Der Angeklagte ist nach der Attacke im Nürtinger Jobcenter verurteilt worden. Foto: dpa/Sebastian Gollnow

Der Mann, der im Jobcenter in Nürtingen einen Mitarbeiter mit einem Hammer attackiert hat, ist vom Landgericht Stuttgart verurteilt worden.

Stuttgart/Nürtingen - Drei Jahre und zehn Monate Gefängnis – so lautet das Urteil des Landgerichts gegen den Mann, der im Jobcenter in Nürtingen einen Mitarbeiter mit einem Hammer angegriffen hat. Damit ist die 1. Strafkammer exakt dem Antrag des Oberstaatsanwalts gefolgt. Die Verteidigung hatte eine Bewährungsstrafe beantragt.

„Der Angeklagte leidet unter einer schizoiden Persönlichkeitsstörung, die es ihm unmöglich macht, erwachsen zu werden und auf eigenen Füßen zu stehen“, so Ute Baisch, Vorsitzende Richterin der 1. Strafkammer, über den 33 Jahre alten Mann. Man habe es mit einem psychisch schwer gestörten Menschen zu tun. Seine Krankheit bedeute aber nicht, dass er schuldunfähig sei. Dazu sei sein Vorgehen am Tattag zu gesteuert und zielorientiert gewesen, so die Richterin.

Mit Hammer im Ärmel zum Jobcenter

Der berufslose Mann war am frühen Morgen des 13. November vergangenen Jahres ins Jobcenter nach Nürtingen gefahren. Im Ärmel seiner Jacke hatte er einen 440 Gramm schweren Hammer. Er ging zielgerichtet zu einem Büro im 1. Stock, in dem ein bestimmter Mitarbeiter saß, der gerade im Gespräch mit einem Kunden war. Der 33-Jährige öffnete die Tür, trat auf den 46-jährigen Mitarbeiter zu und versuchte, ihm mit dem Hammer auf den Kopf zu schlagen.

Das Opfer ergriff geistesgegenwärtig die Hammerhand und vermied den Schlag. Der Kunde ging dazwischen, der Angreifer ließ den Hammer fallen. Kurze Zeit später nahm ihn die Polizei fest.

Aus Wut und Verzweiflung habe der Angeklagte gehandelt, so die Richterin. Der 33-Jährige, der bei seiner Mutter wohnt, habe den Jobcenter-Mitarbeiter dafür verantwortlich gemacht, dass sein Antrag auf Hartz IV abgelehnt worden sei. Dabei hatte der Fallmanager des Jobcenters mit der Ablehnung gar nichts zu tun gehabt. Zudem habe das Jobcenter völlig korrekt gehandelt, so die Richterin. Denn der 33-Jährige, der bis auf ein paar wenige Kurzjobs aufgrund seiner Krankheit noch nie gearbeitet hat, hatte die notwendigen Unterlagen trotz zweier Mahnungen nicht vorgelegt. Am Morgen des Tattags gab ihm seine Mutter den Ablehnungsbescheid. Er ging in den Keller, holte den Hammer und fuhr zum Jobcenter.

Das Opfer leidet bis heute

Verteidigerin Bettina Brodbeck hatte in ihrem Plädoyer argumentiert, ihr Mandant sei freiwillig von dem Versuch, dem Opfer auf den Kopf zu schlagen, zurückgetreten. „Er wollte nur festgenommen und inhaftiert werden“, so die Verteidigerin. Im Gefängnis gehe es ihm gut, er könne sich nicht beklagen, hatte der Angeklagte am ersten Prozesstag gesagt.

Ein Mordversuch liege jedenfalls nicht vor, lediglich eine Körperverletzung, die mit einer Bewährungsstrafe zu ahnden sei, so die Verteidigerin.

Oberstaatsanwalt Matthias Schweitzer sagte dagegen, man habe es zweifellos mit einem versuchten Tötungsdelikt zu tun. Auch habe der Angeklagte nach der Attacke mehrfach gesagt, er habe den 46-Jährigen töten wollen.

Das Opfer, das bei dem Angriff nur leicht an der Hand verletzt worden war, leidet bis heute unter den Folgen. Der Vorfall sei das Schrecklichste, was ihm je passiert sei, so der Mann.