Beliebt vor allem bei Kindern: Die Sesselbahn des Killesberg, die von 1950 bis 1990 lief. Foto: Ekbiw Wi/Stuttgart-Album

Wer hat’s erfunden? Die Schweiz! Auf der Schweizer Sesselbahn vom Typ VR 101 saß man seitwärts zur Fahrtrichtung und schwebte damit von 1950 bis 1990 gemächlich über den Killesberg. Auf der Facebook-Seite unseres Stuttgart-Albums fordern viele das Comeback des luftigen Gefährts.

Stuttgart - Wer hat’s erfunden? Die Schweiz! Auf der Schweizer Sesselbahn vom Typ VR 101 saß man seitwärts zur Fahrtrichtung und schwebte damit von 1950 bis 1990 gemächlich über den Killesberg. Auf der Facebook-Seite unseres Stuttgart-Albums fordern viele das Comeback des luftigen Gefährts.

Für Ursula Christ war es als Kind „das Größte“, wenn sie auf den Killesberg durfte, um dort mit der Sesselbahn zu fahren. „Darauf habe ich mich die ganze Woche gefreut“, schreibt sie auf der Facebook-Seite des Stuttgart-Albums. Auf sogenannten Seitwärtssesseln ging es in zehn Metern Höhe und in zehnminütiger Fahrt über das Tal der Rosen, über Fußwege und über Wasserspiele hinweg. „Meine Oma hatte immer Riesenangst“, notierte Anton Müller, „aber am Ende kaufte sie uns doch das Ticket.“

Siehe auch: Historische Fotos der Killesbergbahn

Seit den 1970ern werden keine Sesselbahnen vom Typ VR 101 mehr gebaut. Der Schweizer Hersteller Von Roll hat sie in den 1940ern als automatisch kuppelbare Einseilumlaufbahnen entwickelt. Dieses System ermöglichte das gefahrlose Auf- und Absteigen im Stillstand – dank des Kuppelns musste das Förderseil der restlichen Bahn nicht gestoppt werden. Die meisten „Likes“, also die meisten Daumen nach oben, bekam auf unserer Facebook-Seite Manuel Knatterflatter mit folgendem Urteil: „Sesselbahn, Einschienenbahn – es gab mal eine Zeit, da hatte die Stadt echt was zu bieten für Touristen. Wer ist denn dafür verantwortlich, dass alles verschwunden ist?“

Bei der Deutschen Gartenschau im Jahr 1950 hatte der VR 101er auf dem Killesberg Premiere. Kinder, die sich nicht so viel aus Blumen machten, konnten mit der Aussicht auf eine Fahrt mit der Seilbahn für den Killesberg-Ausflug begeistert werden. Bei Besuchern war der Sessellift beliebt, nur die Anwohner protestierten immer heftiger, weil sie sich am Quietschen störten. Auch die Planer der Internationalen Gartenausstellung (Iga) stellen sich dagegen. Die Stelzen würden das Gelände verschandeln. So kam 1990 das Aus. „Klammheimlich“, stand damit in den Stuttgarter Nachrichten, wurde die Traditionsbahn abgebaut.

Die Sesselbahnen vom Typ VR 101 sterben nach und nach aus

Eine private Initiative will eine Dokumentation über die Geschichte der Killesberg-Sesselbahn erstellen und freut sich über viele Mails und Briefe, die sie auf den Aufruf im Stuttgart-Album bekommen hat. Erinnerungen an das „herrliche Gefühl, über Flamingos zu schweben“, werden wach. Eine Forderung wiederholt sich immer wieder: Gebt dem Killesberg die Sesselbahn zurück!

Matthias Engel, der Sprecher der Killesberg-Initiative, ist skeptisch: „Eine moderne Sesselbahn hätte nicht mehr den Charakter einer idyllischen Park-Seilbahn, und ihr Betrieb wäre viel zu teuer.“ Das Schweben über den Höhenpark möge faszinierend sei – doch der Neubau einer Seilbahn wäre für den heutigen Killesberg-Park „wohl eine Nummer zu groß“. Die Stadt Stuttgart aber würde sich dank der einzigartigen Topografie „bestimmt für die ein oder andere urbane Seilbahn anbieten“, meint Engel.

Die Sesselbahnen vom Typ VR 101 sterben nach und nach aus. Die Entwicklung ist weitergegangen. Das alte System, das zu den prägenden Kindheitserinnerungen von vielen Stuttgartern zählt, läuft aber noch auf dem Mückenberg in Tschechien. Original-Gondeln vom Killesberg befinden sich heute im Fundus des Vereins Stuttgarter Historische Straßenbahnen. Denn in der Anfangszeit wurde der Sessellift von der SSB betrieben – die schwebende Bahn, von der viele Menschen in der Kesselstadt träumen.

Im Silberburg-Verlag sind zwei Bücher zu unserer Serie „Stuttgart-Album“ erschienen. Diskutieren Sie mit unter: www.facebook.com/Album.Stuttgart.