Bahn-Infrastrukturchef Ronald Pofalla (Mitte) erläutert die Digitalstrategie der Bahn. Daneben Minister Winfried Hermann (li.) und OB Fritz Kuhn, beide Grüne. Foto: Lichtgut/Leif 0

Wer aus Singen kommt oder dorthin will wird künftig zunächst in Stuttgart-Vaihingen umsteigen müssen.

Stuttgart - Die Protagonisten des Bahnprojekts Stuttgart 21 haben am Montag nach der Sitzung des S-21-Lenkungskreises Einigkeit demonstriert und vor allem das Thema neue Zugsteuerung (ETCS) in den Vordergrund gestellt. Bei S 21 ist die digitale Ausstattung für den Fernverkehr beschlossene Sache. Für den Nahverkehr und die S-Bahn in der Region soll sie nun auch kommen und zu zehn Prozent mehr Kapazität und größerer Pünktlichkeit führen. Sie kostet mehrere hundert Millionen Euro. Die „digitale Intelligenz“ soll laut Regionalpräsident Thomas Bopp (CDU) eine zweite Stammstrecke der S-Bahn unter Stuttgart ersetzen. Bahn, Land und Stadt erwarten vom Bund eine Finanzierungszusage.

Bei der Pressekonferenz sprach Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) davon, dass der Baufortschritt bei Stuttgart 21 „im wesentlichen im Plan“ sei, es gebe keine überraschende Verzögerung. Ende 2018 hatte die Bahn die Fertigestellung von Ende 2021 auf Ende 2025 geschoben und sich so Luft verschafft. Allerdings gilt das nicht für den Anschluss des Landesflughafens an die Neubaustrecke. Der für ICE und Regionalzüge gedachte Tiefbahnhof am Flughafen solle zeitlich „nicht vom Projekt entkoppelt“ werden, so Hermann. Die Bahn wartet auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs am 20. November zu zwei Klagen gegen die Genehmigung dieses Anschlusses. Es sei „völlig unbekannt, in welche Richtung die Entscheidung geht“, so Hermann.

Am Airport kein Zeitpuffer

Der Zeitplan am Airport ist eng. Der Rohbau muss Ende 2019 beginnen, damit der ICE-Halt Ende 2025 ans Netz gehen kann. Der Flughafen sei „der einzig wirkliche Problembereich“, so der Minister.

Für den zweiten Teil des Flughafen-Anschlusses gibt es schon seit März 2015 eine politische Einigung. Züge von Singen, die über die Gleise der S-Bahn kommen, sollen an den Terminals ein eigenes Gleis bekommen. Es gibt aber keine genehmigte Planung. Beim dort erwarteten Zeitverzug „geht es eher um Jahre“, räumte Hermann ein. Die Bahn nennt seit Anfang 2018 für den Gäubahn-Anschluss keinen Fertigstellungstermin mehr. So lange der Anschluss fehlt, werden Züge der Gäubahn voraussichtlich in Stuttgart-Vaihingen enden. Der S-Bahnhof dort soll ausgebaut werden. Reisende zum Flughafen und zum Hauptbahnhof sowie nach Singen müssen dann auf die S-Bahn wechseln. Sie verlieren im Vergleich zu der durch Stuttgart 21 versprochenen Beschleunigung erheblich Zeit.

Kein Schutz mehr für Eidechsen

Als quasi erledigt erklärte Hermann den Artenschutz für Eidechsen bei Bau des Abstellbahnhofs im Neckartal. Die geschützten Tiere sollen nicht umgesiedelt werden, sondern „auf den Flächen verbleiben“.

Positive Nachrichten verkündeten Bahn-Infrastrukturvorstand Ronald Pofalla für den Anschluss der bestehenden Bahn-Infrastruktur bei Wendlingen an die ICE-Strecke. Dort sei man „im Zeitplan“, so Hermann. Zerstreut habe die Bahn Befürchtungen über die Konsequenzen eines ICE-Brandes im Tiefbahnhof. Anlass war der Brand eines Waggons Mitte Oktober auf freier Strecke zwischen Köln und Frankfurt. Der Tiefbahnhof sei laut Bahn „für einen brennenden ICE ausgelegt“, so OB Fritz Kuhn.

Nicht beantworten wollte Pofalla Fragen nach Gesprächen mit dem Bahn-Eigner Bund über die Finanzierung von S 21. Die Bahn hat Land, Stadt und Flughafen nach der Kostenexplosion auf Zahlung einer Milliardensumme verklagt. Bahnchef Richard Lutz wollte mit dem Bund sprechen, wie man den Prozess vermeiden könne.