Apu, der hier Bart Simpson seine Waren anpreist, stößt manchem sauer auf. Foto: Fox

Seit über einem halben Jahr wird in den USA eine Debatte über Apu geführt. Ist der indische Ladenbesitzer in den „Simpsons“ eine rassistische Karikatur – oder bloß Satire?

New York - Menschen lieben es einfach, den Gekränkten zu spielen“, sagt Matt Groening, der Erfinder der TV-Serie „Die Simpsons“. Da kann ihm niemand widersprechen, der die unablässigen Wellen gekünstelter Empörung in den sozialen Netzwerken verfolgt. Aber Groening, Jahrgang 1954, meint einen ganz konkreten Fall, die Kritik an einer seiner Zeichentrickfiguren nämlich, und da macht er es sich mit seiner Klatsche für die Unzufriedenen wohl doch zu leicht.

Springfield, das Heimatstädtchen der Simpsons, ist ein freches Spiegelbild der Realität. Also ist Springfield von Figuren mit deftigen Macken bevölkert: Jede Schicht, jede Clique, jede Branche und jede Mode bekommt hier ihr Fett weg. Auch darum sind die 1989 gestarteten „Simpsons“ mit 639 Folgen nun Rekordhalter: Keine andere US-TV-Serie lief je so lange.

Auch Apu Nahasapeemapetilon, von allen nur Apu genant, ist eine Karikatur: Der indischstämmige Betreiber des überteuerten Kwik-E-Markts ist ein verkrampfter Pfennigfuchser, dessen heftiger Akzent auch darauf hinweist, dass ihm die Zahlen in der Registrierkasse wichtiger sind als die soziale Welt um ihn her. Apu ist seit der ersten Staffel dabei, und früher hätte man von ihm wie von anderen „Simpsons“-Zerrbildern gesagt: Alle Fans lieben ihn.

Seit Herbst 2017 aber geht das nicht mehr. Da präsentierte der Stand-up-Komiker Hari Kondabolu, der 1982 in New York geborene Sohn indischer Einwanderer, seinen Dokumentarfilm „The Trouble with Apu“. In dem kommen Menschen derselben oder halbwegs gleichen Ethnie wie Apu zu Wort, die berichten, wie sehr sie diese Karikatur schmerzt. Nicht, weil sie gern beleidigt vor dem Fernsehapparat sitzen möchten, sondern weil sie von klein auf mit dem Apu-Akzent aufgezogen wurden, weil die Figur ein Knüppel wurde, den man gegen sie schwang. Und weil Apu in den USA so allgegenwärtig sei, dass Schauspieler mit indischen Wurzeln ohne Apu-Akzent nicht akzeptiert würden, da sie nicht „authentisch“ klängen, Charaktere mit Apu-Akzent aber immer Witzfiguren werden.

Apu, glaubt Kondabolu, sei eine folgenreich böse Verfälschung: „Er klingt wie ein Weißer, der einen anderen Weißen nachäfft, der sich über meinen Vater lustig macht.“ Tatsächlich ist der Sprecher von Apu ein Weißer, Hank Azaria, Jahrgang 1964. Der musste sich im Lauf der Jahre immer wieder Kritik an seiner stimmlichen Überzeichnung anhören, aber früher nahm er die in der Gewissheit hin, dass es eben der Stil der „Simpsons“ sei. Mittlerweile denkt er anders. Ende April hat er bekundet, er würde gerne seinen Platz am Mikrofon räumen: „Der Gedanke, dass jemand wegen Apu gehänselt oder gemobbt wurde, bedrückt mich.“

Matt Groening aber sperrt sich gegen eine Modifikation von Apu. Allein auf Starrsinn sollte man das nicht zurückführen. Vermutlich hat Groening das Gefühl, sich gegen einen gefährlichen Zensureifer der politisch Überkorrekten zu stemmen. Die Lage ist also vertrackt, aber der TV-Produzent Adi Shankar sucht einen Ausweg. Er hat einen Drehbuchwettbewerb ausgelobt, will Ideen, wie man Apu verändern oder aus der Serie hinausschreiben könnte. Das Gewinnerskript will er den „Simpsons“-Machern schenken.