Diese kleinen Kerle sorgen für Zank: Nach dem Umsatzerfolg der Trolle wird Hollywood die Kinos wohl noch öfter umgehen. Foto: AP/Dreamworks Animation

Wegen der Corona-Maßnahmen konnte der Trickfilm „Trolls World Tour“ nicht ins Kino kommen. Er lief nur online. Dort war er so erfolgreich, dass die Studios nun neu über die Zukunft nachdenken. Die Kinobetreiber bangen – und manche schlagen zurück.

Los Angeles - Die Panik vor den unkalkulierbaren finanziellen und produktionstechnischen Folgen der Corona-Pandemie hat auch die Hollywood-Studios erfasst. Ein Beispiel: Da Universal den Video-on-Demand-(VoD)-Erfolg von „Trolls World Tour“ – innerhalb von drei Wochen spielte der Film online 100 Millionen Dollar ein – für eine Neuauflage der Debatte um eine zeitgleiche Auswertung von Filmen im Kino und bei Streamingdiensten nutzt, will die weltweit größte Kinokette AMC Theatres Universal-Filme von ihren Leinwänden verbannen.

Auch Knüller nur noch online?

„Ab sofort werden wir keine Universal-Filme mehr spielen, weder in den USA noch in unseren Kinos in Europa und im Mittleren Osten.“ Als diese Ankündigung Ende April die Runde machte, schlug sie bei der zum Stillstand gezwungenen Filmindustrie wie eine Bombe ein. Sollten nun mit Spannung erwartete Filme wie die nächste und wahrscheinlich letzte „Fast & Furious“-Fortsetzung, der ursprünglich für Juli terminierte „Minions: The Rise of Gru“ und „Jurassic World: Dominion“ nicht mehr auf der Leinwand, sondern vielleicht nur noch im Video-Streaming zu sehen sein?

So etwas ist denkbar, seit das Virus sein Unwesen treibt. Denn wer hätte geahnt, dass einmal alle Kinos ihre Türen schließen würden und dass der Streaminganbieter Netflix 2000 zusätzliche Mitarbeiter anheuern müsste, um den Ansturm zu bewältigen? 183 Millionen Abonnenten drängen sich weltweit inzwischen nach den Programmen dieses erfolgreichsten Streamingdienstes. Währenddessen stehen in Hollywood die Kameras still. Größere Kinoketten nehmen Kredite auf und fürchten um ihren Fortbestand, während kleine Arthouse-Kinos Links zu Filmen im Internet anbieten.

Auch die Oscars wandeln sich

Die Filmwelt scheint also ohnehin schon auf dem Kopf zu stehen. Aber wie die „Los Angeles Times“ berichtet, warten einige Studios erst gar nicht ab, bis die Krise vorbei ist, sondern setzen jetzt schon Zeichen, wohin der Weg gehen könnte, auch wenn es wieder offene Kinos gibt. Warner Bros. will seinen Animationsfilm „Scoob!“ noch in diesem Monat online herausbringen, Disney will die Adaption der Fantasyroman-Reihe „Artemis Fowl“ bei Disney Plus starten und Paramount hat die romantische Komödie „The Lovebirds“ an Netflix verkauft hat.

Zum ersten Mal sollen denn auch bei den nächsten Oscars, die Ende Februar 2021 verliehen werden, Filme zugelassen sein, die nicht im Kino liefen. Versteckt im Schatten des tödlichen Virus wird damit eine Diskussion beendet, die seit Jahren schon Fachleute und Öffentlichkeit bewegt: Sind Filme, die auch oder sogar nur online zu sehen sind, gleichberechtigte „Oscar“-Anwärter? Einzige Bedingung für die Zulassung zum Wettbewerb soll nur noch sein, dass die Filme innerhalb von 60 Tagen nach ihrem Start den Mitgliedern der Oscar-Akademie auf deren eigener Streamingseite verfügbar gemacht werden. Bisher dienten zur Qualifikation auch DVD und Blu-Ray.