Kapitän Fabian Baumgärtel kann es nicht fassen: Die Kickers vergeben in Bremen den ersten Matchball. Foto: Baumann

Fußball-Drittligist Stuttgarter Kickers war sich seiner Sache offenbar zu sicher. Nach dem 0:1 bei Werder Bremen wird der Klassenverbleib zur Zitterpartie. Gegen den Chemnitzer FC muss ein Punkt her.

Bremen/Stuttgart - Tomislav Stipic nutzte jede sich bietende Chance, um seine geknickten Spieler auf das Saisonfinale einzuschwören. Noch auf dem Platz in Bremen, später bei der Heimreise auf dem Rastplatz und am Sonntagmorgen beim Auslaufen versuchte der Kickers-Coach die frustrierte Truppe wieder aufzurichten. „Wir müssen jetzt die Köpfe freibekommen, gut regenerieren und gegen Chemnitz alles raushauen“, lautete Stipics Kernbotschaft nach dem 0:1 (0:0). Mittelfeldspieler Klaus Gjasula ist sicher, dass das gelingen wird: „Bremen war ein Warnschuss, gegen Chemnitz werden wir wieder andere Kickers sehen. Wir werden den zweiten Matchball verwandeln.“

Druck in Bremen? Der wird gegen Chemnitz viel größer sein

Wenn es denn nur so einfach wäre. In Bremen habe der Druck die Mannschaft gelähmt, so Stipic. Wenn dies schon mit dem komfortablen Sechs-Punkte-Polster im Rücken der Fall war, wie soll das im brisanten Saisonfinale besser werden? Die Antwort kann nur lauten: mit einer anderen Einstellung. Auf Platz 11 des Weserstadions, der den Charme einer Schulsportanlage versprüht, fehlte vor den 573 Zuschauern die richtige Mentalität und der Teamspirit, der die Kickers bei ihrer Aufholjagd aus dem Keller auszeichnete. Für Hendrik Starostzik ein Kopfproblem. Der Abwehrspieler räumt ganz offen ein: „Wir waren uns wohl zu sicher, dass wir durch sind. Manche haben schon Glückwünsche angenommen.“

Ganz nach dem Motto: Es wird schon irgendwie reichen zum Klassenverbleib. Zur Not müssen eben die Konkurrenten patzen. Das taten sie aber nicht. Und es ist unwahrscheinlich, dass sie am letzten Spieltag nicht dreifach punkten werden. Energie Cottbus (gegen Mainz 05 II), Werder II (beim VfR Aalen) und der SV Wehen Wiesbaden (gegen den VfB Stuttgart II) stehen vor dankbaren Aufgaben. „Wir haben die Riesenchance nicht genutzt. Es wäre viel einfacher gewesen, den fehlenden Punkt in Bremen einzufahren als jetzt am letzten Spieltag gegen Chemnitz“, sagt Präsident Rainer Lorz. Als „fürchterlich“ bezeichnet er die drohende Nervenschlacht zum Saisonfinale.

Erinnerungen an die Abstiegs-Endspiele in Elversberg und Darmstadt

Vom Kickers-Chef ist bekannt, dass er während der 90 Minuten körperlich mitleidet. Die „Endspiele“ am letzten Spieltag der jüngeren Vereinsgeschichte hat auch er noch in guter Erinnerung. Aber gewiss nicht deshalb, weil er den Adrenalin-Kick braucht, sondern weil sie ein gutes Ende nahmen: 2008 reichte es unter Trainer Stefan Minkwitz durch ein 2:0 in Elversberg auf den letzten Drücker zur Drittliga-Qualifikation, 2013 zitterte sich das damalige Team von Coach Massimo Morales zu einem 1:1 bei Darmstadt 98 zum Klassenverbleib.

Und diesmal? Klar ist: für Chemnitz geht es nur noch um die goldene Ananas, doch das Team von Trainer Sven Köhler ist top in Schuss, hat von den vergangenen acht Spielen sieben gewonnen und kletterte auf Platz sieben. Bei den Kickers wird Sandrino Braun fehlen, der Mittelfeldspieler kassierte in Bremen wegen Meckerns seine zehnte Gelbe Karte. Trainer Stipic überlegt, von Beginn an Petar Sliskovic zu bringen und mit zwei Stürmern zu beginnen. Auf ein Unentschieden zu spielen, ergibt ohnehin wenig Sinn. „Jetzt zählen keine Ausreden mehr“, sagt Gjasula. Was Mut macht? In dieser turbulenten Saison haben die Kickers immer wieder auch Rückschläge weggesteckt. Ob die alles entscheidende Reaktion folgen wird, zeigt sich am Samstag. Spätestens gegen 15.35 Uhr.