Auch bei den Feierlichkeiten zum 3. Oktober in Stuttgart demonstrierten Gegner von Stuttgart 21. Foto: dpa

Die Gegner des Bahnprojekts Stuttgart 21 wollen mit ihrem vergangenen Samstag gestarteten Bürgerbegehren „Storno 21“ erreichen, dass die Landeshauptstadt den Finanzierungsvertrag mit der Bahn kündigt.

Stuttgart - Die Gegner des Bahnprojekts Stuttgart 21 wollen mit ihrem vergangenen Samstag gestarteten Bürgerbegehren „Storno 21“ erreichen, dass die Landeshauptstadt den Finanzierungsvertrag mit der Bahn kündigt. Dazu habe die Stadt allen Grund, sagen die S-21Gegner. Ihr Vorwurf: Die Bahn wisse spätestens seit dem 25. März 2011, dass Tiefbahnhof und Tunnel nicht für die im Vertrag festgeschriebenen 4,5 Milliarden Euro baubar seien, sondern mindestens 5,7 Milliarden gebraucht würden. Am 25. März 2011 hatte der damalige Projektchef Hany Azer bahnintern eine 121 Risikopunkte umfassende Liste vorgelegt.

Bahnchef Rüdiger Grube und DB-Infrastrukturvorstand Volker Kefer hätten die Finanzierungspartner viel zu spät, nämlich erst im Dezember 2012, über die Kostenexplosion unterrichtet. Zur Volksabstimmung im November 2011, bei der es um die Landesbeteiligung am Projekt (930 Millionen Euro) ging, hätten die Vorstände entgegen der vorliegenden Erkenntnisse sogar einen Puffer von 350 Millionen Euro genannt. Azers Mehrkosten von 1,265 Milliarden Euro seien verschwiegen worden.

Gegner sprechen von Wirtschaftskriminalität

Die S-21-Gegner haben bei einer Pressekonferenz im Kunstverein verbal großes Geschütz aufgefahren. Das Zurückhalten der Erkenntnisse über die Mehrkosten aus dem Azer-Papier sei „ein Fall schwerer Wirtschaftskriminalität der Bahn-Verantwortlichen“, sagte der Jurist Eisenhart von Loeper. Die Pflichtverletzung könne für die Beteiligten strafrechtliche Konsequenzen haben. Von Loeper spricht von „kriminellen Auswüchsen“, das Projekt beruhe auf einer „Milliardentäuschung“. Die in Berlin noch anhängige Strafanzeige gegen die Vorstände will er ergänzen.

Landes-Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) hatte die Herausgabe der Azer-Liste im Dezember 2012 gefordert. Damals sprang das Projekt auf 6,5 bis 6,8 Milliarden Euro. Und der Bahn-Aufsichtsrat verpflichtete den Vorstand dazu, bei den Projektpartnern eine Beteiligung an den Mehrkosten einzuklagen.

Den Ingenieuren 22, eine der Gegnergruppen, liegt das 130 Seiten starke Werk von Azer vor. Es offenbare den „ungeheuren Kostenbetrug vor der Volksabstimmung und die stümperhafte Planung der Bahn“, sagt der Ingenieur Hans Heydemann. Azer habe eine gute Grundlage geliefert, obwohl viele Risiken nicht als Zusatzkosten in die Kalkulation eingeflossen seien. „Wenn Herr Grube der ehrliche Hanseatische Kaufmann wäre, der er zu sein vorgibt, hätte er das Projekt damals beenden müssen“, so Heydemann.