Pfarrer Ernst-Martin Lieb (oben) freut sich in der Martinskirche über gute Gaben. Damit meint er auch eine hohe Einzelspende für die neue Orgel. Foto: Cedric Rehman

Ein Ehepaar aus Stuttgart-Möhringen ermöglicht es der Martinskirche mit einer hohen Einzelspende, den Bau einer neuen Orgel in Auftrag zu geben. Die beiden Möhringen sind übrigens Katholiken.

Möhringen - Pfarrer Ernst-Martin Lieb scheint sein Glück kaum fassen zu können. Er erinnert im Erntedankgottesdienst noch die Gläubigen daran, dass sie dankbar für gute Gaben sein sollen. Im Anschluss an die Messfeier wendet er sich dann noch einmal an die Gottesdienstbesucher. Er berichtet ihnen, dass die Gemeinde selbst überraschend eine solche gute Gabe erhalten habe. Sichtlich beeindruckt schaut er zu Gertrud und Anton Ehrmann, die auf den vorderen Rängen sitzen. Die Ehrmanns haben nicht nur 200 000 Euro aus ihrem Privatvermögen für eine neue Orgel in der Martinskirche gespendet. Sie sind zudem Katholiken. „Der Spender hat im Sinne einer guten Ökumene gehandelt“, sagt Pfarrer Lieb, nachdem er Anton Ehrmann die Hand geschüttelt hat.

Das Möhringer Ehepaar möchte sich über seine Motive für seine Spende nicht in der Öffentlichkeit äußern. Sie wollten keine Aufmerksamkeit für ihre Spende, sagt Pfarrer Lieb. Er erklärt den Gottesdienstbesuchern dann, was die Gemeinde dem Möhringer Ehepaar zu verdanken hat. „Wir konnten nun den Auftrag für die neue Orgel erteilen. Denn dazu benötigen wir zwei Drittel der Summe von 965 000 Euro. Wir hatten über Spenden bisher aber nur 500 000 Euro zusammen“, sagt der Pfarrer. Er dankt dann auch noch den vielen anderen Spendern, die für das Projekt Geld aufgewandt haben. Gemeinsam sei viel erreicht worden, meint der Pfarrer.

Kantor spricht zu den Besuchern

Sein Kantor Leonhard Völlm macht nun Hoffnung, dass er vor dem Ende 2019 schon auf der neuen Orgel spielen wird. Die Planungen für den Bau des Musikinstruments hätten bereits in den Werkstätten der beauftragten Bonner Firma begonnen. „Einer der nächsten Schritte wird sein, dass sich der Kirchengemeinderat für die Optik der Orgel entscheidet“, sagt Völlm. Er spricht gleichfalls zu den Besuchern der Erntedankmesse in der Martinskirche.

Die Bonner Firma habe sich mit ihrem Entwurf gegen fünf Mitbewerber durchgesetzt, berichtet er. „Die neue Orgel ist simpel, aber präzise konstruiert“, sagt Völlm. Unter anderem zeichne sie sich dadurch aus, dass die gesamte Technik innerhalb des Gehäuses Platz findet und dass das Instrument künftig von rechts nach links begehbar sein wird. Völlm bezeichnet den Entwurf der Bonner Firma als genial. Denn in der Zukunft könnten dank der Begehbarkeit des Musikinstruments Verschleißteile einfach und verhältnismäßig bequem ausgetauscht und die Pfeifen der Orgel gereinigt werden, meint der Kantor.

Orgelbauer planen langfristig

Völlm zeigte sich zuversichtlich, dass die neue Orgel eine nachhaltige Investition sei. Sie werde über Jahrzehnte gute Arbeit leisten, glaubt er. „Orgelbauer denken sogar in Jahrhunderten“, meint Völlm.

Dies sei auch wichtig, weil künftig mit immer weniger Musikern zu rechnen sei, die überhaupt noch Orgel spielen könnten, sagt der Kantor. „Wir haben inzwischen Nachwuchssorgen, und da zeichnet sich eine Gemeinde für mögliche Bewerber gegenüber anderen aus, wenn sie über eine moderne und gute Orgel verfügt“, erklärt der Kantor der Martinskirche.

Gemeinde sucht Käufer

Er wird noch eine Weile auf der alten Orgel spielen. Bevor sie abmontiert wird, will die Gemeinde sich um einen Käufer im Ausland bemühen, erklärt Völlm. „Es gibt Länder, da ist man froh über so eine alte Orgel und versucht, solange es geht, noch auf ihr zu spielen“, sagt Völlm.

Die Orgel aus der Möhringer Martinskirche dürfte also in absehbarer Zeit eine lange Reise antreten.