Die Margarete-Steiff-Schule ist eine Schule für Kinder mit Behinderung. Beim ersten Talenttag konnten die Schüler verschiedene Sportarten ausprobieren. Foto: Alexandra Kratz

Die Margarete-Steiff-Schule ist eine Schule für Kinder und Jugendliche mit Behinderung. Beim ersten Talenttag in Baden-Württemberg konnten die Schüler verschiedene Sportarten ausprobieren.

Möhringen - Für Lilly ist es ein besonderer Tag. Das ist dem Mädchen anzusehen. Immer wieder lässt die Neunjährige den kleinen Ball eine geneigte Ebene herunterrollen. Für Lilly ist das Sport. Denn nur mit Mühe gelingt es ihr, den Ball am oberen Ende der Vorrichtung zu platzieren. Doch sie gibt nicht auf und strahlt jedes Mal übers ganze Gesicht, wenn der Ball Fahrt aufnimmt. Lilly sitzt im Rollstuhl und besucht die Margarete-Steiff-Schule auf den Hengstäckern in Möhringen. Am Donnerstag hat sie beim Talenttag mitgemacht.

2014 rief die Deutsche Behindertensportjugend (DBSJ) die Talenttage in mehreren Bundesländern ins Leben. Das Investmentunternehmen J.P. Morgan sponsert das Projekt. In diesem Jahr gibt es die Aktion erstmals auch in Baden-Württemberg. Kooperationspartner ist der Württembergische Behinderten- und Rehabilitationssportverband (WBRS). Das Ziel ist es, möglichst vielen jungen Menschen den Einstieg in den Behindertensport zu ermöglichen. „Die Mädchen und Jungen sollen Sport treiben und verschiedene Sportarten kennenlernen“, sagt Heinz Rieker. Der Vizepräsident für den Bereich Sport beim WBRS ergänzt: „Gleichzeitig hoffen wir, das ein oder andere Talent zu finden und für unsere Sportarten zu gewinnen.“

Mehr als 50 Schüler machen mit

Es ist eine schulinterne Veranstaltung. Mehr als ein Drittel der circa 150 Schüler macht mit. „Wir sind positiv überrascht über dieses gute Echo“, sagt der Rektor Peter Otto. Für ihn stehen der Spaß und die Bewegung im Vordergrund. „Die Bewegungsförderung ist eines unserer Hauptthemen“, sagt Otto und ergänzt: „Wir freuen uns über jeden Schüler, der auch im Verein aktiv ist. Projekte, die das Ziel haben, dass mehr Jugendliche mit Behinderung den Weg in den Verein finden, sind uns wichtig.“ Es gehe darum, Menschen mit Beeinträchtigungen die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen, ihnen eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung anzubieten, um Integration und Inklusion.

Für den WBRS ist die Organisation des Talenttags mit einem hohen Aufwand verbunden. Der Verein ist mit 23 Mitgliedern vor Ort. Die Mädchen und Jungen können Sportarten wie zum Beispiel Schwimmen, Boccia, Leichtathletik und Rollstuhlbasketball ausprobieren. Letzteres ist freilich besonders spektakulär, und nur dank spezieller Rollstühle möglich. Diese sind besonders robust und die Räder sind geneigt, damit die Gefährte nicht umkippen. Der WBRS hat an diesem Tag ein Dutzend Rollstühle mitgebracht. Im Schulhaus haben die Vereinsmitglieder zudem verschiedene Stände aufgebaut, an denen sich die Jugendlichen übers Fechten, über Langlauf und Biathlon informieren können.

Ein Botschafter für den Behindertensport

Niko Kappel ist an diesem Donnerstag als Botschafter an die Schule gekommen. Der 20-Jährige ist kleinwüchsig, arbeitet als Bankkaufmann und ist Spitzensportler. „Auch ich wurde einst auf so etwas Ähnlichem wie dem Talenttag entdeckt“, sagt Kappel und lacht. 2014 war er Junioren-Weltmeister im Kugelstoßen und Speerwerfen. 2015 holte er im Speerwerfen erneut den Titel. Aktuell bereitet er sich auf die Weltmeisterschaft vor und peilt die nächsten Paralympischen Spiele an. Ihm ist es wichtig, die Schüler dazu zu motivieren, überhaupt Sport zu treiben.

In der Margarete-Steiff-Schule muss er sich dabei nicht viel Mühe geben. „Die Kinder sind begeistert von der Aktion“, sagt Rieker. Sie seien aktiv dabei und verlieren nicht die Lust, wenn etwas nicht klappt. Darauf komme es beim Sport schließlich an: auf den Spaß und die Ausdauer. Genau so, wie es die neunjährige Lilly vormacht.