Nächster Halt: Flughafen. Wie viele werden den Bus nehmen und ihr Auto an einer Wohnstraße nahe einer Bushaltestelle parken? Foto: Archiv /Judith A. Sägesser

„Generell stinkt mir die ganze Entwicklung wie in Plieningen gewaltig“, sagt der Stuttgarter OB Fritz Kuhn über Urlauber, die ihr Auto in Wohnstraßen abstellen. Das könnte bald auch Anwohnern in Stuttgart-Sillenbuch blühen.

Sillenbuch - Zum Fahrplanwechsel im Dezember gilt es. Dann wird nach langen Umbauarbeiten auf der Strecke der Bus 65 aus dem Neckartal bis zum Flughafen durchfahren. Für die Menschen im Bezirk Sillenbuch ist das ein Plus an Komfort. Aber es könnte auch eng werden – in den Wohngebieten. Die Angst vor den Mallorca-Parkern, die sich die Gebühren am Airport sparen wollen, geht bereits um, und nicht erst, seit ein Mann aus der Bockelstraße sie bei der jüngsten Einwohnerversammlung öffentlich formuliert hat. Zustände wie in Plieningen will in Heumaden, Sillenbuch und Riedenberg niemand haben.

In Plieningen ärgern sich die Menschen schon seit längerer Zeit darüber, dass Flughafen- und Messegäste sowie Mitarbeiter zuhauf vor den Häusern parken und dann für wenig Geld mit dem Bus das letzte Stück fahren. Nicht nur sie sind genervt, auch der Oberbürgermeister Fritz Kuhn. „Generell stinkt mir die ganze Entwicklung wie in Plieningen gewaltig“, wetterte er bei der Versammlung. „Das müssen wir unterbinden, aber es ist rechtlich nicht einfach“, schob er nach.

Anwohner reagieren inzwischen sensibel

Wo es hakt, erklärt Birgit Wöhrle, die Sachgebietsleiterin Dauermaßnahmen der Straßenverkehrsbehörde: „Der Verkehrsraum steht der Allgemeinheit zur Verfügung.“ Jeder, der sein ordentlich angemeldetes Fahrzeug regelkonform abstelle, sei zunächst im Recht, „wir können nicht sagen, es dürfen nur Stuttgarter parken“. Stadtweit herrschen ein Mangel an Stellplätzen und große Konkurrenz unter Autofahrern, „da reagieren Anwohner sehr sensibel“. Tatsächlich gebe es aber nur drei Gruppen, die teils von Privilegien profitierten: Behinderte, Halter von E-Autos und Anwohner mit Parkausweisen.

Punkt drei ist demnach der einzige Hebel, den die Stadtverwaltung zur Verfügung hat, wenn es ums Vergraulen von Auswärtigen geht: Sie muss in einem Gebiet eine Bewohnerparkregelung inklusive einer Vollbewirtschaftung einführen. Anwohner können dann gegen eine bundeseinheitliche Verwaltungsgebühr von 30,70 Euro im Jahr einen Parkausweis beantragen, alle anderen müssen am Automaten ein Parkticket ziehen, erklärt Birgit Wöhrle. Das Prinzip ist seit 2011 schon in mehreren Bezirken und Nachbarschaften in Stuttgart eingeführt worden. „Wir wandern nach außen“, sagt sie. Aktuell befinde sich die Stadtverwaltung auf Stufe fünf des Parkraummanagements.

Man werde sich die Situation gegebenenfalls genauer anschauen

Doch die Hürden des Gesetzgebers sind hoch, sagt sie. Nur dort, wo eine Parkraumauslastung von 100 Prozent und mehr erreicht werde, könne eine Kommune eine derartige Regelung überhaupt einführen. Was das heißt? Anwohnern dürfen auf einer Strecke von einem Kilometer keine Stellplätze zur Verfügung stehen. Externe Büros dokumentieren den Zustand zuvor dreimal zu unterschiedlichen Zeiten. „So kann man die Hotspots rausfinden“, erklärt Birgit Wöhrle. Sillenbuch sei bislang nicht untersucht worden, aktuell sei Degerloch mit Verkehrserhebungen dran. Der Gemeinderat werde demnächst darüber entscheiden, ob in Vaihingen und Untertürkheim Parkausweise eingeführt werden. Und der prüfe genau. Jede Stufe im Parkraummanagement treffe bis zu 25 000 Bewohner, ziehe 200 bis 300 neue Parkautomaten und 400 bis 500 Verkehrszeichen nach sich und brauche bis zu 15 neue Kollegen, die kontrollieren, so Birgit Wöhrle. „Bei jeder Gemeinderatsvorlage werden die Ausgaben und die Einnahmen gegenübergestellt.“

Sicher wird man sich die Situation im Bezirk Sillenbuch genauer anschauen, wenn nach der Einführung der neuen Busroute Probleme gemeldet werden, verspricht sie. Birgit Wöhrle mahnt jedoch: Nicht immer bedeuten LB, WN oder BB, dass ein Auto von außerhalb kommt. Tatsächlich zeige die Statistik im Stuttgarter Rathaus, dass auf einem Drittel der bislang ausgegebenen Parkausweise überhaupt kein S stehe, da es sich um Fahrer von Dienstfahrzeugen oder Zugezogene handle.