Bei den Blauen drohen die Regionalliga-Lichter auszugehen: Unter Trainer Jürgen Seeberger setzt es die vierte Pflichtspiel-Niederlage. Foto: Baumann

An die theoretische Chance, dem Abstieg doch noch zu entgehen, glaubt beim einst so ruhmreichen Fußball-Regionalligisten Stuttgarter Kickers ernsthaft keiner mehr. Mit Blick auf den Neuaufbau gibt es viele Baustellen.

Stuttgart - Spiel
Noch nie hat sich eine Kickers-Elf so wenig gegen einen drohenden Abstieg gewehrt. Auch beim 0:3 beim FSV Mainz 05 II versagten die Spieler als Kollektiv. Präsident Rainer Lorz führte die „nervliche Belastung“ als Grund an, der Sportliche Leiter Martin Braun „die fehlende körperliche Robustheit und Stabilität“. An ein Wunder glaubt ernsthaft keiner mehr. Auch nicht der Trainer: „Das ist natürlich extrem bitter, wenn man das erste Mal in die Fünftklassigkeit muss. Das ist brutal für den ganzen Verein“, sagte Jürgen Seeberger. Ausgangslage Es müsste sehr viel zusammenkommen, daamit die Blauen doch noch drin bleiben. Erste Voraussetzung ist, dass am letzten Spieltag am kommenden Samstag (14 Uhr/Gazistadion) gegen den FSV Frankfurt gewonnen wird und Hessen Kassel daheim gegen das bereits gesicherte Eintracht Stadtallendorf verliert. In diesem Fall wären die Kickers Viertletzter und würden in der Regionalliga bleiben, wenn der 1. FC Saarbrücken (gegen 1860 München) und Waldhof Mannheim (gegen KFC Uerdingen oder Viktoria Köln) ihre Aufstiegsspiele erfolgreich bestreiten. Die Kickers könnten aber auch noch auf den vorletzten Platz abrutschen, dann würden sie – im Fall der Fälle – nicht einmal von einem immer wieder einmal kolportierten, eventuellen Lizenzentzug von TuS Koblenz oder Kassel profitieren. Fans Die meisten der rund 300 mitgereisten, tief frustrierten Kickers-Fans waren einfach nur sprachlos. Einige warfen Bierbecher und riefen „wir sind Kickers und ihr nicht“. Die Lage eskalierte nicht. Dennoch sollte der Verein für das letzte Saisonspiel auf alle Eventualitäten vorbereitet sein. Etat Die Kickers planen in der Oberliga mit einem Etat von knapp einer Million Euro (bisher 1,55 Millionen Euro). „Wir haben gute Signale von unseren Sponsoren und Partnern, dass wir das hinbekommen“, sagt Präsident Rainer Lorz. Kader Der sportliche Leiter Martin Braun möchte acht bis zwölf Spieler aus dem aktuellen Kader halten. Marvin Jager und Mario Suver haben gültige Verträge für die Oberliga. „Wenn etwa Suver doch nicht bleiben sollte, bekommen wir Geld“, stellt Braun klar. Auch mit David Müller befindet er sich in guten Gesprächen. Hinzu kommen sollen bis zu vier Spieler aus dem eigenen Nachwuchs und vier bis sechs externe Neuzugänge. „Wir werden ein Team haben, das in der Lage ist, um den sofortigen Wiederaufstieg mitzuspielen“, prognostiziert Braun. Ob der Abstieg auch eine Chance ist? „Wir hatten in den vergangenen drei Jahren fast durchgehend negative Erlebnisse, vielleicht können positive Ergebnisse neuen Spirit wecken“, erklärte Lorz. Führungsetage Präsidium und Aufsichtsrat sind verantwortlich für die Kette von Fehlentscheidungen, die zur verheerenden Bilanz der vergangenen drei Jahre führten. „Natürlich hinterfragen wir uns alle“, sagt Aufsichtsratschef Christian Dinkelacker. „Jetzt davonzurennen wäre die einfachste Lösung, wir stellen uns aber der Verantwortung“, erklärt Lorz. Rücktritte sind vor der Mitgliederversammlung im November derzeit nicht zu erwarten – und wären wohl auch wenig zielführend: Denn ein seriöser Kandidat, der sich in der aktuellen Situation vor die verfahrene Karre spannen lässt und die Handlungsfähigkeit des Vereins (auch als verlässlicher Partner von Sponsoren) aufrecherhält, ist nicht in Sicht. Trainer „Je früher wir den neuen Trainer haben, umso besser“, sagt Braun. Mehr rückt er nicht heraus. Kein Fehler wäre ein erfahrener Mann, mit Netzwerk in der Region, der Ordnung und Struktur reinbringt und Werte wie Einsatz nicht nur aus der Theorie kennt, sondern in jedem Training vorlebt und durch harte Arbeit einfordert. Stadion Die Kickers wollen auch in der Oberliga im Gazistadion spielen. Allerdings müssen mit der Stadt, von der es positive Signale gibt, noch einige Punkte geklärt werden. Dabei geht es um Miete, Stadiongroschen, Sicherheitsrichtlinien (in der Oberliga gibt es keine Stadionverbote).