Am Rande der "Demo für alle" gegen den grün-roten Bildungsplan ist es in Stuttgart zu Rangeleien gekommen. Alles in allem verliefen die Demonstration und die Gegendemonstration allerdings recht friedlich. Foto: www.7aktuell.de | Robert Dyhringer

Soll Sexualität als öffentliches Thema behandelt werden oder gehört es in die Privatsphäre? "Demo für alle"-Teilnehmer haben gegen zu viel staatlichen Einfluss plädiert. Ihre Gegner meinen hingegen: "Das Private ist politisch."

Stuttgart - Öffnung der Ehe für Homosexuelle oder Vorrang für die Ehe mit Vater, Mutter, Kind: Befürworter einer völligen Gleichstellung von Homo- und Heterosexuellen sowie Verfechter des klassischen Familienbildes haben sich am Sonntag in Stuttgart unversöhnlich gegenübergestanden. Bei einer Demonstration gegen die Aufwertung des Themas sexuelle Vielfalt blieb es bis auf Rangeleien zwischen Gegendemonstranten und Polizisten zwar weitgehend friedlich. Allerdings attackierten sich beide Lager verbal. Ein Großaufgebot von Beamten, darunter Bereitschaftspolizisten aus Göppingen und Bruchsal, versuchten die Demonstrationen von einander zu trennen. Es habe einige Festnahmen unter anderem wegen Beleidigungen gegeben.

Rund 250 Gegner der sogenannten „Demo für alle“, die für konservative und christliche Werte eintritt, hatten sich mit Regenbogenfahnen und -luftballons - Symbole der Schwulen- und Lesbenbewegung - am Stuttgarter Schlossplatz versammelt. Einige skandierten: „Es gibt kein Recht auf Nazipropaganda.“ Auf der anderen Seite standen nach Polizeiangaben 4000 Menschen, darunter Geistliche, mit rosa und blauen Luftballons.

Nach Angaben von Organisatorin und Demo-Moderatorin Hedwig von Beverfoerde war es die größte von fünf solcher Veranstaltungen. Ihr Protest richtet sich gegen die Pläne der grün-roten Landesregierung gegen sexuelle Diskriminierung und für mehr Toleranz etwa durch des Thema Vielfalt im Schulunterricht. Im Bildungsplan 2016 soll die Akzeptanz auch sexueller Vielfalt festgeschrieben werden; im Aktionsplan sind etliche Schritte aufgeführt, um die Gleichstellung von homo-, bi-, inter- und transsexuellen Menschen mit Heterosexuellen zu erreichen.

Die Demonstranten befürchten infolge dessen eine „Frühsexualisierung“ und „Gender-Experimente“ mit Kindern, „Gehirnwäsche“ von Jugendlichen und die Abschaffung der Ehe. Die Besucher der „Demo für alle“, darunter viele Familien mit Kindern, wehrten sich auch gegen die Forderung des Bundesrates an die Bundesregierung, homosexuelle Partnerschaften komplett mit der Ehe gleichzustellen.

Zu den Rednern gehörten AfD-Mitglied Lukas Kuhs, Christoph Scharnweber vom evangelischen Arbeitskreis der CDU Heilbronn sowie der Vorsitzende der CDU-Mittelstandsvereinigung Rhein-Neckar, Malte Kaufmann. Die CDU-Bundestagsabgeordneten Thomas Bareiß und Thomas Dörflinger schickten Grußworte ebenso wie der katholische Weihbischof Thomas Maria Renz der Diözese Rottenburg/Stuttgart. Der Kirchenmann sieht die Grundlage des Menschseins, nach seiner Meinung die Verbindung zwischen Mann und Frau, in Gefahr.

"Ehe bleibt Ehe, und zwar zwischen Mann und Frau"

CDU-Spitzenkandidat Guido Wolf hatte gesagt, seine Fraktion werde an der Demonstration nicht teilnehmen, äußerte aber Verständnis für die Demonstranten. Der Chef der „La Manif Pour Tous“, einer ähnlichen Bewegung wie „Demo für alle“ in Frankreich, sprach am Sonntag von „teuflischen Folgen“ einer Öffnung der Ehe für Homosexuelle.

Die Vorsitzende der Grünen Jugend Baden-Württemberg, Lena Christin Schwelling, warf den „Familienkreuzrittern“ vor, ein homophobes und frauenfeindliches Weltbild zu vertreten. „Für uns ist fundamental wichtig, Menschen so zu akzeptieren, wie sie sind.“ An sexueller Selbstbestimmung sei gar nichts zu kritisieren. Das müsse auch Wolf einsehen, der angeregt hatte, Themen wie Sexualität wieder mehr ins Private zu verlagern. „Wer Sexualität verstecken muss, ist nicht frei.“ Unter den Zuhörern waren auch lokale FDP-Politiker.

Die Pläne im Land und Bund zielen nach Ansicht von von Beverfoerde auf das Aushöhlen der klassischen Ehe ab. Die Mutter von drei Kindern betonte: „Ehe bleibt Ehe, und zwar zwischen Mann und Frau.“ Alles andere komme einem Dammbruch gleich, nach dem auch Vielehe und Leihmutterschaft möglich werden könnten. Vorwürfe des linken Spektrums, den Nährboden für Rechtsextremismus zu bereiten, wies sie zurück. „Wir stehen auf dem Boden des Grundgesetzes.“ Werde dieses allerdings umdefiniert, könne man den Vertreter des Schutzes der Ehe nicht vorwerfen, nicht mehr zur Verfassung zu stehen. Von Beverfoerde drohte Grün-Rot mit einem Denkzettel bei der Landtagswahl 2016: „Die Landesregierung soll sich warm anziehen, wenn sie weiter Volkes Stimme ignoriert.“