Die Sanierung des Sillenbucher Bädle war das erste Projekt, das als Ergebnis der Abstimmung im Bürgerhaushalt realisiert wurde. Foto: /Achim Zweygarth

Jetzt heißt es, schnell zu sein: Vom 23. Januar an können zwei Wochen lang Vorschläge für den Bürgerhaushalt eingereicht werden. Lang gehegte Wünsche könnten dann in Erfüllung gehen.

„Mach es zu deinem Projekt!“, so motivierte eine große Baumarktkette vor Jahren ihre Kundschaft. Seit 2011 fordert auch die Landeshauptstadt ihre Bürger dazu auf, ihre Ideen sehr konkret in die Verwaltungsmaschinerie einzuspeisen. Mit dem Bürgerhaushalt ergibt sich die Chance, mit Geld aus dem städtischen Haushalt lang gehegte Wünsche umzusetzen.

Vorschläge online einreichen

Bereits am Montag, 23. Januar, startet die Stadt dazu das Beteiligungsverfahren. Vorschläge, auch solche zu Einsparungen, können einfach online unter www.buergerhaushalt-stuttgart.de, telefonisch (07 11 / 216 - 9 12 22) oder auf Papier (Formulare zum Beispiel im Rathaus und den Bürgerbüros) eingereicht werden. Die Vorschlagsfrist endet bereits am Sonntag, 5. Februar. Dann fasst die Verwaltung ähnliche Ideen der besseren Übersicht wegen zusammen.

Zum Doppelhaushalt 2022/23 waren so im Jahr 2021 aus 2853 eingereichten Vorschlägen 2156 destilliert worden. Diese Arbeit soll bis zum 16. Februar, dem Start der zweiten Beteiligungsphase, abgeschlossen sein. Wer sich vorab informieren will, kann das beim Arbeitskreis Stuttgarter Bürgerhaushalt an diesem Samstag, 21. Januar, im Generationenhaus Heslach (Gebrüder-Schmid-Weg 13) von 15 bis 17 Uhr tun.

Drei Wochen Bewertungsrunde

Vom 16. Februar bis zum 8. März können alle Vorschläge bewertet werden. Daumen hoch, Daumen runter. In diesen drei Wochen entscheidet sich, ob ein Vorschlag näher betrachtet wird oder womöglich in der Versenkung verschwindet, denn fachlich geprüft auf Machbarkeit und Finanzierbarkeit werden nur die 100 am besten bewerteten Ideen. Sie werden dem Gemeinderat und den Bezirksbeiräten vorgelegt.

Vernetzung hilft bei der Platzierung

Natürlich können sich die Bürgervertreter auch Ideen zuwenden, die im Verfahren auf hinteren Plätzen landen. Auf den vorderen steigt allerdings die Chance auf eine Umsetzung. Wer gut vernetzt ist – oft sind das Vereine oder Schulgemeinschaften – hat hier das geringste Handicap. Beim ersten Bürgerhaushalt 2011 rangierte zum Beispiel die Sanierung des Sillenbucher Bädle ganz vorn. 2013 erstrahlte das kleine Freibad tatsächlich in frischem Glanz. Manch stark protegierte Idee kann allerdings auch später von der Wirklichkeit quasi hinweggespült werden – wie vor einigen Jahren der Wunsch nach einer Neckarwelle für Surfer von den Kolibakterien im Fluss. Bei den Vorschlägen geht es manchmal um große Bauvorhaben, oft aber auch um kleine Dinge. Im Jahr 2017 wollten die Stuttgarter das Ende von Eliszi’s Jahrmarkttheater im Höhenpark Killesberg verhindern. Sie schafften es auf Platz 27; der Gemeinderat beschloss letztlich eine jährliche Förderung von inzwischen 56 000 Euro für den Erhalt. Das inzwischen gängige Mehrweg-Kaffeebechersystem belegte damals Rang 78, im Jahr 2019 dann Rang 27 und wurde tatsächlich eingeführt. Und gegen Lebensmittelverschwendung erhält der Verein Foodsharing Café Raupe Immersatt seit dem Jahr 2020 eine institutionelle Förderung von jährlich 90 000 Euro. Es stand im Bürgerhaushalt auf Platz 28.

Auch mutmaßlich kleine Dinge sind wichtig

Manchmal ist der Rat nicht zuständig

Manchmal hat der Gemeinderat Projekte oder Initiativen bereits mehr oder weniger deutlich auf seiner Rechnung. Dann kann die Bewertungsrunde einen wichtigen Zusatzimpuls liefern. 2021 spielten sich Kulturprojekte bei der Abstimmung (es gab insgesamt 1,3 Millionen Bewertungen) ganz nach vorn. Der Rat beschloss letztlich, den Umzug der Ateliergemeinschaft Bauzug am Nordbahnhof mit 970 000 Euro und 1,5 Stellen zu unterstützten. Das ist viel Geld, relativiert sich aber bei geplanten Gesamtaufwendungen von 3,8 Milliarden Euro in diesem Jahr.

Manchmal fehlen am Ende auch Mehrheiten oder die nötigen Regularien. So kam die Sporthalle für Möhringen (Platz 18) nicht durch, und das Verbot eines privaten Silvesterfeuerwerks (Plätze 23 und 33) kann die Stadt mangels fehlender Ermächtigung dazu gar nicht beschließen.

Beteiligung schwankt stark

„Dank der regen Beteiligung ist der Bürgerhaushalt zu einer guten Tradition geworden und zu einem der erfolgreichsten in ganz Deutschland“, sagt OB Frank Nopper. Das Interesse schwankt aber stark. Zum Start 2011 nahmen 8983 Bürger teil, die Spitze markierten 2017 dann 51 875 Teilnehmer, vor zwei Jahren waren es 19 980. Gemessen an der Einwohnerzahl rangierte zuletzt Birkach vor Sillenbuch und Plieningen. Gering war die Beteiligung in Zuffenhausen, Münster und Mühlhausen. Mit rund 80 000 Euro für die Öffentlichkeitsarbeit will der Gemeinderat den Bürgerhaushalt bekannter machen. Die Stadträte werten diese Art der Beteiligung außerdem durch eine öffentliche Aussprache in einer Sitzung im Dezember auf. Die Verabschiedung des Doppelhaushalts 2024/25 ist mit der dritten Lesung am 15. Dezember geplant.