Auf Grundlage des Bebauungsplanes „Am Containerbahnhof Süd“ wurde die Mehrzweckhalle (Mitte) gebaut. Mit seiner Klage gegen die Baugenehmigung für die Halle war der Stammheimer Bürger im Jahre 2016 vor dem Amtsgericht Stuttgart gescheitert. Seine Klage gegen den zugrunde liegenden Bebauungsplan hatte nun vor dem Verwaltungsgerichtshof in Mannheim Erfolg. Foto: Werner Kuhnle

Ein Stammheimer hat das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg gegen ein Industrie- und Gewerbegebiet auf Kornwestheimer Gemarkung gewonnen. Das Gericht erklärte den Bebauungsplan „Am Containerbahnhof Süd“ für rechtswidrig.

Stammheim - Die Freude aufseiten der Stammheimer ist groß. „Das höchste Gericht in Baden-Württemberg hat zu unseren Gunsten entschieden – das ist Freude und Genugtuung“, sagt Anne Gabius, die Vorsitzende des Bürgervereins Stammheim. Der Verein unterstützt einen Bürger aus Stammheim Nord, der in der Nähe des Containerbahnhofs wohnt und vor rund vier Jahren Klage gegen die Stadt Kornwestheim eingereicht hat. Der Mann wehrte sich dagegen, dass in unmittelbarer Nähe zur Wohnbebauung ein neues Industrie- und Gewerbegebiet am Containerbahnhof entsteht.

Am 11. Juni hat der dritte Senat beim Verwaltungsgerichtshof in Mannheim entschieden, dass der Bebauungsplan für das Gebiet „Am Containerbahnhof Süd“ „unwirksam“ ist. Eine Revision beim Bundesverwaltungsgericht haben die Richter zugelassen. Eine detaillierte Urteilsbegründung steht noch aus. Sie wird in den kommenden Wochen erwartet und liefert die Gründe, die zur Entscheidung des Gerichts geführt haben. Aus ihr lassen sich Konsequenzen des Urteils ableiten.

Urteilsbegründung abwarten

Bei der Kornwestheimer Verwaltung ist die Laune entsprechend: „Es ist klar, dass wir über das Urteil nicht sonderlich begeistert sind“, sagt Johannes Hartmann, der Leiter der Fachabteilung Planen und Bauen bei der Stadt Kornwestheim. Ohne vorliegende Urteilsbegründung sei es jedoch schwer zu sagen, woran genau es gelegen habe, dass der Senat den Bebauungsplan für unwirksam erklärt hat. Zunächst wolle man die Urteilsbegründung abwarten, diese in Ruhe bewerten und davon abhängig machen, ob man in Revision gehe, oder nicht. „Dass das Gericht die Revision zugelassen hat, ist für uns ein Indiz dafür, dass es noch offene Punkte gibt“, sagt Hartmann.

„Im Grundsatz haben wir gewonnen“, sagt Gabius, die mit zahlreichen Stammheimern zur Verhandlung nach Mannheim gereist war und den Einsatz der Mitstreiter und auch der zahlreichen Spender lobt, die die Klage finanziell unterstützt haben. „Der Richter hat deutlich gemacht, dass ein Bebauungsplan, der ein Industriegebiet direkt neben einem gewachsenen Wohngebiet vorsieht, unzulässig ist.“ Die Stadt Stuttgart hat Teile des Wohngebietes Sieben Morgen planungsrechtlich als Mischgebiet ausgewiesen, wodurch höhere Lärmwerte möglich sind. Den Anwohnern wurde aber vertraglich untersagt, dort Gewerbe auszuüben (wir berichteten). Gabius: „Die Stadt Stuttgart wollte dadurch den Containerbahnhof in Kornwestheim ermöglichen, aber was sie damals gemacht hat, war rechtswidrig.“ Leidtragende seien Stammheimer Anwohner. Es gelte nun, für entsprechende Lärmschutzmaßnahmen zu sorgen.

„Kornwestheim in die Schranken gewiesen“

Den Richterspruch wertet Gabius als Signal in die richtige Richtung: „Wir haben es geschafft, ein nachhaltiges Urteil zu erwirken und die Stadt Kornwestheim in die Schranken zu weisen“. Das Urteil habe auch Auswirkungen auf das weitere Vorgehen der Nachbarkommune: „Kornwestheim kann nun nicht mehr ein Gebiet nach dem anderen auf Kosten der Stammheimer Bürger verwirklichen und mittels Salamitaktik ein großes Güterverkehrszentrum errichten“, sagt die Bürgervereinsvorsitzende. „Wir werden uns überlegen, notfalls auch den Bebauungsplan Sigelstraße anzugreifen.“ Gleiches gelte im Zweifel fürs Gewerbegebiet Südwest.

Anne Gabius hofft vor allem aber, dass langfristig ein Zustand erreicht wird, dass der Stammheimer Bezirksbeirat und die Bürger in Projekte von Kornwestheim einbezogen werden, wenn es um Lärmschutz und Verkehr geht. „Wir sind ein ernst zu nehmender Kommunikationspartner und wollen, dass die Stadt Stuttgart unsere Interessen mit Nachdruck vertritt“, sagt sie. „Und wir sind Kornwestheim nicht feindlich gesinnt, sondern wir wollen konstruktiv in die Planungen einbezogen werden.“ Gremien wie der Bezirksbeirat in Stammheim seien bislang weder ausreichend informiert noch involviert worden. „Ich hoffe, dass sich das ändert, denn die Beteiligung der Bürger ist wichtig!“

Anregungen aus Stammheim nicht berücksichtigt

Das sieht auch Stammheims Bezirksvorsteherin Susanne Korge so: „Ich wünsche mir, dass man künftig die Bürger, den Bezirksbeirat und mich besser in die Planungen miteinbezieht.“ Der Bezirksbeirat hatte Anregungen zur Verbesserung der Situation gemacht, die seien aber nicht in Kornwestheims Planungen eingeflossen. Auch hätten weder Stuttgart noch Kornwestheim Lärmschutzmaßnahmen umgesetzt, obwohl Messungen erhöhte Werte ergeben hatten. „Die Anwohner in Stammheim leiden seit 20 Jahren unter dem Lärm aus Kornwestheim, und von Politik und Verwaltung gibt es nur tröstende Worte“, sagt Korge. „Ich finde es traurig, dass ein Bürger erst vor Gericht gehen muss, um sein Recht zu bekommen.“ Für die Zukunft wünsche sie sich ein besseres Miteinander der Kommunen. „Alle Beteiligten haben berechtigte Interessen. Aber nur, wenn man sich zusammensetzt und miteinander spricht, kann man zu einer guten Lösung kommen.“