Der Tiefbahnhof wird nicht den Schienen-, sondern den Autoverkehr befördern, sagen seine Gegner. Das würde zu mehr Schadstoffen führen.

Stuttgart - Der Bau des Tiefbahnhofes beim Projekt Stuttgart 21 wird für mehr Feinstaub und Stickstoffdioxid sorgen als der Betrieb des Kopfbahnhofes. Das haben Mitglieder des Aktionsbündnisses gegen S 21 am Montag erklärt. Sie stützen sich dabei auf eine Studie des Verkehrsberaters Karlheinz Rößler aus München.

Rößlers Grundannahme lautet, dass die begrenzte Zugkapazität im nur achtgleisigen Tiefbahnhof das Verkehrswachstum in Stuttgart und den angrenzenden Landkreise nicht aufnehmen kann, ein Umstieg auf die Bahn also verhindert wird. In den nächsten 30 Jahren, so Rößlers Betrachtungshorizont, werde es beim Straßenverkehr einen Zuwachs geben. Vor allem in der Filderregion, wo 400 000 Einwohner bessere Straßenverbindungen (Ausbau der A 8 auf acht Spuren) erhielten, aber von der S-Bahn abgeschnitten blieben, werde der Autoverkehr stark zunehmen.

Zig Tonnen Schadstoffe zusätzlich

In der Summe werde S 21 im betrachteten Gebiet innerhalb von 30 Jahren für rund 23,1 Milliarden zusätzliche Fahrzeugkilometer verantwortlich sein, aus denen sich in diesem Zeitraum zusätzlich zwischen 559 und 747 Tonnen Feinstaub und 600 bis 1700 Tonnen Stickstoffdioxid entwickelten. Die Spannweite ergibt sich aus zwei Annahmen: einer Zusammensetzung der Fahrzeugflotte wie heute, also dem Scheitern der E-Mobilität, oder dem vollständigen Austausch der Flotte durch E-Mobile (geringere Werte). Der hohe Anteil von Bremsen- und Reifenabrieb und die Aufwirbelung von Straßenstaub seien und blieben Hauptursache der Staubbelastung.

Die Ärztin Angelika Linckh verwies auf laut Umweltbundesamt rechnerisch 6000 vorzeitige Todesfälle in Deutschland durch die Luftschadstoffbelastung und die Wirkung von Ultra-Feinstäuben, die in Lunge und Blutbahn vordringen können.

S 21 ein Klimaskandal

Stuttgart 21 ist aus Sicht von Werner Sauerborn, Geschäftsführer des Aktionsbündnisses, ein Klimaskandal. Peter Erben von der Bürgerinitiative Neckartor bezeichnete Stuttgarts OB Fritz Kuhn (Grüne) als „verkehrspolitischen Irrläufer“. Kuhn ignoriere die Gefahren von S 21 und stelle den Schutz der Autofahrer über den Gesundheitsschutz der Bevölkerung. Der OB versuche, trotz Fahrverbotsurteils aus Leipzig, Zeit für Autofahrer zu schinden.

Das Aktionsbündnis konnte am Montag seine Sicht der Dinge in der kleinen Schalterhalle des Hauptbahnhofs vortragen. Die Bahn habe sich nach anfänglichem Widerstand der Entscheidung der Stadt für die Genehmigung gebeugt und kooperiere, so Sauerborn. Durch den Vortrag von Rößler werde der Bahnhofsbetrieb nicht gestört.