Werner Gellert besitzt um die 8000 Platten. Foto: Julia Bosch

Mit Anfang 20 hat Werner Gellert aus Stuttgart-Möhringen in Stuttgarter Discos aufgelegt. Nun wird er 70 und möchte einen Freundeskreis für diejenigen gründen, die mit der Musik der 50er bis 80er Jahre aufgewachsen sind. Der erste Termin steht schon – in Stuttgart-Hoffeld.

Möhringen - Es braucht nicht viel Zeit mit Werner Gellert, um zu wissen: Wenn nicht dieser Mann die Menschen zum Tanzen bringt, dann schafft es wohl keiner. Der Möhringer, der im September 70 Jahre alt wird, ist ein durch und durch positiver Mensch. Er kommt aus dem Grinsen gar nicht raus, wenn er von seinen Anfängen als Discjockey (DJ) in Stuttgarter Clubs wie dem längst geschlossenen L’Etoile an der Firnhaberstraße erzählt. Wenn bei seinen Auftritten heute ältere oder erkrankte Menschen einschlafen, interpretiert Gellert das nicht als Kritik an der Mischung seiner Musik, sondern sieht das Positive: Die Menschen entspannen sich.

Als Werner Gellert im Jahr 1974 von Braunschweig nach Stuttgart kam, las er an seinem ersten Tag in der Stuttgarter Zeitung, dass die Diskothek L’Etoile einen DJ suche. Da er kurz zuvor in Braunschweig bei einem DJ-Nachwuchswettbewerb den ersten Platz gemacht hatte, meldete er sich. „Ich habe 15 Minuten im L’Etoile vorgespielt, dann hieß es: ‚Den Kerl nehmen wir.’“ Von nun an mischte Werner Gellert täglich von 20 Uhr bis 2 Uhr morgens die Musik in der Disco in der Innenstadt. Vor halb drei nachts war er in der Regel nicht zu Hause, um halb sieben klingelte wieder sein Wecker: Er besuchte die Technikerschule und lernte dort Drucktechniker.

Mit Werners mobiler Disco durch das ganze Land

In den darauffolgenden Jahren war der Möhringer als Anzeigenvertreter in verschiedenen Verlagen tätig; die Musik hat ihn jedoch über all die Jahre begleitet. Als DJ Werner oder mit Werners mobiler Disco ist er regelmäßig in Discos, bei Stadtfesten, Silvesterbällen und privaten Feiern aufgetreten – bis heute. Als Fan von Pop, Rock, Disco, Soul und Rock 'n' Roll hat er mittlerweile rund 8000 Platten angesammelt. Mit einer Auswahl von diesen Platten sowie einem Mischpult, zwei Plattentellern und zwei Lautsprechern ist er immer unterwegs, wenn er einen Auftritt irgendwo zwischen Nordbaden und dem Bodensee hat. Nun, da er seit fünf Jahren im Ruhestand ist, hat Werner Gellert eine neue Idee: Er möchte einen Ü-55-Freundeskreis mit dem Namen Oldies but Goldies gründen.

Er stellt sich das so vor: „Die Mitglieder treffen sich etwa dreimal im Jahr, um die Hits von den 50er bis 80er Jahren wieder zu hören und darauf wie früher abzurocken“, sagt er. Mit dem Freundeskreis will er besonders Singles und Paare im mittleren Alter ansprechen, „diejenigen für die die Tanzschulen vielleicht ein No-Go waren und die lieber gerne alleine schwofen und sich nicht zwanghaft an bestimmte Schrittfolgen halten wollen.“ Aber auch Menschen, die auf einen Rollator oder einen Rollstuhl angewiesen sind, sind in seiner Gruppe herzlich willkommen.

Fete am 19. Oktober in Stuttgart-Hoffeld

Werner Gellert hat nämlich erlebt, wie gut es den Bewohnern in Seniorenheimen tut, die Musik von früher wieder zu hören. „Es ist ja auch wissenschaftlich erwiesen, dass alte Melodien Menschen dazu bringen, sich an die Vergangenheit zu erinnern“, sagt er. Seit drei Jahren geht Werner Gellert regelmäßig in verschiedene Altenheime in den Stuttgarter Filderbezirken und spielt dort Musik aus der Vergangenheit. „Wenn die Menschen dann beginnen, langsam ihre Füße zu der Musik zu bewegen, gefällt mir das.“ Der gebürtige Braunschweiger bezeichnet dieses vorsichtige Tanzen liebevoll als „schwäbischen Temperamentsausbruch“.

Der Termin für die erste Veranstaltung des Ü-55-Freundeskreises steht schon: der Freitag, 19. Oktober. Für diesen Tag hat Gellert einen Raum im Degerlocher Stadtteil Hoffeld organisiert. Er bringt eine Auswahl seiner Platten sowie das nötige Equipment mit – die anderen sollen die Musik genießen und dürfen gerne tanzen.

Da es keine riesige Veranstaltung werden soll, will er nicht öffentlich den Treffpunkt und Beginn verkünden. Vielmehr sollen sich Interessenten telefonisch bei ihm melden. Übrigens: Bisher haben sich zu 95 Prozent Frauen gemeldet, die an dem 19. Oktober kommen wollen. Werner Gellert überrascht das zwar, es stört ihn aber nicht: „Dann bin ich eben der Hahn im Korb.“

Das erste Treffen des Ü-55-Freundeskreises ist am 19. Oktober in Hoffeld. Wer Lust hat zu kommen, sollte sich bei Werner Gellert unter der Telefonnummer 0711/72 38 93 melden. Für seine Planung bittet er um Zusagen bis spätestens zwei Tage vorher.