Die Pfahlgründung des Tiefbahnhofs sieht nicht spektakulär aus, ist für die Stabilität des Bauwerks aber essenziell. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Um den Tiefbahnhof im Untergrund zu sichern werden spezielle Pfähle hergestellt. Im Schlossgarten wurde am Donnerstag der letzte eingebracht.

Stuttgart - Jedes mal, wenn der sechs Tonnen schwere Betonklotz in der Stahlröhre nach unten fällt, zittert die Erde kurz. Einige Dutzend Schläge sind nötig, dann ist der etwa acht Meter in den Untergrund führende Hohlraum für den letzten von insgesamt 2053 Rammpfählen im Schlossgarten bereitet. Er wird mit Stahl und Beton verfüllt. Ganz oben wird die meterdicke Bodenplatte für den Tiefbahnhof anknüpfen. Im Verbund schaffen Pfähle und Platte das tragfähige Fundament für die 28 Dachstützen.

Ihren letzten Rammpfahl mit 51 Zentimeter Durchmesser hat die Firma Franki Spezialtiefbau am Donnerstag mit einer Flasche Sekt begossen. „Unsere Mannschaft hat hier 20 000 Arbeitsstunden geleistet, ich danke dem Bauherrn für die gute Zusammenarbeit“, sagt Franki-Geschäftsführer Harald Steltner. Die Spezialpfähle, die das Erdreich verdichten und am Fuß aufgeweitet sind, können bei geringerer Länge mehr Last als Bohrpfähle tragen. 1923 hat sie der Belgier Edgard Frankignoul entwickelt. Das Patent ist längst abgelaufen, der Name aber blieb – genauso wie das vielfältige Einsatzgebiet.

Pfähle auch für Mercedes

In Stuttgart stehen auch Mercedes-Arena und -Museum auf dieser speziellen Gründung, dazu bundesweit viele Windkraftanlagen. Die speziellen Pfähle tragen nicht nur Last ins Erdreich ab, sie sollen auch verhindern, dass die 447 Meter lange und 80,60 Meter breite Stuttgart-21-Bahnhofshalle, die quer im Tal liegt, bei einem zweihundertjährigen Hochwasser im Bereich des Nesenbachs auftreibt. Dazu gab es im Mai 2016 Zugversuche mit bis zu 2400 Kilonewton bei drei Probepfählen. Die Vorgaben der Bahn lauten zudem, dass sich das Bauwerk weniger als 30 Millimeter senken darf und die Setzungsdifferenzen auf jeweils 20 Meter weniger als zehn Millimeter betragen.

Schwieriger Baugrund

Mit der speziellen Gründung reagierte die Bahn auch auf den vielfältigen Untergrund. Bis zu fünf Schichten wurden durchschnitten, eiszeitlicher Wanderschutt und Wanderlehm sowie Auffüllungen gehörten dazu, auch Grabfelder. Der inhomogene Baugrund war statisch kein einfaches Feld. Auch deshalb habe man zum patentierten Pfahl gegriffen, sagt Michael Pradel, der DB-Projektleiter für den Hauptbahnhof. Im Norden, wo die Stadtbahnröhren überbrückt wurden und an anderen Stellen gibt es Mischgründungen, sodass zu den 2053 Ramm- noch rund 500 Bohrpfähle kommen. Mit den 17 Kilometern Rammpfählen habe man gegenüber Bohrpfählen auch rund 8500 Tonnen Kohlendioxid vermieden, sagt Harald Steltner. Leider spiele dieser Aspekt bei Ausschreibungen in Deutschland keine Rolle. „Hier geht es nur um die Kosten“, so Steltner.