Stuttgart lockt zahrleiche Gäste an. Doch eine neue Studie zu den Übernachtungspreisen wirft Fragen auf. Foto: 7aktuell.de/Friedrichs

Das Online-Buchungsportal Campsy, über das Übernachtungen auf Campingplätzen reserviert werden können, hat einen Unterkunftspreis-Index vorgelegt. Die in der Studie präsentierten Hotel- oder Hostelpreise für Stuttgart differieren aber stark zu denen anderer Studien.

Stuttgart - „Trau keiner Statistik, die Du nicht selbst gefälscht hast“, soll Winston Churchill einst behauptet haben. Mit dem Inhalt von Studien scheint es nicht anders zu sein. Die Zahlen, die der vom Online-Campingplatz-Buchungsportal Campsy erstellte Unterkunftspreis-Index 2017 anführt, scheinen – zumindest was Stuttgart betrifft – nur wenig mit der Realität gemein zu haben. Diese liegen in der Studie weit von denen entfernt, die beispielsweise das Hotelbuchungsportal HRS.de oder die MKG Group für den Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) ermittelt hat.

Stuttgart im Ranking auf Platz 85

In dem von Campsy erstellten Ranking steht Stuttgart auf Platz 85 von 150 weltweit untersuchten Städten, von den sich 20 in Deutschland finden. Dabei soll eine Übernachtung in Stuttgart für zwei Personen in einem Beherbergungsbetrieb mit einem Stern im Schnitt 150 Euro kosten (ohne Frühstück und andere Nebenkosten). In einem 3-Sterne-Haus würden demnach durchschnittlich 233 Euro pro Nacht fällig. Und wer die Nacht gar in einem 5-Sterne-Hotel verbringt, muss laut Campsy durchschnittlich 441 Euro pro Nacht berappen. Für Hostels fallen pro Nacht laut der Campsy-Studie 27,10 Euro für zwei Personen an, während bei der Nutzung über Anbieter wie beispielsweise Airbnb gebuchten Bleibe pro Nacht für zwei Personen mit rund 87 Euro zu Buche schlage.

Monte Carlo ist laut Campsy die teuerste Stadt

In Monte Carlo, der laut Campsy teuersten Stadt der Welt, liegen die Preise laut dem Index um ein Vielfaches höher. Die Übernachtung im 3-Sterne-Hotel schlage da, so behauptet der Index, im Schnitt mit 644 Euro für zwei Personen zu Buche. Für 5-Sterne-Unterkünfte würden durchschnittlich gar 2505 Euro fällig, also mehr als der sechsfache Betrag, den man in Stuttgart hinblättern müsste.

Sucht man auf einschlägigen Internet-Portalen wie Trivago.de oder Hotels.com nach Übernachtungsmöglichkeiten in der Landeshauptstadt und vergleicht die Ergebnisse mit den in der Campsy-Studie als Durchschnittspreise benannten Kosten, so wird man das Gefühl nicht los, als hätten die Urheber der Studie Mittelwerte aufgeführt, die mit der Realität nur wenig zu tun haben, die im trumpschen Sinn gar alternative Fakten sind. Zu diesem Ergebnis muss man auch kommen, wenn man entsprechende Studien des Hotelbuchungsportals HRS.de oder die jüngsten Erhebungen des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) ansieht. Bei HRS wurde im jüngsten Hotelpreisradar des Buchungsportals ein Durchschnittspreis pro Zimmer von 98 Euro für das Jahr 2016 in Stuttgart ermittelt, was einer Steigerung um 3,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht. Die von der MKG-Group erhobenen Daten in 2016 für den Dehoga liegen nur geringfügig höher. Hier wird der Netto-Zimmerpreis mit 99 Euro pro Nacht angegeben, sprich: inklusive Mehrwertsteuer liegen die Preis bei etwas mehr als 106 Euro. Von einem Durchschnittspreis von knapp unter 100 Euro je Zimmer spricht die Stuttgart-Marketing GmbH.

Keine Camping-Vergleichszahlen für Stuttgart

Auf einen Vergleich der Preise für die Campingplatznutzung in Stuttgart verzichtet Campsy in der Studie. Laut der Homepage von Camping Stuttgart auf dem Cannstatter Wasen werden dort pro Nacht für zwei erwachsene Personen je nach Saison 15 oder – zur Wasenzeit – 24 Euro fällig, zuzüglich der Gebühren für Wohnmobil (7,50 Euro), Wohnwagen oder Caravan (6,50 Euro) oder Zelt (4,50 Euro) sowie der zusätzlichen Gebühren für Auto (drei Euro) oder Motorrad (2,50 Euro) sowie den Zusatzkosten zur Benutzung von Duschen (drei Euro) oder Strom (0,60 Euro pro Kilowattstunde). Zwei Erwachsene die also mit dem Auto anreisen und ein 2-Personen-Zelt auf dem Platz am Neckarufer nutzen und auch ihre Körper unter der Dusche reinigen, müssen demnach 28,50 Euro pro Nacht berappen. Der in der Studie genannte Vergleichsbetrag für Baden-Württemberg liegt laut des Campsy-Index „für eine Übernachtung auf einem Campingplatz im Sommer“ bei 12,79 Euro. Was alles in diesem Betrag enthalten ist, schlüsselt Campsy aber nicht auf. Auch ob dieser Preis für eine oder zwei Personen gilt, wird nicht erläutert.

Entlarvendes Zitat

Zur Methode, wie Campsy zu den Mittelwerten für den Index gekommen sein will, heißt es von der Berliner Agentur ABCD Agency auf Rückfrage, man habe „den Preis für drei Hotelübernachtungen für zwei Personen über einen Zeitraum von zwölf Monaten zweimal monatlich“ erhoben. Daraus sei „dann der durchschnittliche Preis pro Übernachtung“ abgeleitet worden. Auch wenn die Studie den deutschen Hotels und Hostels unterm Strich im globalen Vergleich günstige Preise bescheinigt, so entlarvt die dazu versandte Mitteilung letztlich doch, welchen Zweck sie mutmaßlich verfolgt: „Wir hoffen, dass unserer Recherche zum Nachdenken anregt und den Lesern dabei hilft, ihr Reisebudget besser zu nutzen. Vielleicht denkt ja der eine oder andere darüber nach, den nächsten Sommerurlaub auf einem Campingplatz zu verbringen“, wird der Campsy-Chef Philipp Hillenbrand zitiert. Da wundert es wenig, wenn die für Stuttgart – und mutmaßlich auch für viele andere Orte genannten Übernachtungskosten – weit über den wirklich am Markt realistischen Preisen liegen.