Südstaatenfahne nahe dem Kapitol in South Carolinas Hauptstadt Columbia. Foto: AP

Nach dem rassistischen Anschlag von Charleston wächst die Kritik an der Konföderierten-Flagge. Auch South Carolinas Gouverneurin will sie jetzt vor dem Staatsparlament entfernen lassen.

Washington/Stuttgart - Der Republikaner Lee Bright kündigt erbitterten Widerstand an. Der Abgeordnete im Parlament von South Carolina findet, die Gouverneurin des erzkonservativen Südstaats beweise wenig Rückgrat. „Nur weil eine schlechte Person ein Symbol missbraucht, heißt das nicht, dass das Symbol schlecht ist“, klagt er über das Nachgeben Haleys gegenüber „den politisch überkorrekten Leuten“, die nur auf eine Gelegenheit gewartet hätten, die Rebellenflagge ins Museum zu stecken.

Bright steht mit dieser Sicht nicht alleine da. Vor dem Kirchenmassaker in Charleston mit neun toten Afroamerikanern äußerten 61 Prozent der Bürger in South Carolina die Ansicht, die Südstaatenflagge sollte weiter am Denkmal für die Gefallenen der Konföderierten vor dem Staatsparlament in der Hauptstadt Columbia wehen. Die republikanische Gouverneurin Nikki Haley braucht in beiden Häusern des Parlaments je eine Zweidrittelmehrheit für ihren Vorstoß, die Fahne entfernen zu lassen.

Dass die Gouverneurin diese Mehrheit hat, ist alles andere als gewiss. Haley wie auch die beiden republikanischen US-Senatoren Lindsey Graham und Tim Scott gingen ein politisches Risiko ein, als sie ihre Haltung vor der Presse erklärten. „Wir werden es nicht länger erlauben, dass uns diese Fahne spaltet“, sagte Haley. Sie bezog sich auf den mutmaßlichen Mörder von Charleston, der auf Bildern im Internet vor der Rebellenflagge posierte. „Die Tatsache, dass Leute sie als Zeichen des Hasses benutzen, ist nicht etwas, wofür wir stehen können.“ Graham sagte, die Politiker seien dem Vorbild der Angehörigen gefolgt. „Die Familien der Opfer und die Gemeindemitglieder haben gezeigt, was Christentum und Liebe bedeuten.“ Noch am Sonntag hatten Haley und Graham Forderungen nach einem Einholen der umstrittenen Fahne als verfrüht zurückgewiesen.

Streit um die Fahne der Konföderierten

Rückenwind erhalten die Flaggen-Gegner aus der Geschäftswelt. Die Kaufhauskonzerne Wal-Mart und Sears erklärten, sie würden ab sofort nichts mehr verkaufen, das die Rebellenflagge abbilde.

US-Präsident Barack Obama meinte in einem Radio-Interview, die Geschichte der Sklaverei werfe „einen langen Schatten“ in den USA. „Nur weil die Leute nicht mehr ‚Nigger‘ in der Öffentlichkeit sagen, heißt das nicht, dass wir den Rassismus überwunden haben.“ Das Weiße Haus teilte mit, Obama werde am Freitag in Charleston die Trauerrede für Pastor Clementa Pinckney und die acht Gemeindemitglieder halten.

In den USA entzündete sich in jüngster Vergangenheit immer wieder der Streit um die Fahne der Konföderierten. Für die einen ist sie das Symbol für den Stolz, das kulturelle Erbe und die Kriegsopfer der Südstaaten. Für die anderen steht die Fahne unzweideutig für Rassismus.

Schon im Dezember 1860 spaltete sich South Carolina als erster Staat von der Union ab. Zehn weitere Staaten folgten und formten die Konföderierten Staaten von Amerika. Und in Fort Sumter, South Carolina, fielen im April 1861 die ersten Schüsse im Bürgerkrieg. Dabei war die heute so umstrittene Südstaatenflagge nie die offizielle Fahne der Konföderierten, sondern die Kriegsflagge von General Robert E. Lee. Ihr Design war angelehnt an das Andreaskreuz, das sich auch in der schottischen und britischen Flagge wiederfindet.

Viele Fahnen der Südstaaten von der Rebellenfahne inspiriert

Nach dem Bürgerkrieg wurde die Fahne jedoch beim Ku-Klux-Klan und anderen Rassisten zum Sinnbild für Diskriminierung und Rassentrennung. 1948 wurde sie auch Erkennungszeichen der „Dixiecrats“, einer Partei, die sich im Widerstand zu den Bürgerrechtsplänen von den Demokraten abspaltete. Bis heute benutzen sie viele weiße Rassistengruppen in den USA.

In South Carolina wehte die Flagge zum ersten Mal 1962 über dem Kapitol in der Staatshauptstadt – zum Gedenken 100 Jahre nach dem Beginn des Bürgerkrieges. Für viele war das eine Reaktion auf Bürgerrechtsbewegung und Aufhebung der Rassentrennung in den Schulen. Schwarzenrechtler rannten danach vier Jahrzehnte dagegen an, bis die Abgeordneten im Jahr 2000 einen Kompromiss fanden: Eine kleinere Version der Flagge kam an einen Fahnenmast auf dem Parlamentsgelände neben ein Konföderierten-Denkmal. Aber auch das ließ die Proteste nicht verstummen. Wegen dieses Kompromisses konnte Gouverneurin Haley nach dem Kirchenmassaker jetzt nur anordnen, die amerikanische und die Fahne South Carolinas auf halbmast zu setzen. Die Konföderierten-Flagge wehte nicht auf halbmast, was bittere Kritik auslöste. Doch dafür muss das Parlament zustimmen.

Bis heute sind viele Fahnen der Südstaaten von der Rebellenfahne inspiriert. In Georgia allerdings wurde 2003 das Konföderierten-Symbol wieder getilgt. Derzeit ist Lees alte Kriegsflagge nur noch auf der Staatsfahne von Mississippi prominent abgebildet.