Die Abladestation der Bittenfelder Fruchtsäfte in Waiblingen kann noch einige Äpfel aufnehmen. Foto: Gottfried Stoppel

Auf ein ertragreiches Apfeljahr folgt gewöhnlich ein Jahr mit weniger Streuobst. Der späte Frost im April hat jedoch die Apfelernte noch zusätzlich ausgedünnt. In Bittenfeld greift man deshalb auf die Reserven vom letzten Jahr zurück.

Waiblingen - Ein einziges Auto fährt von der Waage zur Abladestation für die Äpfel bei Bittenfelder Fruchtsäfte Petershans in Waiblingen. Ein älterer Mann steigt aus und trägt einen halb vollen Sack mit kleinen roten Äpfeln zu einer leeren Holzkiste. „Des isch net amol n Zentner des Johr“, stellt er fest. Er sei schon froh, wenn er dafür 30 Liter Apfelsaft bekäme, sagt er und packt seinen leeren Sack wieder in den Kofferraum des Autos zurück.

Was die Apfelernte angeht, ähneln sich die Bilder in diesem Jahr wohl bei allen Mostereien im Rems-Murr-Kreis. Die Sammelstationen sind verwaist, die privaten Stücklesbesitzer brauchen keine Anhänger, um ihre magere Ausbeute zur Mosterei zu bringen, und die Kreisstädte sagen ihre traditionellen Obstversteigerungen ab, weil der Ertrag 2017 einfach zu gering ist. Der strenge Frost, der Ende April einen Großteil der Obstbaumblüten erfrieren ließ, ist dafür nur ein Grund. „Im vergangenen Jahr gab es sehr viele Äpfel und anderes Obst“, erklärt Jürgen Petershans, der den Familienbetrieb Bittenfelder Fruchtsäfte im Jahr 1994 von seinem Vater übernommen hat.

Reserven aus dem Vorjahr sollen den Ernteausfall ausgleichen

Weil die Apfelernte im vergangenen Jahr sehr gut ausgefallen war, sei es ganz normal, dass heuer der Ertrag zurückgegangen sei. Dass aber ausgerechnet in diesem ertragsärmeren Jahr auch noch der Frost so unerbittlich zugeschlagen hat, sei einfach Schicksal, daran könne man halt nichts ändern, erklärt der 50-Jährige. Probleme, die Nachfrage seiner Kunden zu befriedigen, habe er aber dennoch nicht. Eiserne Reserven, die er im vergangenen guten Jahr angelegt hat, würden ihm jetzt zugutekommen, erklärt der studierte Getränketechnologe.

Meist lege er diese Reserven in Form von Fruchtsaftkonzentrat an. Dabei wird dem Direktsaft in einem komplizierten Vakuumverfahren das Wasser entzogen und übrig bleibt dann das dickflüssige Saftkonzentrat, das, wegen des hohen Zuckergehalts, eine gute Haltbarkeit aufweist. Im sterilen Behälter gelagert, hilft das Konzentrat dem Bittenfelder Fruchtsafthersteller so, den Ernteausfall in diesem Jahr auszugleichen. „Manchmal kaufe ich natürlich auch Äpfel aus anderen Regionen zu“, erklärt Jürgen Petershans, allerdings nicht für den speziellen Waiblinger Apfelsaft. Schließlich kämen in den nur Äpfel, die auf Waiblinger Boden gereift seien.

In diesem Jahr zählt jeder Apfel

Ein solch schlechtes Apfelerntejahr wie 2017 habe es allerdings zuletzt 1991 gegeben, berichtet Petershans und fügt hinzu, dass er zurzeit maximal fünf Tonnen Streuobst pro Woche angeliefert bekäme. Im vergangenen Jahr hätten die Obstbauern die selbe Menge an manchen Tagen in einer Stunde durch seine Gitter geworfen. „Normalerweise stehen die Traktoren und Anhängergespanne drüben auf dem Feldweg in langen Schlagen im Stau, bis sie ihre Äpfel hier abgeben können“, erzählt der erfahrene Moster. Wenn jetzt mehrmals am Tag ein Kleinwagen angefahren komme, sei das schon viel. Dass der Apfelsaft für den Endkunden wegen der spärlichen Ernte dramatisch teurer werden könnte, sieht Jürgen Petershans nicht. Der Preis pro Liter könnte sich vielleicht um ein paar Cent erhöhen, damit müsse man eben rechnen. Bei der Vergütung der angelieferten Menge an Streuobst orientiere er sich an den Preisen der anderen Abnehmer. „Da muss ich schon mithalten, schließlich will ich so viele Äpfel wie möglich haben, wenn es schon so wenige gibt in diesem Jahr.“

Der ältere Mann verlässt mit zwei Kisten Apfelsaft den angeschlossenen Getränkeladen. Für ihn hat sich das Apfelauflesen gelohnt, auch wenn es nicht einmal ein Zentner war.