Robin Engelken ist zu Gast in Stuttgart, um hier zu skaten. Die Stadt ist in der Szene bekannt für ihre Foto: Kathrin Wesely

Der Platz vor der Marienkirche ist zum beliebten Spot für Rollbrett-Artisten geworden. Dadurch treffen unterschiedliche Welten aufeinander und es gibt natürlich Interessenskonflikte. Trotzdem herrscht Friede am Platz. Wie geht das?

S-Süd - Das Mercedes- und das Porschemuseum lassen sie kalt. Auch Kunstmuseum und Staatsgalerie lassen Robin Engelken und Felix Waldhausen links liegen. Die beiden Skateboarder aus Mönchengladbach sind wegen der glatten Oberflächen da, wegen „Curbs“ und geschmeidiger Rampen. Stuttgart steht oben in der Liste der Wallfahrtsorte für Skateboarder, in der sich des weiteren so klangvolle Namen wie Münster, Hannover oder Bochum finden. Natürlich gehört auch Berlin dazu – aber die Spots in der 3,6-Millionen-Stadt liegen weit auseinander. „Stuttgart ist gut zum Skaten, weil es hier viele gute Parks und Streetspots auf engem Raum gibt“, erklärt Robin Engelken. Der 19-Jährige rollert schon den ganzen Tag mit seinem Kumpel lässig von einem Spot zum nächsten. Berühmt sei Stuttgart für das Ei, erklärt er. Gemeint ist der Vorplatz der Landesbank im Europaviertel.

Höflichlichkeit siegt

Ein noch junger Treffpunkt in der Szene ist der Platz vor der Marienkirche, der erst vor gut zwei Jahren hergerichtet und sozial urbar gemacht wurde. Robin und Felix rollern hin. Da die Szene online dicht vernetzt ist, wissen auch Touristen wie die beiden Mönchengladbacher, welches die momentan angesagten Plätze sind, wo man Gleichgesinnte trifft. „Denn Skaten macht nur in der Gruppe Spaß“, sagt Robin.

Der Platz vor der Kirche ist ein lauschiger Ort mit günstiger Anbindung. Überraschend ist eigentlich nur die friedliche Koexistenz zwischen Skatern und Kirchgängern. Nur am Anfang habe es gelegentlich Klagen gegeben, berichtet der Pastoralreferent Andreas Hofstetter-Straka. Auch im Bezirksbeirat Süd waren die Skater bestenfalls am Rande mal Thema. Der Grund: Die jungen Leute – Männer zumeist – sind höflich: „Wenn wir um Ruhe gebeten haben, weil in der Kirche Veranstaltung war, dann haben sie sich auch dran gehalten. Da gab es eigentlich nie Probleme“, so Hofstetter-Straka, der die Belebung des Kirchenplatzes durch junge Leute begrüßt. Jüngst habe man sich zum Gespräch verabredet und obschon unterschiedliche Welten aufeinanderprallten, sei das Treffen mit den Skatern sehr konstruktiv gewesen.

Nun haben die Skater, namentlich Oliver Merkelbach und sein Team vom Skater-Fachgeschäft Arrow & Beast, angeboten, die beiden Betonblöcke zu restaurieren, die eigentlich als Sitzbänke auf dem Platz stehen. Die Skater schrappen mit ihren Brettern daran entlang, sodass inzwischen die Kanten abgenutzt sind. „Wir wollen beide Mauerblöcke in Stand setzen lassen, weil uns bewusst ist, dass wir hier öffentliches Eigentum beschädigen“, so Merkelbach in der Sitzung des Bezirksbeirates Süd. Man habe den Sportartikler New Balance als Sponsor gewonnen und bereits einen Fachbetrieb an der Hand, der Metallkanten in den Beton gießt. „Das hält Jahrzehnte“, versichert Merkelbach. Was er nicht sagt: Die Maßnahme kommt auch den Skatern zugute. „Wenn man mit der Achse auf die abgenutzten Kanten kommt, rutscht man leicht ab“, erklärt Robin Engelken. Metallbänder seien besser.

Stille Post auf Paulineleben

Im Bezirksbeirat wurde die Initiative der Skater begrüßt. Vereinzelt waren aber auch kritische Töne zu hören. „Es gibt ja schon auch Anwohnerklagen“, so Christa Niemeier von den Grünen, „aber man kann das Skaten ja nicht verbieten, weil es ein öffentlicher Platz ist.“ Ihr Fraktionskollege Wolfgang Jaworek ist nur mäßig beglückt von der Szene vor der Kirche: „Wir haben den Platz für teures Geld hergerichtet und jetzt wird er von einer einzelnen Gruppe okkupiert.“ Langfristig müsse ein richtiger Skaterpark unter der Paulinenbrücke her, „damit kein Nutzungskonflikt entsteht“.

Ungelöst ist das Problem mit der Kirchentreppe: „Die Stufen sind geskatet worden, und es sind dabei Stufen kaputt gegangen“, räumt Merkelbach ein. Der 36-Jährige ist mit seinem Skater-Laden gewissermaßen das kommunikative Fadenkreuz der Szene. Der 36-Jährige ist zuversichtlich, dass die Treppen verschont bleiben, wenn über die einschlägigen Online-Kanäle wie „paulineleben“ auf Instagram darum gebeten werde. Er ist überzeugt: „Wenn man was über den Account kommuniziert, dann funktioniert das auch.“