Wie geht es weiter mit dem Verkehr? Darauf versucht der Regionalverkehrsplan eine Antwort zu geben. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Wie entwickelt sich der Verkehr in und um Stuttgart? Welche Projekte sind dringlich? Auf diese Fragen gibt der Regionalverkehrsplan Antworten. Umstritten sind vor allem zwei Straßenbauprojekte, die Stuttgarts Innenstadt entlasten sollen.

Stuttgart - Eine Mehrheit aus CDU, Freien Wählern, FDP und der Gruppe Innovative Politik fordert den Bau des Nordostrings zwischen der B 27 bei Kornwestheim und der B 14 bei Fellbach, zudem als Verlängerung eine Filderauffahrt im langen Tunnel von der B 14/B 10 im Neckartal beim Großmarkt bis zur B 27 bei Stuttgart-Möhringen.

Der Straßenzug böte dann eine Verbindung von der A 81 im Osten Stuttgarts bis zur A 8 auf den Fildern. Bei den Beratungen zum neuen Regionalverkehrsplan sorgte die konservativ-bürgerliche Mehrheit am Mittwoch im regionalen Verkehrsausschuss dafür, dass beide Projekte unter der Rubrik „Straßenverkehrsmaßnahmen höchster Dringlichkeit“ aufgeführt werden. Die SPD hatte beantragt, den Nordostring ganz zu streichen und die Filderauffahrt schlechter einzustufen. Mit ihr stimmten aber nur Grüne und Linke.

Realisierung ist ungewiss

Damit ist freilich noch nichts darüber gesagt, ob und wann die Straßen gebaut werden. Im Regionalverkehrsplan werden nur Aussagen über wichtige Infrastrukturvorhaben auf der Schiene und der Straße gemacht. Gebaut werden muss von anderen – in diesem Fall, da es sich um Bundesstraßen handelt, vom Bund. Im aktuellen Konzept des Berliner Verkehrsministeriums, das die Vorhaben bis 2030 auflistet, ist aber nur der Nordostring aufgeführt – und auch er weit hinten. Die Filderauffahrt taucht im Konzept gar nicht auf.

Doch das ficht die Befürworter nicht an. „Die Filderauffahrt ist so dringlich wie keine andere Maßnahme“, sagte der CDU-Regionalrat Felix Tausch, „die Region muss sich hier klar positionieren“. Auch seine Fraktionskollegen Rainer Ganske und Joachim Pfeiffer forderten, dass – unabhängig von den konkreten Realisierungschancen – ein „klares Bekenntnis der Region“ nötig sei. Sie betonten, dass die von Schadstoffen belastete Stuttgarter Innenstadt durch die Umfahrung deutlich entlastet werde.

Projekte aus „Reich der Fantasie“

Pfeiffer kritisierte zudem Landesverkehrsminister Winfried Hermann (Grüne): „Er muss endlich mit der Planung beginnen. Wir fordern, dass die Verweigerungshaltung überdacht wird.“ Auch Bernhard Maier (Freie Wähler) will das „Manko, dass es für den erheblichen, regionalen Verkehr keine Alternative für die Fahrt durch Stuttgart gibt“, durch eine leistungsfähige Nordostumfahrung mit Filderaufstieg beheben. „Jetzt ist Geld da“, sagte er, „jetzt muss es auch eine klare Aussage der Region geben.“

Dagegen sprachen Harald Raß und Thomas Leipnitz (SPD) von „reinem Wunschdenken“. Für den von betroffenen Kommunen abgelehnten Nordostring gebe „keine Realisierungschance“, so Raß. Der Langtunnel auf die Filder, der erst in Jahrzehnten möglich werde, entstamme vollends dem „Reich der Fantasie“, meinte Leipnitz. André Reichel von den Grünen sagte, der Nordostring führe ein „zombihaftes Leben“. Er hätte allein keine Entlastungswirkung für die Innenstadt, das erreiche man nur mit der Filderauffahrt. Jedoch sei Entlastung jetzt nötig, nicht in Jahrzehnten. Wie Leipnitz kritisierte er die Befürworter, weil sie die künftige Entwicklung im Verkehrsbereich ausblendeten und „den Leuten einreden, die Straße könnte schnell realisiert werden“.

Kurztunnel-Variante auf den Fildern gestrichen

Mit der Aufnahme des Langtunnels auf die Fildern, der in Verlängerung der B 14 am Großmarkt beginnen und beim Gewerbegebiet Tränke in Degerloch an die B 27 angeschlossen werden soll, wird eine andere Variante aus dem Regionalverkehrsplan gestrichen: eine Filderauffahrt, die an der B10 im Süden Hedelfingens beginnt und mit Kurztunneln bei Heumaden, Riedenberg und Kemnat in die Mittlere Filderlinie bei Plieningen und dann in die A 8 mündet.

Im neuen Regionalverkehrsplan sind die Ziele der Mobilität beschrieben, außerdem werden mehr als 280 Schienen- und Straßenbauprojekteuntersucht und nach Wichtigkeit geordnet. In der Debatte am Mittwoch wurden die Westumfahrung Bietigheim-Bissingen und eine lokale Entlastung von Rechberghausen auf eigener Markung in die höchste Dringlichkeit eingestuft. Außerdem strich die CDU/FW/FDP-Mehrheit ihr zu ausführlich geratene Kapitel zu Klimaschutz, Barrierefreiheit, Radverkehr und Digitalisierung zusammen. Beschlossen wird der Plan im Juli von der Regionalversammlung.