Im Herbst gibt es Äpfel. Die Menschen im Dachswald müssen aber bis nach Vaihingen oder Kaltental fahren, um welche zu kaufen. Foto: Archiv Alexandra Kratz

Im Dezember verabschiedet der Gemeinderat den neuen Doppelhaushalt. Der Entwurf der Verwaltung und die Etatanträge der Fraktionen liegen vor. Doch von einer Nahversorgung für den Dachswald ist darin nichts zu lesen.

Dachswald - Immer mehr Menschen ziehen in den Dachswald. Der Neubau am Knappenweg ist fertig. Auf dem Gelände des ehemaligen Dachswaldhotels sind neue Wohnungen entstanden. Das sogenannte Geisterhaus ist abgerissen. Immer wieder drehen sich auf dem Areal die Bagger. Und auch am oberen Dachswaldweg in Richtung Schranne sollen neue Häuser gebaut werden. „Die Aufsiedlung geht systematisch voran“, sagt Sigrid Beckmann. Eine Entwicklung, die sie als Vorsitzende des Bürgervereins freut. Doch sie stellt sich die Frage: „Wo bleibt die Nahversorgung?“

Dass die Menschen vor Ort sich mit den Dingen des täglichen Bedarfs versorgen können, ist Beckmann seit jeher ein Anliegen. Doch seit der kleine Lebensmittelladen am Knappenweg vor vier Jahren wegen der Neubebauung schließen musste, gibt es nichts mehr zu kaufen. Beckmann hatte gehofft, dass die Verwaltung oder die Fraktionen im Stuttgarter Gemeinderat das Thema Nahversorgung noch einmal in ihren Haushaltsberatungen aufgreifen. Doch weder in der grünen oder roten Liste der Verwaltung beziehungsweise der Bürgermeisterriege, noch in den Etatanträgen der Parteien sei auch nur ein Wort dazu zu finden.

An ältere Menschen und die Umwelt denken

Das ärgert die Bürgervereinsvorsitzende. „Wir müssen auch an die vielen älteren Menschen denken, die bei uns wohnen. Für sie ist eine Nahversorgung wichtig.“ Und Beckmann geht es auch um die Umwelt. Denn weil es im Dachswald keinen Laden gibt, müssen die Menschen von dort zum Einkaufen nach Vaihingen oder Kaltental fahren. „Alle beklagen immer, dass es zu viel Verkehr in Vaihingen gibt. Hinzu kommt die aktuelle Feinstaubdiskussion. Wie passt das mit der fehlenden Nahversorgung zusammen“, fragt Beckmann.

Untätig waren die Stadtverwaltung und die Kommunalpolitik nicht. Zusammen mit Beckmann und unterstützt von der evangelischen Kirchengemeinde konnte im September 2016 zum ersten Mal ein kleiner Wochenmarkt vor dem Waldheim Sonnenwinkel an der Barchetstraße eröffnen. Fünf Händler boten von da an Woche für Woche donnerstagvormittags ihre Waren feil. Doch die Menschen im Dachswald nutzten das Angebot nur wenig. Nach knapp drei Monaten war das Experiment wieder beendet. Der Markt sei gut gemeint gewesen, sagt Beckmann „Aber letztlich waren die Zeiten für berufstätig Menschen sehr ungünstig. Und das Angebot auf einem Wochenmarkt ist einfach nicht so umfangreich, wie in einem richtigen Laden“, fügt die Bürgervereinsvorsitzende hinzu.

Bürgervereinsvorsitzende fordert neuen Anlauf

Nach wie vor findet sie, dass die Stadt über ihren Schatten hätte springen sollen. Was sie damit meint, ist das Angebot des Investors, der für die neuen Gebäude am Knappenweg verantwortlich zeichnet. Dort gab es einst einen Lebensmittelladen, bevor der Grundstückseigentümer verstarb und das Areal verkauft wurde. Der neue Eigentümer war bereit, auf der Fläche vor den neuen Wohnhäusern einen Flachdachbau mit 100 Quadratmetern Verkaufsfläche und 40 Quadratmetern Lagerfläche zu bauen. Die Stadt lehnte das aus mehreren Gründen ab. Der Bebauungsplan ließ an dieser Stelle kein Gebäude zu. Das Haus war zu nah an der Grundstücksgrenze geplant und der Parkplatz-Nachweis fehlte. Darüber hinaus wäre das im Bebauungsplan festgeschriebene Maß der Nutzung überschritten worden.

Nun fordert Sigrid Beckmann einen neuen Anlauf. Die aktuellen Haushaltsberatungen seien dafür der richtige Zeitpunkt. Das Thema sei im Dachswald immer noch virulent. „Immer wieder rufen Menschen bei mir an oder sprechen mich auf der Straße an. Sie wollen wissen, ob und wann es wieder einen Lebensmittelladen bei uns gibt.“