Welche Badekleidung erlaubt ist, ist in der Badeordnung einer jeden Einrichtung geregelt. Im Fildorado ist der Burkini gestattet – und genauso auch in den Stuttgarter Bädern, im F3 in Fellbach oder in Waldenbucher Hallenbad. Foto: dpa

Nach der Missbilligung eines Badegastes, dass in dem Spaßbad in Filderstadt muslimische Frauen in Ganzkörperbadeanzügen schwimmen dürfen, sind bei der Stadt viele negative Kommentare aufgeschlagen. Nun melden sich noch andere zu Wort.

Bonlanden - An diesem Stück Stoff scheiden sich die Geister. Der Burkini, ein Ganzkörperbadeanzug für Musliminnen, erhitzt die Gemüter. Nach der öffentlichen Kritik eines Badegastes, er fühle sich durch Burkini-Trägerinnen im Fildorado in Bonlanden diskriminiert, weil die Kleidung impliziere, dass sich die Frauen vor männlichen Blicken schützen müssten, sind die Emotionen hochgekocht. Binnen weniger Tage wurde der Artikel gut 60 000-mal angeklickt, Hunderte kommentierten im Internet. Der überwiegende Teil der Nutzer kann – wie Ayhan Akpinar, der die Diskussion überhaupt erst angestoßen hat – wenig mit dem Burkini anfangen. Angeführt werden allerdings weniger hygienische oder ästhetische Gründe, sondern fast ausschließlich kulturelle und gesellschaftliche.

Während Ayhan Akpinar im Nachgang von viel Zuspruch berichtet, war im Freizeitbad das Gegenteil der Fall. Ellen Schweizer, Sprecherin der Stadt, erzählt von ausschließlich negativen Kommentaren an der Rezeption, am CMT-Stand oder gegenüber dem Oberbürgermeister. Bei Facebook setzte es auf der hauseigenen Seite ebenfalls Kritik, wenn auch nur vereinzelt. Ein Kommentar wurde gelöscht, „weil er in Richtung Volksverhetzung ging“, so Schweizer. Dass die Fildorado-Zentrale bis Montag dieser Woche nicht telefonisch erreichbar war, hatte laut dem Geschäftsführer Felix Schneider indes technische Gründe.

Burkini gehört zum Kanon der „üblichen Badebekleidung“

Grundsätzlich sieht man in Filderstadt das Erlebnisbad zu Unrecht in den Mittelpunkt gerückt. Tatsächlich sind nahezu überall Burkinis akzeptiert und erlaubt. In sämtlichen Stuttgarter Bädern etwa sind die Spezialkleider zugelassen, ebenso im F3 in Fellbach, und auch im Waldenbucher Hallenbad hat man sich schon vor zwei Jahren pro Burkini positioniert – auch gegen Widerstände aus der Bevölkerung. Joachim Heuser, ein Sprecher der Deutschen Gesellschaft für das Badewesen, stellt klar: In Deutschland gibt es keine übergeordneten Regelungen oder Gesetze in Sachen Burkinis. „Es gilt das Hausrecht“, betont er, wenngleich beim Verband selbst eine klare Meinung herrscht, wie eine Badeordnung idealerweise zu formulieren ist. „Burkinis sind Standard. Das hat etwas mit Integration zu tun.“ Sofern sie aus nicht saugender Kunstfaser bestünden, gehörten sie zum Kanon der „üblichen Badebekleidung“. Davon abgesehen ginge auch bei deutschen Frauen der Trend weg von „je knapper desto besser“, sagt Joachim Heuser.

Es gehe um Partizipation und Gleichbehandlung

Dennoch gibt es wenige Ausnahmen. So ist das Verbot von „Burkinis oder anderer Ganzkörperkleidung“ im Freiburger Keidel-Bad in der Badeordnung schriftlich verankert. Angeführt werden hygienische Gründe. René Derjung, als Sprecher der Freiburger Stadtbau auch fürs Keidel-Bad zuständig, erklärt, dass die Stadtverwaltung hinter dem Verbot stehe. In der Schwarzwald-Kommune habe es ebenfalls Kritik gesetzt, mittlerweile habe sich der Sturm gelegt.

Auch die Wogen im Fildorado scheinen sich geglättet zu haben. Die Haltung ist indes gefestigt: Der Burkini ist und bleibt akzeptiert. Ellen Schweizer nennt Schlagwörter wie Partizipation und Gleichbehandlung. Zudem beruft man sich bei der Stadt auf den sogenannten Burkini-Erlass des Kultusministeriums von 2014. Darin wird auf eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts Bezug genommen, wonach muslimische Kinder nicht ohne Weiteres vom Schwimmunterricht befreit werden können, denn das Tragen eines Ganzkörperbadeanzuges sei zumutbar. Fürs Fildorado leitet sich daraus ab, dass diese Kinder auch in ihrer Freizeit baden und trainieren dürfen. Die Schwimmfähigkeit stehe im Vordergrund, betont Schweizer. Und überhaupt stellt sich aus Filderstädter Sicht die Frage nach der Verhältnismäßigkeit der gesamten Diskussion: Von rund 600 000 Gästen kommen jährlich zwischen zehn und 15 weibliche Badegäste im Burkini.