Finanzbehörden stufen die Pannen- und Unfallhilfe des ADAC als Versicherungsleistung ein. Damit fallen nun Steuern an. Wer muss sie tragen? Foto: picture alliance/dpa

Beim ADAC streiten fünf Regionalclubs mit der Zentrale in München über eine Finanzfrage. Dahinter steckt mehr. Einer der streitlustigen Regionalclubs wird vom früheren ADAC-Chef Peter Meyer geführt, der gegen den aktuellen Präsidenten schießt.

München -

Die Örtlichkeit ist der Veranstaltung entsprechend. Am Nürburgring werden rund 200 ADAC-Delegierte diesen Samstag die diesjährige Hauptversammlung von Europas größtem Autofahrerclub abhalten. Das Datum gilt zumindest für den öffentlichen Teil, dem man eine gewisse Langeweile vorhersagen darf. Die eigentliche Diskussion findet wie immer tags zuvor statt, wenn Kameras und Mikrofone abgeschaltet sind. Das ist in diesem Jahr besonders bedauerlich.

Denn der ADAC dürfte demnächst gegen den ADAC vor Gericht ziehen, und das hat es in dieser Form bei dem 116-jährigen Club noch nicht gegeben. Eine Handvoll Regionalclubs macht gegen die Münchner Zentrale mobil. Es geht um Steuern, die Verteilung finanzieller Lasten und vermutlich auch um offene Rechnungen auf persönlicher Ebene. Auslöser des über dem Treffen schwebenden Streits ist der Umstand, dass der Club versicherungssteuerpflichtig geworden ist. Die Finanzbehörden sehen die Pannen- und Unfallhilfe des ADAC neuerdings als Versicherungsleistung an, was den Autoclub pro Jahr rund 35 Millionen Euro kostet.

Fünf Regionalclubs klagen vor dem Landgericht München

Bisher ist die Clubzentrale dafür in Vorleistung getreten, sie will ihre Regionalclubs aber mit einem Anteil von gut 18 Prozent an der jährlichen Steuersumme zur Kasse bitten. Diese Verteilung ist bei einem ADAC-Verwaltungsratstreffen mit den 18 Regionalclubchefs zwar mehrheitlich, aber nicht einstimmig beschlossen worden. Die unterlegene Minderheit will die Regelung nicht akzeptieren, obwohl der beschlossene Anteil ein Kompromiss war. Normalerweise tragen die Regionalclubs bei finanziellen Lasten einen Anteil von 37 Prozent.

Dessen ungeachtet haben die fünf Regionalclubs Nordrhein, Westfalen, Nordbaden, Saarland und Sachsen vor dem Landgericht München Klage gegen ihre Zentralorganisation erhoben, um die Steuerpflichten klären zu lassen. Offiziell steht der Streit nicht auf der Tagesordnung der Hauptversammlung. Insider gehen aber davon aus, dass sie trotzdem Thema sein wird. Die Frage ist, wie kontrovers und offen und damit an welchem Tag: am nicht öffentlichen Freitag oder am öffentlichen Samstag.

Der aktuelle und der frühere Präsident sind heillos zerstritten

Damit, dass das Kriegsbeil begraben wird, rechnet im Club niemand. Denn der Zwist hat auch eine persönliche Komponente. Als treibende Kraft der aufgebrachten Regionalclubs gilt der ADAC-Nordrhein. Der ist die Machtbasis des einstigen Chefs der Münchner ADAC-Zentrale, Peter Meyer. Der 69-jährige war Vorgänger des heutigen ADAC-Chefs August Markl und gilt als dessen Gegenspieler. Meyer war 2014 ohne größere Schuldeinsicht über den manipulierten ADAC-Autopreis Gelber Engel gestürzt und hatte sich in den ADAC Nordrhein zurückgezogen. Dort musste er mit ansehen, wie Nachfolger Markl dem Club mit seinen fast 21 Millionen Mitgliedern eine Reform verordnete, die das kommerzielle ADAC-Geschäft vom Vereinsteil trennte. Als dritte ADAC-Säule entstand eine Stiftung.

Meyer hat das vor allem hinter den Kulissen bekämpft und sich dabei heillos mit Markl zerstritten. Insider sehen in der jetzigen Klage ein Stück weit einen Stellvertreterkrieg. Wenn es durch alle Instanzen geht, wird der wohl nicht mehr entschieden, bis beide abtreten. Für den 70-jährigen Markl ist im Mai 2021 Schluss. Kurz zuvor wird wohl auch Meyer altersbedingt aus allen ADAC-Ämtern ausscheiden. Bis dahin dürfte der Streit weitergehen, obwohl der ADAC intern Ruhe bräuchte. Denn es muss gespart werden. Dafür sorgen nicht nur die Steuerpflichten, sondern auch die Reform, die neue Kosten mit sich gebracht hat.

Eine dritte Form der Mitgliedschaft ist angedacht

Erstmals in seiner Geschichte hat der Club 222 Stellen abgebaut. Die letzten Jahre waren defizitär. Erst für 2020 ist wieder eine schwarze Null angepeilt. Mitglieder müssen aktuell noch nicht mit höheren Beiträgen rechnen, hört man. Nachgedacht wird stattdessen über eine dritte Form der Mitgliedschaft. Heute gibt es normale und Plus-Mitglieder, Letztere mit mehr Leistungen. Als dritte Klasse könnte es bald noch umsorgtere Premiummitglieder geben. Darüber könnte bei der Hauptversammlung sogar offen diskutiert werden.