Der Vaihinger Flugsportverein baut seine zweite Landebahn so aus, dass sie auch von motorisierten Fliegern genutzt werden kann. Foto: Flugsportverein Vaihingen

Mehr als drei Jahre lang stritten eine Bürgerinitiative und der örtliche Flugsportverein um Fluglärm. Jetzt raufen sich die Parteien zusammen und finden einen Kompromiss.

Vaihingen/Enz - Noch vor ein paar Monaten haben sie kein Wort mehr miteinander geredet, jetzt sitzen sie einmütig miteinander im Vaihinger Rathaus, denn es gibt etwas Wichtiges zu verkünden: Auf der einen Seite die Gründer der Bürgerinitiative „Kontra Fluglärm“, auf der anderen Seite der Vorstand des Flugsportvereins Vaihingen (FSV). Und in der Mitte der Oberbürgermeister Gerd Maisch, der froh ist, dass die beiden Streitparteien nun endlich, nach knapp drei Jahren erbitterten Streits, zu einem Kompromiss gefunden haben. Der FSV verpflichtet sich dabei, in Zukunft die Zahl der Motorflüge stark einzuschränken. „Wenn man lösungsorientiert ist, findet man auch Kompromisse“, sagt Maisch – und impliziert damit, dass das in diesem Fall lange nicht so war.

Was war geschehen? Der FSV hatte im Jahr 2015 beim Regierungspräsidium einen Antrag gestellt, der ihm den Betrieb aller möglichen Motorflugzeuge erlaubt hätte – der Verein war aber gar nicht im Besitz dieser Flugzeuge. Es sei ihm lediglich darum gegangen, sich alle Optionen für ein mögliches Wachstum des Vereins in der Zukunft offenzuhalten, sagen die Mitglieder heute und geben zu, dass das vielleicht ein bisschen blauäugig gewesen war. Denn dieser Antrag, der in einer Sitzung eines Stadtteilausschusses bekannt wurde, brachte manche Anwohner des Flugplatzes auf die Palme. Sie befürchteten, dass bald zahlreiche Propeller-Maschinen über ihre Terrassen hinwegbrausen würden. Es gründete sich eine Bürgerinitiative, man schlug sich Gutachten um die Ohren, warf sich gegenseitig vor, die Unwahrheit zu sagen und war generell sehr schlecht aufeinander zu sprechen – bis man gar nicht mehr miteinander sprach.

Anfang Januar stand der Kompromiss

Das änderte sich im vergangenen November, wohl auf Drängen der Stadt, die den brodelnden Konflikt befrieden wollte. Ein externer Mediator vermittelte zwischen den beiden Parteien, Anfang Januar stand dann der Kompromiss. Die Vereinbarung schloss der FSV mit der Stadt als Eigentümerin des Fluggeländes.

Folgendes ist vorgesehen: Der FSV darf maximal sieben motorisierte Flugzeuge betreiben, darunter ein Ultraleichtflugzeug, einen Motorsegler und fünf Segelflugzeuge mit Hilfsantrieb. Derzeit besitzt der Verein aber nur einen Motorsegler. Über dem Gebiet der Stadt und den Stadtteilen darf mit diesen Flugzeugen kein Kunstflug gemacht werden. Außerdem müssen diese auf der neuen, östlichen Bahn starten und landen und nicht mehr auf der westlichen Bahn, die näher an der Stadt liegt. Die Zahl der motorgetriebenen Starts soll beschränkt werden: 900 pro Jahr, maximal zehn am Tag. An manchen Tagen sind auch mehr erlaubt – das betrifft vor allem Flüge während der Ausbildung.

Die Verhandlungen waren hitzig und emotional

„Diese Kröte haben wir schlucken müssen“, sagt Jürgen Marx, Mitgründer der Bürgerinitiative. Insgesamt sei das Eckpunktepapier eine komplizierte Regelung mit vielen Details, „fast wie ein Tarifvertrag“, sagt er und deutet gleichzeitig an, dass die Verhandlungen dazu kaum weniger hitzig verlaufen sind als man es beispielsweise von der Metallbranche kennt.

Auch Michael Hummel, der zweite Vorsitzende des FSV, klagt, dass man „starke Einschränkungen“ habe hinnehmen müssen in dem Kompromiss. Vor allem die Limitierung auf fünf motorgetriebene Starts am Sonntag schränke den Verein sehr ein. „Sonntag ist bei uns Hauptflugbetrieb.“ Aber die Einigung ermögliche dem Verein mit aktuell 40 aktiven Mitgliedern dennoch weiteres Wachstum.

Der FSV möchte nun die Vorgaben des Eckpunktepapiers in seinen neuen Lizenzantrag ans Regierungspräsidium aufnehmen. Der Gemeinderat Vaihingens wird sich in seiner Sitzung im März damit befassen. Danach geht der Antrag nach Stuttgart. Dass er genehmigt werde, habe man bereits signalisiert bekommen. Derweil sind beide Seiten bemüht, Eintracht auszustrahlen. Michael Hummel zur Einigung: „Keine Seite hat gewonnen oder verloren. Das war die beste Lösung, die wir finden konnten.“

Das Fliegen und der Lärm

Flugplätze
Der Flugplatz in Vaihingen/Enz ist nicht der einzige in der Umgebung. Weiter im Westen liegt ein Segelflugplatz in Mühlacker (Enzkreis), im Kreis Ludwigsburg gibt es Flugplätze in Pleidelsheim, Löchgau sowie in Pattonville. In dieser Wohnsiedlung zwischen Remseck und Kornwestheim hatten sich ebenfalls Bürger in einer Initiative zusammengeschlossen, um gegen den Lärm am Flugplatz vorzugehen.

Grenzwerte
Die Diskussion über Lärm ist auch deswegen so schwierig, weil es um ein subjektives Empfinden geht. Geräusche, die als störend wahrgenommen werden, gelten als Lärm. Dabei spielt es für das persönliche Empfinden keine Rolle, ob dabei objektiv Grenzwerte bezüglich der Lautstärke überschritten werden. In der rechtlichen Beurteilung des Problems zählen hingegen nur die gemessenen oder errechneten Zahlen.

Vorschrift
Was in Sachen Lärm erlaubt ist, regeln das Bundes-Immissionsschutzgesetz und dessen anhängige Verwaltungsvorschriften. Anlagen, die einer Genehmigung bedürfen, dürfen in einem reinen Wohngebiet den Geräuschpegel von 55 Dezibel tagsüber und 35 Dezibel in der Nacht nicht überschreiten. Es zählt aber der errechnete Durchschnittswert, sodass auch kurzzeitige Geräuschspitzen gestattet sind.