Ein Gottesdienst in der Synagoge der jüdischen Gemeinde in Stuttgart. Foto: /Lichtgut/Verena Ecker

Es ist ein seit Jahren schwelender Streit, der in einer Anzeige der Repräsentanz der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württemberg (IRGW) gegen Ex-Vorstand Martin Widerkehr gipfelte, unter anderem wegen Verleumdung. Doch die Staatsanwaltschaft sieht in dessen Äußerungen einen Akt der Meinungsfreiheit.

Stuttgart - Nach einer Prüfung verfolgt die Staatsanwaltschaft die Anzeige des Vorstands der jüdischen Gemeinde gegen den Stuttgarter Unternehmer Martin Widerker nicht weiter. Dieser hatte dem Leitungsgremium der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württemberg (IRGW) vor der Neuwahl schwere Verfehlungen vorgeworfen. Die Staatsanwaltschaft sieht darin aber einen Akt der Meinungsfreiheit, so Pressestaatsanwalt Heiner Römhild. Widerker hatte in einem Schreiben an Mitglieder der Gemeinde und an die Medien indirekt behauptet, der Vorstand mit Sprecherin Barbara Traub, Michael Kashi und Susanne Jakubowski habe Geld veruntreut. So seien Anwaltskosten für Susanne Jakubowski, die diese selbst hätte tragen müssen, aus der Gemeindekasse bezahlt worden.

Massive Vorwürfe

Der Hintergrund: Ein Kreis um Widerker hatte angezweifelt, dass Jakubowski Jüdin sei, die Allgemeine Rabbinerkonferenz aber hat ihr Recht gegeben. Der massiv attackierte Vorstand hatte daraufhin Strafanzeige gestellt gegen Widerker wegen „Verleumdung, falscher Verdächtigung, Beleidigung und unberechtigter Verarbeitung von personenbezogenen Daten“. Man warf diesem vor, er habe „Tatsachen verdreht und absichtlich Unwahrheiten vorgetragen“, um so „den Ablauf der Wahlen zu manipulieren“.

Die Staatsanwaltschaft sieht gerade im Rahmen der bevorstehenden Wahlen, auf welche die Äußerungen bezogen waren, in dem Vorgehen Widerkers „einen zulässigen Akt der Meinungsfreiheit“. Was den Vorwurf des Vorstands gegen diesen wegen Verleumdung und Beleidigung angeht, habe man die Antragsteller „auf den Privatklageweg verwiesen“, so Römhild.

Keine Folgen für die Wahl

Der Vorstand der IRGW-Repräsentanz reagierte etwas irritiert auf die Entscheidung der Staatsanwaltschaft. Eine Sprecherin erklärte: Leider sei „die Staatsanwaltschaft arbeitstechnisch überlastet“, weshalb sie sich „mit solcher jüdischen Angelegenheit nicht befassen kann“. Bei der Neuwahl der Repräsentanz im vergangenen Februar war der Angriff Widerkers im Übrigen ohne Folgen geblieben. Alle neun Mitglieder wurden wiedergewählt, der dreiköpfige Vorstand ist zusammengesetzt wie zuvor auch. (ury)