Die Landesregierung kann sich freuen: Noch immer sprudeln die Steuereinnahmen Foto:  

Rund 1,4 Milliarden Euro Schulden will die Landesregierung bis Ende 2019 zurückzahlen. Die SPD und die FDP im Landtag fordern, mehr zu tilgen. Andernfalls wollen sie einer Verfassungsänderung nicht zustimmen.

Stuttgart - In den vergangenen Jahrzehnten hat Baden-Württemberg einen gewaltigen Schuldenberg aufgehäuft, derzeit liegt er bei rund 46,3 Milliarden Euro. In diesem und im nächsten Jahr soll er erstmals etwas abgetragen werden. Bis Ende 2019 will Grün-Schwarz 1,4 Milliarden Euro Kreditmarktschulden zurückzahlen. Das hat Finanzministerin Edith Sitzmann (Grüne) kürzlich nach der Bekanntgabe der Novembersteuerschätzung angekündigt.

Den SPD- und FDP-Abgeordneten im Landtag ist das zu wenig. 2017 habe die Landesregierung rund 643 Millionen Euro zu wenig getilgt und damit gegen die Haushaltsordnung verstoßen, kritisierten die Fraktionsvorsitzenden Andreas Stoch (SPD) und Hans-Ulrich Rülke (FDP) am Mittwoch in Stuttgart. Sie forderten Grün-Schwarz auf, mindestens 321,5 Millionen Euro zusätzlich für den Schuldenabbau verwenden. Lässt sich die Landesregierung bei den bevorstehenden Verhandlungen über den Nachtragshaushalt 2018/19 darauf nicht ein, dann wollen SPD und FDP einer geplanten Änderung der Landesverfassung nicht zustimmen. Derzeit berät eine Arbeitsgruppe darüber, wie die Schuldenbremse des Grundgesetzes auf die Verfassung Baden-Württembergs übertragen werden kann.

2017 Vorrang für die Sanierung

Ein Sprecher von Finanzministerin Sitzmann hat die Vorwürfe der Opposition umgehend zurückgewiesen. Das Land könne nur die Steuereinnahmen im Haushalt berücksichtigen, von denen es während der Aufstellung des Haushalts wisse, sagte er. Wenn sich die Einnahmen tatsächlich besser entwickelten, könne das nicht mehr im Haushalt berücksichtigt werden. Deshalb habe das Land 2017 nur 411 Millionen Schulden tilgen müssen. Diese Summe wurde allerdings nicht für die Rückzahlung von Schulden am Kreditmarkt verwendet, sondern für den Abbau sogenannter impliziter Schulden: Das Geld floss unter anderem in die Sanierung von landeseigenen Gebäuden, Straßen und Brücken sowie in einen kommunalen Sanierungsfonds. Der Landesrechnungshof habe die Schuldentilgung geprüft und nicht beanstandet, so der Sprecher.

Keine neuen Schulden ab 2020

Bund und Länder haben 2009 eine Schuldenbremse beschlossen, um die Staatsverschuldung zu begrenzen. Zu der Vereinbarung gehört, dass die Länder von 2020 an keine zusätzlichen Kredite mehr aufnehmen dürfen. Ausnahmen sind dann nur noch bei Naturkatastrophen oder in außergewöhnlichen Notsituationen möglich. Wie in einer solchen Lage verfahren werden soll, will Finanzministerin Sitzmann in der Landesverfassung regeln. Dafür benötigt sie eine Zweidrittelmehrheit, also auch die Opposition. SPD und FDP befürchten, dass Grün-Schwarz die geplante Regelung auch dazu nutzen könnte, die Rechte des Parlaments bei der Aufstellung des Haushalts auszuhebeln. Statt Schulden zu tilgen, lege die Regierung Geld zurück, um vor der Landtagswahl 2021 mit Wahlgeschenken punkten zu können.

Für seine Kreditmarktschulden zahlt das Land in der aktuellen Niedrigzinsphase zahlt das Land mehr als 1,6 Milliarden Euro jährlich. Im Falle steigender Zinsen würden die Belastungen den Haushalt noch stärker belasten.