘ gefordert werden.“ Das lehne man ab. Die AfD stehe auf dem Boden des Grundgesetzes, fordere die Einhaltung der Gesetze und der Kreisverband wende sich gegen jede Form der Gewalt. Das müsse man auch nicht besonders hervorheben. Die Ereignisse in Chemnitz, wo ein junger Mann heimtückisch und bestialisch ermordet worden sei, mache die AfD betroffen und traurig. Den Bürgern dürfe aber auch nicht das Recht auf Demonstrationsfreiheit abgesprochen werden. Dem Stuttgarter AfD-Bundestagsabgeordnete Lothar Maier war die Initative bisher „nicht bekannt“. Sollte es „wieder eine politisch-korrekte Wohlfühlinitiative sein nach dem Motto ,seid nett zueinander‘“, sei er nicht dabei.

Sehen Sie im Video AfD Fraktionsvorsitzenden Bernd Gögel zu den Ereignissen in Chemnitz und dem Verhältnis der AfD zum Rechtsextremismus:

Das Bündnis Zukunft Stuttgart 23 im Gemeinderat, das aus den früheren AfD-Stadträten Bernd Klingler und Heinrich Fiechtner besteht, glaubt nicht, dass man sich „aktuell am Bündnis 0711 beteiligen muss“. Im druckfrischen Programm habe man verankert, dass BZS 23 für die Grundrechte aller Menschen eintrete. Die vom früheren OB Rommel begründete liberale Tradition in Stuttgart sei für BZS 23 „täglicher Motivator für eine friedliche Stadtgesellschaft“. Dass ein Mensch in Chemnitz „in unserem Land mit 25 Messerstichen abgeschlachtet wird, ist genauso unerträglich, wie dass ausländisch anmutende Menschen pauschal verurteilt werden“, sagte Klingler.

FDP will auch zu den Unterstützern stoßen

Trotz dieser Absagen wird die Initiative noch mehr Rückhalt bekommen. „Wir sind zur Teilnahme zwar noch nicht angefragt worden, aber selbstverständlich werden wir diese Initiative unterstützen“, ließ der FDP-Kreisvorsitzende Armin Serwani wissen: „Menschenrechte sind wichtige Garanten für eine offene und liberale Gesellschaft.“

Stuttgarts OB Fritz Kuhn (Grüne) sagte: „Wir als Stadt und ich als Oberbürgermeister unterstützen die Initiative, deren Engagement ich sehr gut finde. Menschenrechte sind ein universelles Gut, das nicht verhandelbar ist. Dies ruft die Initiative mit ihren Aktionswochen eindrucksvoll in Erinnerung.“ Zum Abschluss will Kuhn am 10. Dezember im Stadtpalais reden.

SPD knüpft an ihre Tradition an

Die Grünen im Rathaus habe schon viele Wochen vor den Ereignissen in Chemnitz gern das Mitmachen in der Initiative beschlossen, sagte Fraktionschef Andreas Winter. Von der „Resterampe“ der früheren AfD-Ratsfraktion bekomme man immer wieder vor Augen geführt, wie wichtig es sei, deutliche Worte gegen Hass, Ausgrenzung und Diskriminierung zu finden, sagt Winter, der auch auf „verbale Entgleisungen bis zur geistigen Brandstiftung“ durch die AfD im Bund verweist. Der Kreisverband der Grünen will in der Initiative ebenfalls mitmachen.

Der SPD-Kreisvorsitzende Dejan Perc beurteilt die Beteiligung an der Initiative als „Selbstverständlichkeit“ – auch mit Hinweis auf die SPD-Tradition: Persönlichkeiten wie Otto Wels hätten im Deutschen Reichstag einst gegen die Abschaffung von Freiheit und Demokratie gestimmt. Nun müsse man konstatieren, dass vor 70 Jahren durch die UN beschlossene fundamentale Rechte „teilweise in Frage gestellt“ seien.

SÖS/Linke-plus halten die Initiative für notwendig, weil grundlegende Menschenrechte heute „vor allem durch Rechtspopulisten und Neonazis in Frage gestellt werden“, sagten Hannes Rockenbauch und Thomas Adler. Teile der Gesellschaft seien leider empfänglich für Hetze und blinden Aktionismus.