Hinterm Zaun – Asylbewerber-Erstaufnahmelager in Mecklenburg-Vorpommern. Foto: dpa-Zentralbild

Die Justizminister lehnen die Inhaftierung von Asylbewerbern in Strafgefängnissen ab. In Baden-Württemberg gibt es somit einen Konflikt in der Regierung.

Berlin - Kurz vor der geplanten Verabschiedung im Kabinett kommt aus den Bundesländern massiver Widerstand gegen das Gesetz für mehr Abschiebungen von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU). Die Landesjustizminister lehnten in einem Beschluss mit großer Mehrheit den Plan ab, Abschiebehäftlinge in denselben Gefängnissen unterzubringen wie Strafgefangene. In Baden-Württemberg offenbart sich damit ein Konflikt in der Regierung – das CDU-geführte Innenministerium hatte das Vorhaben Seehofers begrüßt und erklärt, es unterstütze Seehofer bei seinem Vorschlag. Dagegen lehnt der CDU-Justizminister Guido Wolf den Plan dezidiert ab. Er fordert, diesen Teil des Gesetzesentwurfs zu streichen.

Massive Bedenken der Justizminister

Die Justizminister kritisieren, eine gemeinsame Haft wäre „in höchstem Maße problematisch und systemwidrig“, wie es in dem Beschluss des Strafvollzugsausschusses der Länder vom Freitag heißt. Der Entwurf begegne „durchgreifenden rechtlichen, organisatorischen, personellen und finanziellen Bedenken“, schreiben die Justizminister in dem Papier, das unserer Zeitung vorliegt. In ihrer scharfen Kritik verweisen sie darauf, dass der normale Justizvollzug in nicht vertretbarer Weise belastet werde. Schon jetzt seien Gefängnisse voll oder überbelegt. Das Ziel Seehofers, mit der Zusammenlegung schnell die fehlenden Haftplätze für Asylbewerber zu erhalten, könne also gar nicht erreicht werden. Außerdem sind die Justizminister nahezu einhellig der Auffassung, dass der Gesetzesentwurf gegen die Rückführungsrichtlinie der EU verstoße.

Hinter der scharfen Kritik versammeln sich alle Bundesländer außer Sachsen und Bayern, wobei der bayerische Vertreter abwesend war. Die Justizminister appellieren in dem Beschluss an Bundesjustizministerin Katarina Barley, sich für das europäische Trennungsgebot und einen funktionierenden Vollzug einzusetzen. In Baden-Württemberg geht der Konflikt mitten durch die Landesregierung. Ein Sprecher des Justizministeriums verwies auf einen Brandbrief nahezu aller Unions-Justizminister an den Unionsfraktionsvorsitzenden Ralph Brinkhaus von Anfang März. In dem von Wolf mitunterzeichneten Scheiben wird der Fraktionschef „ausdrücklich“ gebeten, diesen Teil des Gesetzentwurfs zu streichen. Die Minister machen Sicherheitsbedenken und eine nicht vertretbare Belastung der Justiz geltend.

Baden-Württembergs Gefängnisse sind voll

In Baden-Württemberg würden aus Sicht des Justizministeriums auch schlicht die Kapazitäten fehlen, um Abschiebehäftlinge in nennenswerter Zahl in Gefängnissen unterzubringen. Die Haftanstalten im Land seien überbelegt, es fehlten rund 900 Haftplätze, sagte der Sprecher. Auch die personelle Situation sei vor angespannt. Ein Sprecher des Landesinnenministeriums hatte dagegen am Freitag erklärt, sein Haus unterstütze Seehofers Vorschlag der Unterbringung in Gefängnissen. Der Instrumentenkasten, um das hohe Niveau der Abschiebezahlen zu halten, müsse angepasst werden.

Nach geltendem Recht muss Abschiebehaft grundsätzlich in speziellen Hafteinrichtungen vollzogen werden. Seehofers Entwurf für das so genannte „Geordnete-Rückkehr-Gesetz“ sieht vor, diese Trennung für drei Jahre auszusetzen, weil nicht genügend Haftplätze für abzuschiebende abgelehnte Asylbewerber existierten und viele Abschiebungen daran scheiterten. Derzeit gibt es bundesweit 490 Abschiebehaftplätze.