Etwa 300 Bürger verfolgten die Diskussion über die Zukunft der Kulturmeile. Das diskutierte Konzept sehen Sie in der Bilderstrecke. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Alle wollen einen Wettbewerb für die B 14. Die Rahmenbedingungen sind strittig. Das hat sich zum Auftakt der Diskussion um die Umgestaltung der Kulturmeile im Stadtmuseum gezeigt.

Stuttgart - Wie steht es um die Weiterentwicklung der Kulturmeile entlang der Konrad-Adenauer-Straße und der B 14 insgesamt? Dieses stadtentwicklungspolitisch bedeutsame Themahat am Dienstagabend rund 300 Zuhörer ins neue Stadtmuseum gelockt. Eines wurde bei der Veranstaltung rasch deutlich: Beim Ziel, die trennende Wirkung der Verkehrsschneise aufzuheben, sind sich alle einig. Über den Weg dahin dürfte dagegen noch eine ganze Weile gestritten werden.

OB Fritz Kuhn (Grüne), der den Abend moderierte, betonte den Willen der Stadt, das Thema nach Jahrzehnten der Diskussion nun anzugehen: „Ich will, dass das jetzt realisiert wird. Das ist nichts für die Schublade.“ Kuhn skizzierte drei Varianten: den Bau eines Tunnels unter der Konrad-Adenauer-Straße, die oberirdische Gestaltung als Cityboulevard oder den Bau von Fußgänger- und Fahrradstegen zur Überwindung der Straße.

Architekten wundern sich über Sobeks Vorschlag

Letzteres stieß weder beim Publikum im Saal noch bei den am Tisch versammelten Sprechern verschiedener Verbände und Initiativen auf Gegenliebe. Anknüpfend an den aktuellen Vorschlag des Landes für einen Steg zwischen Landesbibliothek und Landtagsgarage, der auf einer Idee des Stuttgarter Architekten und Bauingenieurs Werner Sobek basiert, zeigten sich Vertreter der Architektenkammer und des Bundes Deutscher Architekten erstaunt. „Haben wir nicht erst vor wenigen Jahren mit maßgeblicher Unterstützung von Herrn Sobek einen Steg an fast gleicher Stelle abgerissen?“, fragte Thomas Herrmann von der Architektenkammer und erntete dafür im Publikum viel Applaus. Es müsse um ebenerdige Querungen gehen, forderten die Kollegen Sobeks unisono. OB Kuhn wollte den Vorstoß des Landes nicht gleich vom Tisch wischen: Zwar seien ihm ebenerdige Überwege lieber, aber „wir sollten andere Vorschläge nicht gleich weglassen“. Stadt und Land müssten das Projekt gemeinsam angehen, zumal die Landesregierung auch eine finanzielle Beteiligung angeboten habe.

Baubürgermeister Peter Pätzold hatte zuvor die einzelnen Phasen des städtebaulichen Wettbewerbs erläutert, den die Stadt 2018 für den Bereich zwischen dem Österreichischen Platz und dem Gebhard-Müller-Platz ausloben will: In der ersten Phase soll es einen Ideenwettbewerb geben, dem sich eine Bürgerbeteiligung und dann ein Realisierungswettbewerb anschließt. Mit Blick darauf empfahl der Architekt Arno Lederer, das Preisgericht dafür möglichst hochkarätig und mit externen Fachleuten zu besetzen. Ähnlich wie in Berlin oder Hamburg solle es eine Runde von Fachpreisrichtern geben, der Stadtplaner und Architekten angehörten, und ein Gremium von Sachpreisrichtern, in dem auch die Verwaltungsspitze mit Ober- und Baubürgermeister vertreten sein könnten, sagte das Gründungsmitglied des Vereins Aufbruch Stuttgart. Zudem solle vorab ein Kongress organisiert werden „mit Leuten, die bereits analog gebaut haben“.

Aufbruch-Chef Backes fordert Mut zum großen Wurf

Wieland Backes, Vorsitzender der Aufbruch-Initiative, bemängelte, es fehle der Stadt bisher an einer Idee: „Welche Stadt wollen wir in Zukunft sein?“ Er sprach sich dafür aus, unabhängig vom Fertigstellungstermin des Tiefbahnhofs mit der Umgestaltung schon einmal am anderen Ende der Straße zu beginnen. „Ohne Mut zum großen Wurf geht es nicht“, so der TV-Moderator. Vorab solle ein Verkehrsgutachten klären, ob eine Tunnellösung oder eine oberirdische Boulevard-Variante den Ansprüchen eher gerecht werde. Dem pflichtete Petra Zeese von der Deutschen Akademie für Städtebau und Landesplanung (DASL) bei: „Vor einem Ideenwettbewerb muss die künftige Verkehrsbelastung politisch festgeklopft werden.“ Uwe Stuckenbrock vom Verschönerungsverein – und vormals im Stadtplanungsamt tätig – empfahl einen engen Schulterschluss mit dem Land in Sachen Umgestaltung der B 14. Auch er riet dazu, versuchsweise einen oberirdischen Verkehrsüberweg einzurichten.

Vertreter der Ratsfraktionen von CDU, Grünen und SPD äußerten sich überwiegend positiv zum geplanten Wettbewerb und zur Reduzierung des Autoverkehrs um mindestens 20 Prozent als Voraussetzung für die Gestaltung des Wettbewerbs. Dagegen warnte Rose von Stein (Freie Wähler) davor, die Autos aus der Stadt zu drängen. FDP-Stadtrat Michael Conz nannte 20 Prozent weniger Verkehr in der City Wunschdenken: „Ich treffe viele Leute, die an ihren Komfort denken und deswegen Auto fahren.“