Die einzige Schäferin der Gemeinde Kernen: Christine Brencher Foto: Patricia Sigerist

Die Streuobstwiesen im Gebiet Schalzberg in Stetten werden freigeschnitten. Aber auch Schafe helfen mit, um das offene Gebiet als Streuobstwiesen zu erhalten.

Kernen - Die fleißigen Vierbeiner heißen so ungewöhnlich wie „Sweeny-Todd“ – nach einem fiktiven Serienmörder im Buch, Fernsehen und auf der Bühne – oder „Netti vom Mäusberg“. Auch „Flecki“, „Lisa“ und „Kleo“ können bald ihre Aufgabe anpacken: Es gilt, das Gebiet Schalzberg oberhalb von Stetten auf Dauer abzuweiden. Fünf zuverlässige Schafe reichen laut der Schäferin von Stetten, Christine Brencher, aus, um 1,5 Hektar offenes Gebiet als Streuobstwiesen zu erhalten. Örtliche Akteure sollen das Gebiet nutzen und pflegen, um das charakteristische Landschaftsbild des Landkreises zu bewahren und den Lebensraum für zahlreiche Arten zu sichern.

Die gröbste Arbeit muss der Mensch erledigen

Die gröbste Arbeit allerdings muss zuvor der Mensch erledigen. Mit Freischneidern und Motorsägen gehen von diesem Freitag an die erfahrenen Kräfte des Landschaftserhaltungsverbandes Rems-Murr-Kreis (LEV), des Landschaftspflegetrupps der Diakonie Stetten mit der Unterstützung des Maschinenrings daran, Büsche und Gestrüpp zu beseitigen. 20 000 Euro stehen für die Kosten beim LEV bereit. Der Gemeinderat Kernen hat weitere 16 000 Euro in den Haushaltsplan eingestellt. Zwischen zehn und 15 behinderte Mitarbeiter aus den Remstalwerkstätten der Diakonie Stetten werden für die Pflege der Flächen eingesetzt, die, wie der Bauamtsleiter in Kernen, Horst Schaal, sagt, „in hervorragender Zusammenarbeit“ mit der Gemeindeverwaltung schon unterwegs sind.

Ausreichend viele Grundstücksbesitzer haben der Beweidung zugestimmt. Sie bekommen ein „Rund-um-sorglos-Paket“, wie sich vor einiger Zeit Meike Andruschkewitsch, die LEV-Geschäftsführerin, äußerte. Es gebe „keinen Haken“. So sollen die Rodungsarbeiten für die Besitzer der Stückle kostenlos sein. Der lästige Brombeerbewuchs, der heute die Flächen kennzeichnet, wird kein Thema für die Grundstücksbesitzer mehr sein, ebenso werde der Besuch von Wildschweinen nachlassen, wurde damals versprochen. Denn Brombeerhecken und hohes Gras seien bisher ein Paradies für die Paarhufer. „Kostenlos – kaum zu glauben“, kommentierte der Bauamtsleiter und Beigeordnete in Kernen, Horst Schaal, jüngst. „Ich habe selbst noch drei Wiesen und wäre froh, wenn ich sie nicht mähen müsste.“

Schafbeweidung ist in Kernen nichts neues

Die auf die Rodungsarbeiten folgende Schafbeweidung ist in Kernen nichts neues mehr. Schafe sieht man schon am Beibach und im Haldenbachtal, im Gebiet Kammerforstheide zum Beispiel. Die gelernte Landwirtin Christine Brencher ist begeistert über die Arbeit ihrer vierbeinigen Rasenmäher, die die Apparate weitgehend, wenn auch nicht ganz, ersetzen. „Schafe werden überall gebraucht“, sagt sie und freut sich über die Blumenwiesen, die auf einst vernachlässigten Flächen entstehen. „Die Beweidung tut den Wiesen gut. Es gibt viele Kräuter dort.“ Ein englischer Rasen ist auf dem Schalzberg also nicht zu erwarten, man muss auch mit Disteln rechnen, und vor allem – zur rechten Jahreszeit – mit bunten Frühlingsboten. Es erfüllt Christine Brencher mit Stolz, „wenn man solche Blumen drauf sieht. Spaß macht es, aber es kostet einen Haufen Zeit.“ Ihre auf 18 Tiere angewachsene Herde der Rassen Krainer Steinschafe und Coburger Fuchsschafe ist dem reinen Hobby entwachsen: „Ich hoffe, dass durch die Übernahme von Beweidungen auch ein bisschen Geld reinkommt.“

Die Schäferin setzt, wie schon vom Schäfer in der Kammerforstheide zu sehen, mobile Zäune, um Weideflächen abzugrenzen. Die Gemeindeverwaltung hat die Aufgabe übernommen, die Schäferin bei der nötigen Ausrüstung zu unterstützen. Damit erhaltenswerte Bäume geschützt sind, werden sie durch die Schäferin „gut eingepackt“. Draht im Abstand von einem Meter hält die hungrigen Mäuler fern: „Junge Bäume werden sonst von den Schafen geknabbert“, sagt Christine Brencher.