Dicke Luft zwischen Verkehrsminister Winfried Hermann (links) und Wolfgang Dietrich: Der Grünen-Politiker würde den S-21-Projektsprecher am liebsten ablösen. Foto: Leif Piechowski

Angeblich wünscht Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) seine Ablösung.

Stuttgart - Der Mann sprach Rüdiger Grube bei einem öffentlichen Termin des Bahn-Chefs an. Er habe neue Ideen für das Stuttgart-21-Kommunikationsbüro, außerdem wolle er den Job des bisherigen S-21-Sprechers Wolfgang Dietrich übernehmen, erklärte der Bewerber. Seitdem hat Grube, den seit Jahren ein vertrautes, freundschaftliches Verhältnis mit Dietrich verbindet, ein Problem mehr.

Mit einer kategorischen Absage hätte Grube die Personaldiskussion im Ansatz ersticken können. Doch zu der Zeit, als der Bewerber auftauchte, war sich Dietrich selbst noch unsicher, wie lange er den aufreibenden Job noch macht. Der Bewerber kam in die Warteschleife, durfte sich aber immerhin auf Vorstandsebene präsentieren.

Auf Anfrage unserer Zeitung sagt der Bewerber: „Kein Kommentar.“ Indirekt bestätigt der Medienexperte den Sachverhalt aber. Sein Interesse an einem neuen Arbeitsplatz ist legitim. Trotzdem wird daraus ein Politikum. Die Grünen in der Landesregierung machen nämlich kein Hehl mehr daraus, dass sie mit der Person Dietrich ein Problem haben – während der Koalitionspartner SPD im Schulterschluss mit Stuttgarter CDU-Politikern sowie der Bahn zu Dietrich steht.

Setzt sich Hermann durch?

Nachdem S 21 in der Volksabstimmung im November 2011 bestätigt worden ist, habe das Kommunikationsbüro „aus Sicht des Landes eine neue Aufgabe“, sagt Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) unserer Zeitung. „Es geht nicht mehr darum, in der Auseinandersetzung einseitig Position zu beziehen, sondern für möglichst viel Transparenz, Information und kritische Begleitung im Interesse der Bürger zu sorgen.“ Die Kritik an Dietrich ist unüberhörbar.

„Der Minister wünscht eine andere Lösung an der Spitze des S-21-Büros, das weiß ich von ihm aus erster Hand“, bestätigt ein einflussreicher Landespolitiker. Noch ist unklar, ob sich Hermann durchsetzt. Im Augenblick sieht es nämlich so aus, als gehe der jetzige S-21-Sprecher als Sieger vom Platz. „Herr Dietrich war, ist und bleibt Sprecher des Bahnprojekts Stuttgart–Ulm“, erfährt man am Donnerstag aus der Führungsspitze der Deutschen Bahn AG. „Ich werde die Aufgabe als Sprecher selbstverständlich weiter ausüben“, bekräftigt Dietrich. Über die Bewerbung sei er informiert, mehr nicht.

Grüne wollen Profil schärfen

Auch zu seinem angespannten Verhältnis zu Minister Hermann äußert sich Dietrich nicht. Der 63-jährige Unternehmer, der den Posten des S-21-Sprechers im September 2010 von Wolfgang Drexler (SPD) übernommen hatte – erst ehrenamtlich, seit Anfang 2012 mit nicht veröffentlichter Vergütung –, weiß wohl, dass sich der Grünen-Politiker am Ende womöglich doch noch durchsetzen könnte. Nicht heute oder morgen, aber übermorgen.

Das liegt in erster Linie daran, dass die Bahn stark daran interessiert ist, dass die grün-rote Landesregierung ihre seit der Landtagswahl im März 2011 ruhende Mitgliedschaft im Trägerverein des Kommunikationsbüros wieder aktiv wahrnimmt.

Es herrscht Sendepause

Erste Gespräche zu diesem Thema seien gut verlaufen, meint Hermann. „Nun zeichnet sich ab, dass die Bahn vorerst keine Änderung wünscht.“ Nach Informationen unserer Zeitung ist man darüber bei der Bahn ziemlich pikiert. Es herrscht Sendepause. Die Bedingung für das Land für eine Teilnahme an der S-21-Kommunikation sei klar, heißt es im Umfeld Hermanns klipp und klar: „So wie bisher geht es nicht weiter.“

Politische Beobachter vermuten, dass die Grünen mit Blick auf den nahen Filderdialog und die Stuttgarter OB-Wahl im Herbst ihr Profil als S-21-Kritiker schärfen wollen und darum auf Konfrontationskurs zu Dietrich gehen. Konsequenterweise melden sich zwei einflussreiche CDU-Männer zu Wort und brechen eine Lanze für Dietrich.

„Wir sehen keinen Anlass, über die Person Wolfgang Dietrich zu diskutieren; er macht einen guten Job“, sagt der Sprecher von OB Wolfgang Schuster (CDU). Auch Regionalpräsident Thomas Bopp (CDU) bewertet Dietrichs Arbeit „sehr positiv“. Bei Stadt und Region hat man die Sorge, dass sich die Bahn mit dem Land nicht mehr verständigt und aus Frust die S-21-Kommunikation alleine übernimmt und auf eine reine Baustellen-Pressearbeit reduziert. Dann wäre Dietrichs Mission wohl ebenfalls beendet.