Eigentlich sehr cool: der Comedian Luke Mockridge Foto: dpa

Es hat durchaus Tradition, sich in TV-Sendungen einzuschmuggeln, um dort freche Witze zu machen. Der Comedian Luke Mockridge hat bei seinem Auftritt im „ZDF-Fernsehgarten“ aber eigentlich nur genervt. Womöglich war das alles nur Strategie?

Mainz - Eigentlich zählt Luke Mockridge zu den hoffnungsvollen Talenten der deutschen Komiker- und Showmasterszene. Seine TV-Sendungen „Luke! Die Woche und ich“ und „Luke! Die Schule und ich“ bei Sat 1 wurden zu Recht schon mit Preisen bedacht. Sein Showkonzept zu „Catch“, einem TV-Abend für Erwachsene mit lauter Kindergeburtstagsspielen, wurde just in diesem Jahr sogar mit einem Grimme-Preis ausgezeichnet.

Was der Dreißigjährige aber am Sonntag in der Mittagsliveshow „ZDF-Fernsehgarten“ ablieferte, geriet doch eher unterirdisch. Das Format ist ein seit Jahren von Andrea Kiewel moderiertes buntes Allerlei aus Schlagern, Sketchen, Servicebeiträgen und kleinen Wettbewerben. Man ahnt, dass es vor allem Zuschauer in der zweiten Hälfte des Lebens anspricht. Aber es ist in seinem Genre und auf seine Art professionell und gut gemacht. Wer es nicht mag, muss es nicht anschauen. Und wer sich als Künstler dort unter Wert verkauft fühlt, muss dort nicht auftreten.

Herumgesprungen wie ein Affe

Mockridge tat es trotzdem – und lieferte auf der Bühne einige Minuten Stand-up-Comedy ab, die so maximal unlustig und nervig waren, teils auch versetzt mit Publikumsbeschimpfungen, dass Moderatorin Kiewel auf Anweisung der Regie etwas tat, was es so in der Show noch nicht gab: Sie brach den Auftritt von Mockridge ab – und machte einige Minuten später in einer nachfolgenden Moderation deutlich, dass der Sender vom Charakter des Auftritts offenbar völlig überrascht worden war: „Dass es ein junger Künstler wagt, hier auf meiner Bühne vor meinem Publikum als Affe herumzuspringen, halte ich für das mieseste Verhalten, was es unter Künstlern geben kann.“

Mockridge selbst hat sich zu den Vorgängen noch nicht geäußert. So liegt die Vermutung nahe, dass noch etwas ganz anderes dahintersteckt und die ZDF-Aktion womöglich in Zusammenhang mit seiner eigenen nächsten Sendung steht: Am 13. September startet auf Sat 1 „Luke! Die Greatnightshow“. Auch in den sozialen Netzwerken vermuten Fans, dass es demnächst in einer anderen Sendung „noch eine Auflösung“ geben wird.

Ein Eisbecher für Angela Merkel

Derart feindliche Übernahmen von TV-Sendungen zu eigenen komischen Zwecken haben längst eine eigene Geschichte, strebten aber auch eigentlich alle nach einem gewissen Niveau. Legendär die Aktion des „Titanic“-Chefredakteurs Bernd Fritz, der sich 1988 erfolgreich als Kandidat bei „Wetten, dass . .?“ und Thomas Gottschalk einschlich. Seine Behauptung, er könne die Farben von Buntstiften am Geschmack ihrer Mine erkennen, war reine Hochstapelei – und entlarvte trefflich die Absurdität des Wettgeschehens, wie es das ZDF in seiner Erfolgsshow betrieb.

Ein begnadeter Einschleicher auf den Bühnen von Show und Politik war rund um die Jahrtausendwende auch Hape Kerkeling. Seine Aktionen, die Bambi-Verleihungen zu sprengen oder verkleidet als italienischer Kellner der CDU-Vorsitzenden Angela Merkel bei einer Parteitagsrede einen Eisbecher „Copacabana“ auf dem Podium zu servieren, waren so anarchisch und liebevoll, dass hinterher selbst die derart Verulkten mitlachen mussten.

Nach dem Traumschiff ist vor dem Traumschiff

Sehr durchdacht und gezielt geht Jan Böhmermann vor – etwa 2016, als sein Team einen fingierten Kandidaten in Vera Int-Veens Kuppelshow „Schwiegertochter gesucht“ einschleuste und so enthüllen konnte, wie hemmungslos RTL in diesem Format die körperlichen oder seelischen Defizite der Mitwirkenden herausstellt und ausbeutet.

Legendär schließlich auch die Aktion des Schauspielers Christoph Maria Herbst, der sich 2010 als Nebendarsteller für das ZDF-„Traumschiff“ engagieren ließ und fünf Wochen lang das Bordleben genoss, um hernach in einem Bestseller über die anderen Schauspieler, das Drehteam und die Kreuzfahrtpassagiere zu lästern.

Luke Mockridge wäre also ganz sicher nicht der Erste, der in dieser Tradition eine Fernsehsendung zu knacken versucht, um eine eigene Botschaft zu vermitteln. Nimmt man allerdings vorerst nur das in Augenschein, was er am Sonntag im Zweiten abgeliefert hat, muss man konstatieren: ziemlich schlecht, der Witz.