Sara Gran zweifelt am normalen, ordentlichen Krimi. Foto: Eliza Gran

Die Amerikanerin Sara Gran wird bei den Stuttgarter Kriminächten ihre gebrochene Heldin Claire DeWitt vorstellen. Die ist halb Antiheldin, halb Karikatur.

Stuttgart - Spricht man den Namen Claire DeWitt flott aus, klingt er ein wenig wie Vogelzwitschern. Schon deshalb bekommt die Ankündigung auf den Covern der Krimis der amerikanischen Autorin Sara Gran etwas Heimeliges, Possierliches. „Claire DeWitt ermittelt“ steht da, und gleich denkt man an jene Sorte Mordaufklärungsschmöker, in denen sich patente Profi- oder Hobbyschnüfflerinnen von nichts aus der Ruhe bringen lassen, mit Spürsinn und Gerechtigkeitsbestreben noch den gewundensten Spuren folgen, nach ein paar hundert Seiten den eindeutig entlarvten Missetäter stellen und bis dahin immer noch Zeit finden, ihr knuffiges Privatleben ein, zwei nette Windungen weiterzudrehen. Mit anderen Worten: Hier liegt klarer Etikettenschwindel vor.

Denn kosig, nett und aufgeräumt ist in den Claire DeWitt-Krimis gar nichts. Sara Gran, die ihren dritten DeWitt-Roman „Das Ende der Lügen“(Heyne) am 26. März im Rahmen der Stuttgarter Kriminächte in den Räumen der Prüfungs- und Beratungsfirma Ebner Stolz vorstellt (die Veranstaltung ist bereits ausverkauft), schickt da eine ziemlich angeschlagene Person ins meist ziemlich Ungewisse.

Spuk und Kometenbrocken

Gewiss, DeWitt nennt sich selbst die größte Detektivin der Welt. Aber das ist kein Zeichen ihrer festen Verankerung ziemlich weit oben in einer hierarchisch organisierten Gesellschaft. Es ist vielmehr ein Hinweis darauf, dass Claire Dewitt so etwas wie ein Gespenstist, ein literarischer Spuk, den Gran auf Fetzen der Wirklichkeit und Kometenbrocken anderer Fantasiewelten treffen lässt.

„Größter Detektiv“, solche Kinderfaschingsorden werden normalerweise den Hirngespinsten der an Wirklichkeit kaum interessierten Märchen der alten britischen Knobelkrimischule angehängt, dem Superhirn Hercule Poirot von Agatha Christie etwa. In diesen Krimis ist der Mordfall eine Rätselgleichung mit Unbekannten, die sich exakt auflösen und auf den Punkt bringen lässt.

Ziemlich unzuverlässig

Claire DeWitt lebt in einer Welt, in der reale kriminelle und gesellschaftliche Kräfte für genug Unklarheit sorgen, in der aber zusätzlich esoterische Elemente umherschwirren. Lange bleibt unklar, ob es hier tatsächlich unheimliche äußere Kräfte gibt, oder ob DeWitt eine unzuverlässige Erzählerin ist, ob aus dieser Frau manchmal Drogenerfahrungen, wilde Flashbacks und hirnvernarbende Traumata sprechen.

Sara Gran erzählt durchaus Abenteuer, und es gibt einen roten Faden, der es empfehlenswert macht, die DeWitt-Bücher chronologisch zu lesen, also mit „Die Stadt der Toten“(Knaur) zu beginnen. Aber Gran stellt auch dauernd die Frage, welchen Sinn Krimis eigentlich haben, warum uns Mordermittlungen so faszinieren, und ob wir uns da falschen Trost holen. In ihren skurrilen Romanen, in denen Claire DeWitt sich zwanghaft besessen von einer Detektivcomicreihe aus Jugendtagen zeigt, stecken herbe Antworten.

Termin: 26. März 2019, 19.30 Uhr, in den Räumen der Prüfungs- und Beratungsfirma Ebner Stolz. Die Veranstaltung ist ausverkauft.