Die Beteiligung an dieser Bordellimmobilie, das Drei-Farbenhaus nahe beim Rathaus (hinten), ist dem CDU-Schatzmeister politisch zum Verhängnis geworden. Foto: Michael Steinert

Bei Stuttgarts CDU ist Feuer unter dem Dach. Ihr Schatzmeister Eberhard Graf musste abtreten, weil er an einer Bordellimmobilie beteiligt ist. Aber die Christdemokraten in der Landeshauptstadt haben noch mit anderen Problemen zu tun.

Stuttgart - Die CDU in Stuttgart befindet sich in Turbulenzen. Am Donnerstag hat der Kreisverband mit einer Pressemitteilung den Rücktritt bestätigt, den am Tag zuvor der Schatzmeister Eberhard Graf erklärt hatte – weil er über eine Immobiliengesellschaft am Stuttgarter Drei-Farben-Haus beteiligt ist. Vor allem die Unionsfrauen, allen voran die Bundestagsabgeordnete Karin Maag, hatten Grafs Verquickung von Parteiamt und Miteigentum an einem (Groß-)Bordell nicht mehr tolerieren wollen.

Seit die Stuttgarter Zeitung erstmals über Grafs Beteiligung berichtet hatte, war der Druck gewachsen. Im Vorstand, dem sie als stellvertretende Kreisvorsitzende angehört, hat Maag nach eigener Auskunft „im Beisein von Herrn Graf“ das Thema angeschnitten und eine Erklärung des Schatzmeisters begehrt. Stoßrichtung: entweder Parteiamt oder Bordellmitbesitz. Beides zusammen gehe nicht. Der Schatzmeister, der früher für Banken arbeitete und im Ruhestand als Unternehmensberater tätig sein soll, habe nur gesagt, dass es sich um seine „Privatangelegenheit“ handle.

Bei einer Parteiveranstaltung wird der Rücktritt bekannt

Am Montag sprach Maag mit dem Kreisvorsitzenden Stefan Kaufmann. Sie stellte ihr Amt als Vize zur Disposition für den Fall, dass Graf die Konstellation nicht beende, die mit den Werten der CDU unvereinbar sei. Am Mittwochmittag zog Graf Konsequenzen. Am Mittwochabend informierte Kaufmann darüber am Ende einer öffentlichen Parteiveranstaltung im Stadtbezirk Münster, bei der auch Graf anwesend war. Kaufmann, so berichten Zuhörer, habe dabei beklagt, dass Parteimitglieder die Causa Graf an die Öffentlichkeit gebracht hätten.

In der Pressemitteilung, die rund 16 Stunden nach den Äußerungen in Münster publik gemacht wurde, bedankt sich Kaufmann bei Graf für seinen Schritt, „der weiteren Schaden von der CDU Stuttgart fern hält“. In der Vorstandssitzung am 4. Dezember werde er als kommissarischen Schatzmeister den Möhringer Rechtsanwalt Matthias Scheible vorschlagen. Graf selbst darf sich in der Pressemitteilung unter dem Parteilogo zu seiner Rivalin äußern: „Ich hätte mir gewünscht, dass mich die stellvertretende Kreisvorsitzende Karin Maag nach der ersten Veröffentlichung über diese Beteiligung vor vier Wochen persönlich kontaktiert, um mir ihre Probleme mitzuteilen.“

Der Vorsitzende selbst hat Eberhard Graf geworben

Das ist nur ein Indiz dafür, dass die Schuldzuweisungen und Abrechnungen hinter den Kulissen andauern. Unserer Zeitung sagten Parteimitglieder, Grafs Bordellsache sei manchen Mitgliedern bereits vor seiner Wahl zum Schatzmeister am 10. Dezember 2016 bekannt gewesen. Damals sei der Inhalt einer E-Mail über Grafs Beteiligung „durch die Reihen gegangen.“ Maag und Kaufmann sagten am Donnerstag dazu, sie hätte beim Parteitag nichts gewusst. Kaufmann: „Ich erfuhr davon am Nachmittag nach der Wahl.“ In der Partei gibt es Zweifel an beiden Aussagen. Kaufmann selbst soll Graf für das schwer zu besetzende Schatzmeisteramt ausgesucht haben. Graf kommt auch aus dem Bereich der CDU-Bezirksgruppe Sillenbuch, die Kaufmann früher geführt hatte.

Hätte er nicht wenigstens gleich im neuen Wissen um Grafs Beteiligung reagieren müssen? Dazu sagte Kaufmann am Donnerstag: „Hätte ich gleich einen neuen Parteitag einberufen sollen?“ Man sei damals zur Bewertung gekommen, dass man die Sache „so weiterführt“. Jetzt hat er erkannt, „dass ein Teil der Partei offensichtlich Probleme hat“ mit der Konstellation bei Graf. Auf Nachfrage sagte Kaufmann: „Ich halte es auch für schwierig, will mich aber nicht weiter dazu äußern.“ Im Vorstand gebe es unterschiedliche Auffassungen.

Kasse der CDU ist in desolater Verfassung

Der Schatzmeister ist auch nicht das einzige schwierige Diskussionsthema in der CDU. Am Donnerstag zog die Partei auch Konsequenzen aus der Fehleinschätzung, dass der vor vier Jahren verstorbene Alt-OB Manfred Rommel mit der Benennung des Flughafens umfassend gewürdigt wäre. Die sofort aufgekommene Idee mit dem Flughafen sei erst einmal gut gewesen und eine Straßen- oder Platzbenennung dadurch „nach hinten gerückt“, sagt Maag dazu. Anders als erwartet, sei der Ehrungszweck damit dann aber doch nicht erzielt worden.

Auch 2018 verspricht für Stuttgarts CDU, die nach teuren Wahlkämpfen in desolaten finanziellen Verhältnissen ist, schwierig zu werden. Im Laufe des Jahres sollen im kleinen Kreis erste Weichen für die Kandidatensuche zur OB-Wahl 2020 gestellt werden. Außerdem wartet man auf ein Zeichen des für Finanzen und Wirtschaft zuständigen Ersten Bürgermeisters Michael Föll, ob er sich im Oktober 2019 für eine weitere Amtszeit bewerben wird. Manche Beobachter glauben, dass CDU-Fraktionschef Alexander Kotz an beidem interessiert ist.