Das künftige Wohngebiet auf dem Pragsattel ist heute noch eine Brache. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Der Baubeginn für eines der größten neuen Wohnquartiere Stuttgarts hat sich zum ursprünglichen Zeitplan um vier Jahre verzögert. Unterdessen hält sich die Stadt eine juristische Hintertür offen.

Stuttgart - Der Wohnungsbau auf dem Pragsattel wird noch länger auf sich warten lassen als gedacht. Erst vor wenigen Tagen hat die Stadt den eigenen Flächenanteil für das geplante Quartier „Wohnen im Theaterviertel“ an den Investor, die Firma Instone, verkauft. Auch der Bauantrag wurde nach Jahren des Hin und Her inzwischen eingereicht. Doch wie aus einem Schreiben des städtischen Finanzreferats nun hervorgeht, rechnet die Verwaltung erst Anfang oder sogar erst Mitte 2019 mit dem Baustart für die 200 bis 300 neuen Wohnungen in direkter Nachbarschaft zum Theaterhaus. Damit wäre der Baubeginn für eines der größten neuen Wohnquartiere der Stadt gegenüber dem ursprünglichen Zeitplan um vier Jahre verzögert. Und: die Stadt hält sich beim Verkauf der Grundstücke eine juristische Hintertür offen.

Überraschender Fund eines Stromkabels im Boden

Offizielle Erklärung für die erheblichen Verzögerungen – sowohl von der Stadt als auch vom Investors – ist die überraschende Entdeckung einer Stromleitung im Untergrund. Dadurch habe man den Zuschnitt der Grundstücke und damit die gesamte Planung für das neue Quartier verändern müssen, heißt es von beiden Seiten. Allerdings wird hinter den Kulissen seit Jahren erbittert um das Areal gestritten – in Köln wie auch in Stuttgart sind Gerichte mit Klagen rund um den Verkauf des Wohnbaugrundstücks zwischen Rheinstahl- und Maybachstraße befasst.

Angesprochen auf diese Streitigkeiten hieß es aus dem Stuttgarter Rathaus bislang stets, man werde die juristischen Auseinandersetzungen Dritter nicht kommentieren. Doch tatsächlich hat sich die Verwaltung verschiedene Rücktrittsrechte in den Kaufvertrag einarbeiten lassen, mit dem die städtischen Grundstücke am Donnerstag vergangener Woche an den Investor verkauft wurden.

Bislang hatte die Stadtverwaltung recht allgemein beteuert, man wolle sich in dem Vertrag lediglich gegen „etwaige Risiken absichern“. In dem Schreiben des Finanzreferats heißt es dazu jedoch ganz konkret, man habe sich Rücktrittsrechte einräumen lassen „für den Fall, dass bis zum Baubeginn der ursprüngliche Ankaufsvertrag von Instone aus dem Jahr 2015 in irgendeiner Weise rückabgewickelt werden sollte.“

Nach Recherchen unserer Zeitung wird genau dieses Ziel bei dem Rechtsstreit vor dem Landgericht in Köln derzeit verfolgt. Das Gericht will Anfang Oktober dieses Jahres in die Beweisaufnahme eintreten. Hintergrund des Streits ist die Klage eines Unternehmers, der behauptet, Teilhaber der Firmen gewesen zu sein, die später an den heutigen Bauherrn und Investor Instone verkauft haben. Allerdings habe man die zwingend notwendige Zustimmung seiner Firma nie eingeholt.

Investor: „Haben Rücktrittsrechte gerne in Verträge aufgenommen“

Auf Anfrager unserer Zeitung erklärt Instone: „Alle Verträge der Vergangenheit wurden rechtlich beratend geschlossen und sind nach uns vorliegender Expertise rechtswirksam.“ Und: „Die Gefahr einer Rückabwicklung, aufgrund der Rechtsstreitigkeiten der früheren Eigentümer, ist aus unserer Sicht und nach Meinung der Kaufvertragsbeteiligten nicht vorhanden.“ Die von der Landeshauptstadt gewünschten Rücktrittsrechte habe man daher gerne in den Vertrag aufgenommen, so das Unternehmen weiter.

Die weiteren Verzögerungen beim Baustart erklärt Instone so: „Die Ausführungsplanungen für den Bau eines so großen Projektes dauern etwa sechs bis acht Monate und werden parallel zum Genehmigungsverfahren begonnen.“ Man rechne damit, dass man Ende 2018 mit der Ausschreibung der Bauleistung beginnen könne. „Somit ist ein Baubeginn, in Abhängigkeit von der Baugenehmigung, im ersten Halbjahr 2019 realistisch geplant“, erklärt der Investor.

Der Streit um die Grundstücke dauert seit vielen Jahren an. Auf dem Gelände sollte der erste Trump-Tower Deutschlands gebaut werden. Alt-OB Wolfgang Schuster (CDU) war ein Verfechter dieses Projekts, das am Ende nicht realisiert wurde.