Knöllchen für ehrenamtliche Fahrer, die alte Menschen zu Veranstaltungen bringen: Rechtlich ist daran nichts zu deuteln. Aber ist es auch moralisch in Ordnung? Foto: LG/Max Kovalenko

Ein Verein bekommt ein Elektroauto, um damit ehrenamtlich Senioren zu chauffieren. Aber wo darf das Auto parken, ohne dass der Fahrer befürchten muss, ein Knöllchen zu bekommen?

Möhringen - So aufgebracht ist Friedrich Bretz selten. Doch wenn der Vorsitzende der Initiative Lebensraum Möhringen-Fasanenhof-Sonnenberg (Ilm) über den Umgang mit dem Ehrenamt in Stuttgart spricht, dann kommt er schon mal richtig in Fahrt. Immer wieder würden Bürgermeister und Politiker betonen, wie wichtig es sei, dass die Menschen vor Ort sich einbringen. Aber wenn ein Verein ein konkretes Anliegen habe, dann seien die meisten sehr schnell ganz still.

Was Bretz so in Fahrt bringt, ist ein Vorfall Mitte Oktober. Die evangelische Kirchengemeinde Möhringen hatte zu ihren traditionellen Seniorenfeiern ins Bürgerhaus eingeladen. Die Ilm bot einen Fahrdienst an. Ein Ehrenamtlicher chauffierte in seinem Wagen drei ältere Damen zum Filderbahnplatz, die sich den Weg allein nicht mehr zutrauten. Dort parkte er sein Auto kurz und begleitete die Seniorinnen bis in den Saal. Als er zurückkam, hatte er ein Knöllchen hinter dem Scheibenwischer, weil sein Wagen dort stand, wo er eigentlich nicht hätte stehen dürfen.

Der Strafzettel war den ganzen Abend lang Gesprächsthema

Friedrich Bretz findet das unmöglich. Und damit ist er nicht allein. Der Strafzettel sei den ganzen Abend lang Thema gewesen, sagt der Vereinsvorsitzende. Viele Senioren hätten ihn darauf angesprochen. Bretz fordert eine Lösung für das Problem. Es müsse doch eine Parkmöglichkeit geben für Ehrenamtliche, die alte und behinderte Menschen zu einer Veranstaltung in einem Bürgerhaus fahren. „Wo sollen wir die Leute denn ein- und aussteigen lassen?“, fragt Bretz und betont, dass das Auto niemanden behindert habe.

Die Ilm hat sich in ihrem Ärger an Evelyn Weis gewandt. Die Bezirksvorsteherin sieht jedoch keine Möglichkeit, Einfluss zu nehmen. Für Strafzettel sei das Ordnungsamt zuständig und nicht das Bezirksamt. Und sie habe keine Befugnis zu sagen, wo aufgeschrieben wird und wo nicht. „Das wäre Rechtsbeugung, und das kann niemand wollen“, sagt Weis. Im Übrigen höre sie auch immer wieder Klagen aus der Gegenrichtung, also von Möhringern, die sich über zu viele falsch geparkte Autos beschweren und deshalb mehr Kontrollen fordern.

Ilm bekommt von der Bürgerstiftung einen Elektro-Smart

Bretz will trotzdem noch einmal das Gespräch suchen, um für die Zukunft eine Lösung zu finden. Dies vor allem auch vor dem Hintergrund, dass die Ilm vor Kurzem ein Fahrzeug gewonnen hat. Die Bürgerstiftung Stuttgart hatte 45 Elektrofahrzeuge ausgeschrieben. Die Vereine konnten sich bewerben. Das tat auch die Ilm, und sie wurde ausgewählt. Bei einer Feier am 6.  November im Stadtarchiv bekommt der Verein den Schlüssel zu seinem nigelnagelneuen Smart for Four.

„Den können wir gut gebrauchen!“, sagt Bretz. Schließlich bietet die Ilm nicht nur Fahrdienste zu Veranstaltungen an. Die Ehrenamtlichen chauffieren Senioren auch zum Einkaufen. Und sie bieten den Besucher-Bus-Bethanien an. Das heißt, sie pendeln an vier Nachmittagen in der Woche mit ihren privaten Autos zwischen dem Möhringer Bahnhof und dem Pflegezentrum am Onstmettinger Weg, um alten Menschen einen Besuch bei ihren Angehörigen im Bethanien zu ermöglichen.

Nun braucht die Ilm aber noch einen Stellplatz für ihr neues Elektroauto. „Wir dachten da an die Tiefgarage unter dem Bürgerhaus“, sagt Bretz. Die Ilm hat ihren Wunsch der Bezirksvorsteherin vorgetragen, doch Weis hat abgewunken. Sie sei in der Zwickmühle, argumentiert die Bezirksvorsteherin. Natürlich schätze sie die Ilm und das ehrenamtliche Engagement. „Ich unterstütze den Verein auch im Rahmen meiner Möglichkeiten“, sagt Weis. Aber es gebe immer wieder Anfragen von Vereinen, die einen Parkplatz im Bürgerhaus wünschten. „Ich kann nicht jedem einen zur Verfügung stellen.“

Tiefgarage unterm Bürgerhaus ist nicht für Dauerparker

Die Parkplätze in der Tiefgarage sind öffentlich gewidmet. Sie wurden damals als Ersatz geschaffen für die etwa 100 Stellplätze auf dem ehemaligen Postgelände, die wegen der Neubebauung am Filderbahnplatz verschwanden. Die Stadtverwaltung betonte auch in der Vergangenheit immer wieder, dass man keine Dauerparker in der Tiefgarage haben wolle. Darum gibt es auch kein Tagesticket. Die Höchstparkdauer ist auf drei Stunden begrenzt. Allerdings gilt von 18 Uhr an ein Abendtarif. Dann können Autofahrer für einen Euro bis 23 Uhr ihr Auto abstellen.

Die Möhringer Bezirksvorsteherin weist auch darauf hin, dass es in der Tiefgarage unter dem Bürgerhaus keine Ladestation für Elektroautos gebe. „Ich bin mir auch nicht sicher, ob man das nachrüsten kann“, sagt Weis. Sie hat der Ilm vorgeschlagen, sich an das Bethanien zu wenden. Das Pflegezentrum hat eine große Tiefgarage. Das hat Bretz auch getan, und zwar mit Erfolg. Für den Ilm-Vorsitzenden ist das aber nur die zweitbeste Lösung. „Das Bürgerhaus wäre viel zentraler“, sagt er und will das Thema bei dem avisierten Gespräch noch einmal aufs Tapet bringen.