Tagsüber wirkt der Echterdinger Friedhof friedlich einladend, nachts sind dort offenbar Leute unterwegs. Foto: Archiv Norbert J. Leven

Friedhöfe sind ein Ort der Ruhe. Wirklich? Offenbar gibt es Menschen, die sich dort nachts rumtreiben. Sei es, um Alkohol zu trinken, sei es um etwas zu zerstören – wie jüngst in Leinfelden-Echterdingen geschehen. Müssen die Regeln verschärft werden?

Filder - Totenstill sollte es nachts eigentlich auch auf dem Echterdinger Friedhof sein. Denn bei Einbruch der Dunkelheit endet seine Öffnungszeit. Spätestens dann sollte das Zwiegespräch mit dem verstorbenen Angehörigen beendet, spätestens dann das Grab wieder auf Vordermann gebracht sein. Verschlossen werden die Friedhofstore allerdings nicht, wie Andrea Egner, die Leiterin des städtischen Amtes für Umwelt, Grünflächen und Tiefbau sagt. Das bedeutet: Jeder, der die Dunkelheit und die gruselige Atmosphäre nicht scheut, kann dort nachts über die Wege laufen, sich nahe der Gräber auf eine Bank setzen – oder Unfug treiben.

Künftig mehr Kontrollen durch die Polizei

Der Friedhof ist eine beliebte Abkürzung für alle, die von den nahen Wohngebieten zum Bahnhof oder zum S-Bahn-Parkhaus gelangen wollen. Das hat laut Ordnungsamtschef Gerd Maier auch Vorteile: „Das erhöht die soziale Kontrolle“, sagt er. Künftig werden zur Schlafenszeit auch Streifenbeamte häufiger ihre Runden über den Totenacker drehen. Sie werden alle, die sich dort dann unerlaubterweise aufhalten, zumindest fragen, was sie nachts am Gräberfeld zu suchen haben.

Wollen Sie regelmäßig informiert werden, was auf der Filderebene gerade los ist? Hier geht es zu unserem kostenfreien Newsletter „Filderpost“.

Das städtische Ordnungsamt hat darum gebeten. Der Anlass: Unbekannte haben sich vor Kurzem an einem Traktor, der auf dem Echterdinger Friedhof geparkt war, zu schaffen gemacht und die Glasscheibe einer Fahrzeugtür zerschlagen. Friedhofsmitarbeiter hatten die unschöne Angelegenheit am frühen Morgen entdeckt. Das Ordnungsamt hatte die Polizei verständigt. Die Stadt hat Anzeige gegen Unbekannt erstattet. „Die Ermittlungen laufen noch“, sagt ein Sprecher der Polizei auf Nachfrage.

Leichter Anstieg solcher Vorfälle

Gerd Maier spricht von einem Einzelfall, sonst sei ihm kein weiterer Fall von Vandalismus auf den Friedhöfen der Stadt bekannt. Vor einigen Jahren hatten sich allerdings auf dem Alten Friedhof in Stetten immer wieder junge Erwachsene getroffen, um im offenen Teil der Aussegnungshalle Alkohol zu trinken, erinnert er sich. Das habe man aber durch mehr Kontrollen des Gemeindevollzugsdienstes und der Polizei in den Griff bekommen.

Vorfälle wie jenen jüngst in Echterdingen gab es in der Vergangenheit im Landkreis Esslingen eine Handvoll im Jahr. 2018 waren es sogar zehn. Es ist also „ein leichter Anstieg zu verzeichnen“, wie der Polizeisprecher sagt. Für 2019 liegen die Zahlen noch nicht vor.

Abgesägte Brunnenzuläufe, kaputte Toiletten

Auch das Stuttgarter Friedhofspersonal hat immer wieder mit Vandalismus zu tun. Auch wenn es gerade ruhig ist, wie Karola Ortmann, die Vizeleiterin der Abteilung Friedhöfe, unserer Zeitung sagt. So haben Unbekannte auf dem Pragfriedhof vor einiger Zeit die Brunnenzuläufe abgesägt. Auf dem Stuttgarter Hauptfriedhof wurden im vergangenem Jahr die Toiletten derart beschädigt, das sie im Anschluss saniert und auch renoviert wurden. Auf dem Dornhaldenfriedhof bei Degerloch gab es vor zwei Jahren einen Brandschaden in der Toilettenanlage. „Ich finde es persönlich sehr schade, dass auf diesem Weg Arbeitskapazität und Geld verloren gehen“, sagt Ortmann.

Auch die Stadt Stuttgart verzichtet bisher darauf, die Tore der Begräbnisstätten nachts abzuschließen. „Wir überlegen uns aber, dies für manche Friedhofe zu ändern“, erklärt die städtische Angestellte. Der Grund dafür ist nicht der Vandalismus, sondern „das unerlaubte Befahren“ der Gottesäcker. Soll heißen: Es gibt Menschen, die Spaß daran haben, zur Schlafenszeit mit dem Auto auf einem Friedhof zu fahren.

Mit dem Rad und Skateboard auf dem Friedhof

Zurück nach Leinfelden-Echterdingen: Dem Stadtrat Eberhard Wächter ist die besondere Situation des Echterdinger Friedhofes schon lange ein Dorn im Auge. Der Freie Wähler ärgert sich über Menschen, die mit dem Rad oder dem Skateboard über den Friedhof rollen, Unruhe auslösen und Trauergesellschaften stören. Auch die Toiletten seien in der Vergangenheit immer wieder stark verschmutzt gewesen, die Waschbecken wurden beschädigt, sagt er. Diesen August war der Echterdinger Apotheker selbst einmal erst recht spät unterwegs, um kurz vor Einbruch der Dunkelheit noch schnell die Blumen auf einem Grab zu gießen. Dabei ist er einem jüngeren Mann begegnet, der den Anschein machte, auf einer Friedhofsbank sein Nachtlager aufschlagen zu wollen. Wächter sagt: „Ich rate der Stadt – auch im eigenen Interesse – den Friedhof nachts abzuschließen.“ Denn: „Ein öffentlicher Durchgang ist nicht Sinn und Zweck eines Friedhofes.“