Darya Zaytseva (li.) und Anna Gershuni sind beide gebürtig aus der Ukraine. Zwar gebe es auch dort einige Initiativen und Menschen, die sich für Umwelt- und Klimaschutz einsetzten, doch das Bewusstsein sei geringer als hier, sagen sie. Foto: Julia Bosch

Keine rein wissenschaftliche Veranstaltung, sondern echten Party-Charakter soll das Bioökonomie-Festival im Sommer 2020 an der Universität Hohenheim haben – wenn es die Corona-Krise zulässt. Dahinter stecken zwei Frauen aus der Ukraine, die die Menschen für mehr Nachhaltigkeit sensibilisieren wollen.

Hohenheim - Anna Gershuni bildet eine Ausnahme. Denn inzwischen besitzen zwar immer mehr junge Menschen kein eigenes Auto mehr. Aber sobald Kinder ins Spiel kommen, legen sich die meisten dann doch eines zu. Die 38-Jährige hat drei Kinder – und dennoch kein Auto. Einkäufe erledigt Anna Gershuni zu Fuß oder mit dem Bus. Und als sie gemerkt hat, wie umständlich es mit dem Kinderwagen in öffentlichen Verkehrsmitteln ist, hat sie sich ein Tragetuch für die Kleinen besorgt. „Ich bin mit diesem Bewusstsein für Klima- und Umweltschutz aufgewachsen“, sagt sie, „und ich kann ja auch schlecht einen Porsche fahren und dann ein Festival für Nachhaltigkeit organisieren“.

Das Festival soll echten Party-Charakter haben

Gemeinsam mit der Hohenheimer Masterstudentin Darya Zaytseva hat Anna Gershuni nämlich große Pläne: Die beiden wollen auf dem Campus ein Bioökonomie-Festival organisieren. Hinter Bioökonomie stecken – kurz zusammengefasst – alle Sektoren und Dienstleistungen, die biologische und nachwachsende Ressourcen wie Pflanzen, Tiere und Mikroorganismen nutzen. „Unser Ziel ist es, dass die Menschen einen nachhaltigen Lebensstil kennenlernen“, sagt Darya Zaytseva (27), die selbst Bioökonomie studiert.

Allerdings soll das Festival keine rein wissenschaftliche Veranstaltung werden, sondern echten Party-Charakter haben, betonen die beiden. Es soll gute Musik, Workshops, Unterhaltung und Kunst geben. „Wir wollen die Leute über ihre Emotionen ansprechen, sodass sie empfänglich für Wissenschaft, Bioökonomie und Nachhaltigkeit werden“, sagt Darya Zaytseva.

Theater, Morgen-Yoga und ein Kräutergarten

Geplant ist, dass das Festival bereits diesem Sommer stattfindet – wenn es die Corona-Krise zulässt. Vor wenigen Tagen erhielten die beiden Frauen die Zusage von der gemeinnützigen Initiative „Wissenschaft im Dialog“, dass die Veranstaltung finanziell gefördert werde. Kurz darauf reisten die beiden nach Berlin und erhielten ein Training im Projektmanagement. Bis zuletzt hatten die beiden nämlich völlig alleine die Planung des Festivals übernommen. „Wir fangen aber jetzt an, Studierende anzusprechen und nach ihren Ideen zu fragen“, erläutert Darya Zaytseva. „Denn die haben natürlich noch viel mehr gute Ideen als wir.“ Was die beiden bereits wissen: Sie wollen mit ansässigen Schulen und lokalen Initiativen zusammenarbeiten. So ist ein Theaterstück mit Kindern geplant, Morgen-Yoga für jedermann sowie ein Kräutergarten, in dem man lernen kann, wie sich Kräuter und Gewürze einsetzen lassen.

Bereits um die 50 Partys und Kunstworkshops organisiert

Doch wie kamen die beiden überhaupt auf die Idee, ein solches Festival zu organisieren? Als Darya Zaytseva 2016 für ihren Master nach Hohenheim kam, dauerte es nicht lange, bis sie erstmals bei der Organisation von internationalen Partys auf dem Campus beteiligt war: „Seitdem habe ich bestimmt 50 Partys organisiert – immer zu einem bestimmten Thema.“ Dazu kamen Kunstworkshops, die sie gemeinsam mit Anna Gershuni ins Leben gerufen hat – nicht nur mit Studenten, sondern auch mit Müttern und Kindern. Dadurch hätten die beiden viele Erfahrungen gesammelt, denn „es ist ein großer Unterschied, Gast oder Organisator einer Veranstaltung zu sein“. Beim Dies Academicus im vergangenen Jahr saß Darya Zaytseva mit Freunden im Innenhof der Uni, „und dann war es plötzlich wie ein Geistesblitz: Es wäre so cool, genau hier ein großes Festival zu organisieren“.

Die beiden Frauen teilen übrigens nicht nur das Interesse an Nachhaltigkeit und die Freude am Organisieren. „Wir sind beide gebürtig aus der Ukraine, wobei ich schon sehr lange in Deutschland lebe“, sagt Anna Gershuni. Längst sind sie auch befreundet – und planen bereits weitere Veranstaltungen. Das passt gut, denn Anna Gershuni bereitet sich aktuell auf den Schritt in die Selbstständigkeit vor. Und Darya Zaytseva? „Mein Traum wäre es, drei Festivals zu organisieren und darüber meine Doktorarbeit zu schreiben.“ Bis dahin wollen sie in möglichst vielen Menschen das Bewusstsein für Umwelt- und Klimaschutz vergrößern, denn „die Prognosen sind aktuell nicht gut. Und wir können nur gemeinsam etwas ändern“.