Die Filiale in Stuttgart-Plieningen ist sogar ausgezeichnet worden. Foto: Caroline Holowiecki

Die Volksbank schließt im Februar ihren Schalter in Stuttgart-Plieningen und stellt auf Automaten um. Bürger ärgern sich. Die Bank argumentiert indes mit der Wirtschaftlichkeit.

Plieningen - Es ist viel los in der Volksbank-Filiale in Plieningen. Binnen einer halben Stunde finden etwa 20 Kunden den Weg ins Gebäude mit der prägnanten Sonnenuhr an der Fassade. Viele haben es sichtbar eilig, flitzen zwischen Automat und Auto. Etwa die Hälfte aber zieht es in den Schalterraum. Manche möchten etwas erledigen, andere wollen sich erkundigen, ob tatsächlich wahr ist, was man sich im Ort erzählt. Dass die Bank ihren Schalterbereich aufgeben und gänzlich auf Automaten umstellen wird. „Ich wollte mich gerade beschweren gehen“, sagt eine 71-Jährige aus der Nachbarschaft. „Das ist ein alter Bauernflecken. Alle haben hier ihre Konten“, wettert sie.

Die Volksbank Stuttgart baut um. Von den derzeit mehr als 60 Filialen, die mit Personal besetzt sind, werden drei komplett aufgegeben und sieben auf Selbstbedienung umgestellt, an weiteren neun Standorten werden die Öffnungszeiten tageweise verkürzt. Von diesen Einschnitten ist auf der Filderebene nur die Plieninger Filiale betroffen. Bis zum 14. Februar werden Kunden an der Ecke Filderhaupt- und Hintere Schafstraße am Schalter bedient, danach gibt es nur noch die Automaten im Vorraum. „Auf Wunsch sind auch Beratungen beim Kunden möglich“, sagt der Volksbank-Sprecher Matthias Layher, außerdem verweist er auf das telefonische Kundendialog-Center.

Die Nullzinspolitik der EZB sei schuld

Als Grund für den Umbau werden sinkende Erträge durch die Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank genannt, außerdem die fehlende Frequenz. Erhoben wurden demnach Daten über Kundenbesuche, die Inanspruchnahme von Bankdienst- sowie Beratungsleistungen, Transaktionszahlen und Bargeldverfügungen. „Als wirtschaftlich handelndes Unternehmen müssen wir aus Verantwortung gegenüber Kunden, Mitgliedern und Mitarbeitern auf das veränderte Nutzungsverhalten reagieren“, heißt es in einer Broschüre der genossenschaftlichen Volksbank.

Laut dem Sprecher können die vier Plieninger Mitarbeiter in anderen Standorten oder im Zentralbereich unterkommen. „Hier finden sich für alle Lösungen“, betont er. Betroffen sind zudem knapp 1600 Kunden. Für die Betagten unter ihnen ist das Schalter-Aus wohl das größte Problem, denn viele haben mit Automaten oder Online-Banking nichts am Hut, „das ist vielen zu schwierig“, sagt Werner Schüle, der stellvertretende Vorsitzende des Stadtseniorenrats. Das Gremium hat die Plieninger Bank einst als extra seniorenfreundlich ausgezeichnet, weil Kunden sie barrierefrei erreichen und Menschen statt Maschinen vorfinden. „Die alten Leute brauchen nicht nur Bankgeschäfte, sondern auch Ansprache“, sagt Werner Schüle. Dass der Trend zur Anonymität geht, bezeichnet er als „ganz großes Problem“.

„Total schlecht“ und „ganz schwach“

Doch nicht nur alte Leute trifft die Neuigkeit, auch Geschäftsleute, die, wie die Betreiberin einer Schlosserei im Vorbeigehen sagt, zum Beispiel öfter mal einen Stempel für Überweisungen benötigen. „Total schlecht“ und „ganz schwach“ findet auch Claus Riedel die Veränderungen. Der Inhaber eines Spiel- und Schreibwarengeschäfts am Ort holt in der Volksbank regelmäßig Wechselgeld oder tätigt Einzahlungen. „Dafür muss ich jetzt ins Auto steigen. Natürlich ärgere ich mich wie die Sau“, sagt er. Christin Mayer, die mit Schwiegermutter und Kinderwagen vorbeispaziert, bekennt zwar, dass sie selten eine persönliche Beratung braucht, dennoch findet sie den Wandel für die Allgemeinheit traurig, „jeder hat doch was mit Geld zu tun“. Selbst für Kinder sei es schön, wenn sie am Weltspartag ein kleines Geschenk bekämen.