Demis Volpi arbeitet gerne spartenübergreifend – wie aktuell in „Tod in Venedig“ Foto: dpa

Stuttgarts Ballettchef Reid Anderson hat den Vertrag seines Hauschoreografen Demis Volpi über die Spielzeit 2016/17 hinaus nicht verlängert. Eine Überraschung. Aber auch ein klares Signal, dass Anderson noch einmal neue Impulse für seine Kompanie sucht, kommentiert unser Titelautor Nikolai B. Forstbauer.

Stuttgart - Grenzenlos scheint die Liebe des Publikums für das Stuttgarter Ballett. Ebenso aufmerksam registrieren die Fans auch jede Schwingung in der Kompanie. Und nun das: Intendant Reid Anderson hat den Vertrag seines Hauschoreografen Demis Volpi über die Spielzeit 2016/17 hinaus nicht verlängert. Signal tiefer Risse hinter dem Bühnenglanz?

Für „Krabat“ gefeiert

Seit 21 Jahren lenkt Reid Anderson das Stuttgarter Ballett, immer wieder überrascht er mit Entdeckungen besonderer Talente. Jungen Tänzerinnen und Tänzern gibt er früh viel Verantwortung. Auch wenn sie Schrittfolgen Kunst werden lassen – in Choreografien, in neuen Stücken. Wie zuvor bei Christian Spuck (inzwischen Ballettdirektor in Zürich), wie bei dem für eine ganz eigene Tanzsprache gefeierten Marco Goecke, hat sich Anderson auch für Demis Volpi vehement engagiert. Direkt nach der Premiere des Handlungsballetts „Krabat“ 2013 hat Anderson den 2004 als Tänzer nach Stuttgart gekommenen Volpi neben Goecke zum Hauschoreografen gemacht.

Reaktion auch auf Spekulationen

Und nun? Trennt sich Anderson vor seinem letzten Jahr als Intendant von Demis Volpi. Zudem lässt die Kommunikation zum Gesprächsstand zwischen Marco Goecke und Andersons gewähltem Nachfolger Tamas Detrich (von Herbst 2018 an) viel Raum für Spekulationen. Reid Anderson begründet seine Entscheidung offensichtlich damit, dass Volpi sich in seiner künstlerischen Entwicklung vom Tanz an sich entfernt. Tatsächlich könnte Volpis Zukunft eher in der Opernregie liegen. Das Signal aber ist unmissverständlich: Stuttgarts Ballettintendant will noch einmal das Profil der Kompanie schärfen – und Reid Anderson macht dies in der ihm eigenen Konsequenz deutlich. Schließlich soll man nicht tuscheln über das Stuttgarter Ballett, sondern staunen.