Der Siegertyp: Stefan Danzig Foto: Pressefoto/Paul Schimweg

Seine Pointen sitzen, er verbindet lakonischen Witz mit Menschenkenntnis – dafür hat der in der DDR geborene Stefan Danziger den Kabarettpreis „Stuttgarter Besen“ gewonnen. Für ein weiteres Highlight hat der Moderator des Abends, Florian Schroeder, gesorgt.

Stuttgart - Zeigt Eure Begeisterung!“ So forderte der Moderator Florian Schroeder das coronaregelgemäß ausgedünnte Publikum beim Warming-Up vor der Verleihung des „Goldenen Besen“ zu möglichst lautstarker Beifallsbekundung auf. Im März war der seit 1998 jährlich stattfindende Kleinkunst-Wettbewerb noch dem Lockdown zum Opfer gefallen, nun konnte er nachgeholt werden, und wie immer waren im Renitenztheater acht Anwärter angetreten, um die von Mathias Richling geleitete Jury zu überzeugen. Neben klassischen Stand-Up-Comedians traten diesmal auch Künstler aus dem Bereich Musikkabarett auf, wobei das Damenduo Kernölamazonen mit seinem Schnelldurchlauf durch die Musicalgeschichte von „Hello Dolly“ bis „Rocky Horror Picture Show“ das Publikum derart begeistern konnte, dass ihm dafür der Gerhard Woyda-Publikumspreis zugesprochen wurde. Dabei können die Musicaldarstellerinnen nicht nur singen und tanzen und sind lustig, sie verfügen auch über eine Qualität, die bei einem Wettbewerb wie diesem mit nur knapp viertelstündigen Beiträgen wichtig ist: auf den Punkt präsent zu sein.

Das Baby, das aussah wie „Oktopus in Eierstichsoße“

Das nun ist nicht unbedingt die Stärke von Stefan Danziger, der am Ende Gewinner des mit 3000 Euro dotierten Goldenen Besens wurde. Der in der DDR geborene Danziger braucht in der Regel etwas Zeit, um seine Geschichten aufzubauen, die oft auf seinen Erfahrungen als Stadtführer in Berlin gründen. Wie die mit Pointen gespickte, knappe Stadtgeschichte Berlins, der Danziger, hart angeschnitten, seinen Erlebnisbericht als Vater im Kreißsaal folgen ließ (das Baby sah aus wie „Oktopus in Eierstichsauce“). Frappierend die Erklärung, warum die Deutschen keine Angst vor dem Klimawandel haben: „Die haben Übergangsjacken.“ Auch wenn sein Auftritt etwas zusammengestoppelt wirkte, zählt Danziger derzeit zu den größten Comedytalenten.

Seine Pointen sitzen, dabei verbindet er lakonischen Witz mit Menschenkenntnis und – ja, Bildung und Geschichtsbewusstsein. Dieser Blick über den privaten Erlebnisraum hinaus hebt ihn von den Konkurrenten ab, deren Themen meist auf der eigenen Biografie gründen. Bei dem 23-jährigen Jonas Greiner ist das die Schulzeit, bei der Kölnerin Vera Deckers, die Psychologie studiert hat, sind es der aktuelle Trend zur Selbstoptimierung und Mann-Frau-Klischees. Beide blieben preislos wie der Stuttgarter Nikita Miller, dessen skurrile Geschichten nicht so recht zur Geltung kamen.

Feine Parodien vom Moderator

Fast schon eine eigene Disziplin bilden mittlerweile die zahlreichen Comedians mit Migrationshintergrund, die Funken aus ethnischen Stereotypen schlagen und dabei den Freiraum nutzen, den sie als Betroffene haben. So kommt der gebürtige Palästinenser Amjad mit Rucksack auf die Bühne und will „Bombenstimmung“ verbreiten. Auch der in Berlin geborene Tutty Tran, Preisträger des Silbernen Besens, spielt virtuos mit den Vorurteilen und Klischees, mit denen er als Sohn vietnamesischer Eltern im Laufe seines Lebens in Deutschland konfrontiert wurde: „Was ist der Unterschied zwischen Rassismus und Asiaten? Rassismus hat mehrere Gesichter.“ Der Hölzerne Besen ging an den 46-jährigen William Wahl, einem begabten Wortwitzaufspürer.

Für einen unerwarteten Höhepunkt aber sorgte der Schroeder, der während der Wartezeit auf das Juryurteil Kostproben seines parodistischen Könnens gab: Kretschmann, Habeck, und, grandios, Mathias Richling, der währenddessen gar auf die Bühne kam. Für alle, die es verpasst haben, überträgt der SWR das Ganze im Oktober in Hörfunk und Fernsehen.