Ex-Klinikumschef Ralf-Michael Schmitz soll deutlich höhere Pensionsbezüge erhalten als bisher bekannt. Foto: Michael Steinert

Die SPD und die FDP im Rathaus fühlen sich hinters Licht geführt, weil der im Zuge der Klinikumsaffäre abgefundene Ex-Klinikumschef offenbar sehr viel mehr Geld bekommt als bislang bekannt. SPD-Fraktionschef Körner nimmt die Bürgermeister Wölfle (Grüne) und Föll (CDU) ins Visier.

Stuttgart - Haben der frühere Krankenhausbürgermeister Werner Wölfle (Grüne) und sein Amtsnachfolger Michael Föll (CDU) den Rat in Bezug auf die Pensionsansprüche für den ehemaligen Klinikumsgeschäftsführer Ralf-Michael Schmitz getäuscht? Diesen Vorwurf erhebt der SPD-Fraktionschef im Gemeinderat, Martin Körner, und fordert erneut den Rücktritt des heutigen Sozialbürgermeisters Wölfle. Er stützt sich dabei auf Recherchen des SWR. Demnach soll Schmitz, dessen Vertrag im Zuge des Skandals um die Auslandsabteilung des Klinikums im März 2016 einvernehmlich aufgelöst worden war, deutlich mehr an Pension erhalten als von der Verwaltungsspitze bisher eingeräumt. Unter Berufung auf Experten berichtet der Sender von bis zu zwei Millionen Euro. Das würde den Schluss zulassen, dass es im Aufhebungsvertrag auch einen geänderten Passus über die Pensionszahlungen an Schmitz gibt, in dem die Dauer der Zahlungen sowie deren Höhe darin neu geregelt wurde.

Nach dieser Darstellung sah die ursprüngliche Regelung eine Koppelung an geleistete Dienstjahre und Abschläge bei einer vorzeitigen Pensionierung vor. Demnach hätte Schmitz ab dem 65. Lebensjahr eine reguläre Pension in Höhe von 100 000 Euro im Jahr erhalten. Nun aber solle der Ex-Geschäftsführer auch über das 65. Lebensjahr hinaus ohne zeitliche Begrenzung eine jährliche Zahlung von 160 000 Euro bekommen. Wölfle hatte dem Gemeinderat im März 2016 dargelegt, der damals 55-jährige Schmitz erhalte eine Entschädigung von 100 000 Euro und eine „jährliche Abstandszahlung“ von 160 000 Euro bis zur Vollendung des 60. Lebensjahrs – also 900 000 Euro. Gegen Schmitz ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen Beihilfe zur Untreue.

SPD und FDP fordern Sonderprüfung des Aufhebungsvertrags mit Schmitz

Die Gemeinderatsfraktionen von SPD und FDP fordern von der Verwaltung Aufklärung über die tatsächliche Höhe der Summe. Zudem soll der Aufhebungsvertrag mit Schmitz von einem Wirtschaftsprüfer daraufhin geprüft werden, wie hoch die Pensionszahlungen für den ehemaligen Klinikumschef tatsächlich ausfallen.

Krankenhausbürgermeister Michael Föll (CDU) hat am Abend auf die Vorwürfe reagiert. Er erklärte, an der Darstellung sei „vieles haltlos und zentrale Teile schlicht falsch“. Die Stadt habe „stets korrekt“ gehandelt. So habe dem ehemaligen Klinikgeschäftsführer bei Abschluss des Auflösungsvertrags im Jahr 2016 bereits „seit seiner einstimmig vom Gemeinderat im Jahr 2008 beschlossenen Vertragsverlängerung bei Pensionseintritt nach Vollendung des 60. Lebensjahres eine Alterspension von 160 000 Euro zugestanden“.  Eine Übereinstimmung zwischen dem Medienbericht und der Darstellung der Stadt gibt es bei der Berechnung der 900 000 Euro als Abfindung für die Jahre bis zum avisierten Renteneintrittsalter von Schmitz 2021. Zur Erinnerung: Ralf-Michael Schmitz war lange der bestbezahlte Manager in städtischen Diensten und hatte ein Jahresgehalt von mehr als 400 000 Euro.

Föll verteidigte in seiner Erklärung auch die damalige Entscheidung für einen Aufhebungsvertrag und den Verzicht auf eine Kündigung. „Mit diesen Regelungen ergeben sich für die Stadt deutlich niedrigere Aufwendungen wie im Falle einer erfolglosen fristlosen Kündigung“, so der Bürgermeister. „Die Entscheidung für diesen Aufhebungsvertrag wurde nach sorgfältiger Abwägung der rechtlichen und sonstigen Risiken im Interesse der Stadt Stuttgart abgeschlossen.“ Bei den bisherigen Arbeitsgerichtsprozessen nach einigen fristlosen Kündigungen wegen der Vorgänge in der Auslandsabteilung hat die Stadt jedenfalls durchweg Schiffbruch erlitten.

Breite Kritik gibt es im Rat daran, dass das Gremium zwar über den Aufhebungsvertrag mit Schmitz zu entscheiden hatte, dafür aber nicht über ausreichend Informationen verfügt habe. So hatte die Verwaltungsspitze dem Rat keine vollständige Einsicht in einen Bericht des Rechnungsprüfungsamts gewährt mit der Begründung, man sei von der Staatsanwaltschaft gebeten worden, diesen „nicht an Dritte“ weiterzugeben. In dem Bericht sei davon die Rede, dass die Stadt Schadenersatzansprüche gegen den früheren Klinikgeschäftsführer prüfen solle, sagt Martin Körner. „Diese Information hat man uns vorenthalten“, erklärt der SPD-Fraktionsvorsitzende. Das in der Sache entscheidende Organ könne „kein Dritter sein“. Auch Alexander Kotz will nicht völlig ausschließen, dass man vielleicht zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre, also zur Kündigung des früheren Geschäftsführers tendiert hätte. „Aber auch wenn wir vielleicht zur gleichen Entscheidung gekommen wären: Dass man uns die Informationen vorenthalten hat, ist zumindest schwierig“, so der CDU-Fraktionschef.