Mit Applaus in den Ruhestand: Frank Otto Huber (links). SWR-1-Legende Günter Schneidewind (Mitte) und Moderator Michael Gaedt feiern den Kinderhausleiter Foto: Kai Müller

Nach 30 Jahren als Kinderhausleiter Stuttgart-Büsnau ist Frank Otto Huber dann mal weg – allerdings nicht so ganz. Was hat diesen Mann so bekannt in dem kleinen Stuttgarter Stadtteil gemacht?

Stuttgart - Ein Königreich ohne König? Wie soll das funktionieren? Gut, in diesem Fall ist der Ehrentitel örtlich begrenzt. „Für mich war Frank Otto Huber immer der König von Büsnau“, sagt IngoFelix Meier, Geschäftsführer der Stuttgarter Jugendhaus gGmbh, bei der Verabschiedung des langjährigen Kinderhausleiters, und keiner der 250 Gäste will da widersprechen. Vielleicht hat keiner in den vergangenen 30 Jahren mehr für Büsnau getan als eben dieser Frank Otto Huber. Dabei ließ auch sein jetzt Ex-Chef keinen Zweifel daran, dass der 65-Jährige nicht nur ein Original ist, sondern auch genau weiß, was er will: „Er ist ein kleines, sympathisches Schlitzohr.“ Man habe aufpassen müssen, dass er einen nicht über den Tisch ziehe: „Aus dem Urlaub schrieb er aber immer eine Karte.“

An diesem Tag geht endgültig eine Ära zu Ende. „30 Jahre und das immer unter Volldampf“, sagt Hubers Stellvertreterin Britta Krüger anerkennend. Vieles im Kinderhauserinnert an den umtriebigen Kinderhausleiter. Er sei quasi dort eingezogen, sagt Meier.

Ein krachender Abschluss

Der 65-Jährige trat Ende Juni nach 30 Jahren in Büsnau und 38 Jahren bei der Stuttgarter Jugendhaus gGmbH den Gang in den Ruhestand an. Bei ihm muss man aber wohl eher vom Unruhestand sprechen. Natürlich macht er als Vorsitzender des Bürgervereins weiter. Er bleibt Geschäftsführer des Fördervereins Kinder/Jugend/Bildung Stuttgart-Vaihingen, und auch das Lesefest will er weiter organisieren. Was wird nun anders? „Ich bin recht zufrieden so. Ich konnte mich ja fünf Jahre darauf vorbereiten“, sagt Huber und es klingt fast, als gebe es da gar keinen neuen Lebensabschnitt.

Aber weil es doch ein Abschied ist, hat Huber seine Wegbegleiter ins Jugendhaus eingeladen. Doch wie feiert einer Abschied, der immer wieder auch das Besondere bieten wollte – mit SWR-1-Legende Günter Schneidewind und Entertainer Michael Gaedt. Zum Abschluss gibt es eben Rock’n’Roll statt Stehempfang. „Das ist für euch, ihr habt mich getragen“, sagt Huber zur Einstimmung. Ganz am Ende spielt Michael Gaedt einen Johnny-Cash-Song für ihn und endet mit den Worten: „Du bisch a feiner Kerle.“ Besser und einfacher hätte man es wohl nicht formulieren können.

Der Diplom-Sozialpädagoge begleitete Tausenden von Kindern ein kleineres oder größeres Stück auf ihrem Lebensweg. Zwei Generationen waren dies. Das Erfolgsrezept von ihm und seinem Team für eine gute Kinderarbeit ist schlicht, aber wirkungsvoll: „Wir arbeiten ganz ernsthaft mit den Kindern. Wir nehmen sie ernst“, sagte er einmal. Dabei half ihm sicherlich seine zupackende Art, sein Netzwerk – schließlich ist „Franky“ nicht nur in Vaihingen bekannt – und sein kräftiger Händedruck verbunden mit einem breiten Grinsen im Gesicht, das seinem Gesprächspartner sofort zu verstehen gab: „Wir schaffen das.“ Wenn dicke Bretter gebohrt werden mussten, dann war das eher Herausforderung als Last.

Die weltgrößte Carrera-Bahn?

Sein größter Clou ist das Lesefest, eine wohl bundesweit einzigartige Veranstaltung, die es alle zwei Jahre weit mehr als 2000 Schülern ermöglicht, mit den Top-Stars der Kinder- und Jugendbuchliteratur in Kontakt zu kommen. Sams-Autor Paul Maar nahm wie selbstverständlich schon auf dem Literaturthron in Büsnau Platz, und 2014 gelang es zum Auftakt gar, die Autorinnen Corinna Ponto und Julia Albrechtfür eine Lesung zum RAF-Terror zu gewinnen, obwohl die beiden das zu diesem Zeitpunkt schon längst nicht mehr machten. Das ging freilich nur, weil Huber nie als Einzelkämpfer auftrat, sondern sich Verbündete und Unterstützer suchte, in diesem Fall zum Beispiel Sabine Fecke. „Wenn wir was machet, machte mir’s recht“, lautet Hubers Credo bis heute.

Und da gab es vieles, das eben recht gemacht wurde, seien es die Kinonachmittage oder das Kinder-Varieté. Erst jüngst waren im Kinderhaus junge Künstler auf den Spuren des Malers Joan Miró unterwegs. Auch der Aufbau des dringend benötigten Jugendtreffs Lauchhau-Lauchäcker fiel in Hubers Amtszeit. Er veranstaltete Ritterspiele, baute seit Jahren eine riesige Carrera-Bahn im Kinderhaus auf – und überraschte dann doch wieder. So setzte er 2008 die stolzen Sieger als Beifahrerin zwei echte Rennmobile. Also brausten die beiden Jungs in einem De Tomaso Pantera (320 PS) und einer Backdraft Racing Cobra (385 PS) über die einstige Solitude-Rennstrecke – natürlich in angemessener Geschwindigkeit. Am Ende der rasanten Fahrt blickten die Buben mit stolzer Miene in die Kamera des Fotografen, und Huber strahlte vielleicht am Ende sogar noch ein bisschen mehr.

Das nächste Lesefest wartet

Solche Aktionen sind Paradebeispiele dafür, wie er seine Arbeit im Kinderhaus Büsnau verstand. Nicht am Status quo festhalten, sondern auch erfolgreiche Projekte immer besser machen. Stolz wies der gebürtige Heslacher, der mittlerweile auch zweifacher Großvater ist, immer darauf hin, dass im Kinderhaus die Türen offen stünden und kein Regelwerk an der Wand hänge. Probleme? Fast Fehlanzeige. „Höflichkeit findet statt. Das wird nicht diskutiert“, lautet die heute noch gültige Ansage.

Und jetzt? Was macht Büsnau denn bloß ohne seinen König? Natürlich gibt ein guter König das Regierungszepter weiter. Martin Krüger heißt sein Nachfolger im Kinderhaus. Doch ein echter König geht eben nie so ganz. „Ich bleibe euch noch ein bisschen erhalten“, verkündet Frank Otto Huber zum Schluss. Das nächste Lesefest wartet ja schon, einen Kindertriathlon will er ins Leben rufen. Die „Untertanen“ vernahmen das natürlich mit Freude.