Google hat bei Street View schon wieder Datenschutz verletzt. Experten sind empört.

Oberstaufen/Brüssel - Google hat schon wieder die Datenschutzbestimmungen verletzt. Doch der technische Fehler bei Street View lenkt von einer zentralen Frage im Internet-Zeitalter ab: Wie bekommen die Nutzer persönliche Angaben überhaupt wieder aus dem Netz?

Diese Panne ist Wasser auf die Mühlen der Gegner von Googles Street View: Mit viel Pomp wurde der Bilderdienst - eine Art interaktiver dreidimensionaler Stadtplan fürs Internet - am Dienstag in Oberstaufen in Deutschland eingeführt. Nur 16 Haushalte der bayerischen 7200-Seelen-Gemeinde hatten dafür ihre Häuser pixeln lassen, damit diese nicht weltweit von außen sichtbar sind. Doch schon kurz darauf meldeten sich die ersten Nutzer im Netz: Die gepixelten Häuser seien über die mobilen Empfangsgeräte iPhone und iPad unter bestimmten Umständen zu sehen.

Google nahm die fehlerhaften Datensätze heraus und räumte die Panne ein, die fünf Haushalte betroffen habe. Ursache sei ein Programmierfehler für Apple-Anwendungen, sagte Sprecher Kay Oberbeck unserer Zeitung. Stuttgarter Street-View-Gegner, die ihr Haus pixeln ließen, müssten nichts befürchten, sagte Oberbeck. Für die Landeshauptstadt sowie weitere 19 deutsche Städte, die bis Ende des Jahres online gehen sollen, habe man eine andere Technik verwendet. Und was sagt er zum Google-GAU zum Street-View-Start? "Ich will das nicht einordnen. Aber wir entschuldigen uns natürlich dafür."

Es ist nicht die erste Panne, die dem Image des Konzerns schadet. So war bekanntgeworden, dass Google für seinen Street-View-Dienst unter anderem auch Daten aus lokalen Funknetzen und E-Mail-Adressen mit erfasst und gespeichert hatte. Doch die öffentlichkeitswirksame Debatte über Street View lenke von den eigentlichen Datenschutz-Problemen ab, warnen Experten. Bei Street View könne man zumindest teilweise sehen, ob die Bestimmungen eingehalten würden. Ob die Betreiber der sozialen Netzwerke im Internet sie beachteten, sei schwerer zu durchschauen.

EU: Jeder soll seine Daten löschen können

So forderte der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Peter Schaar, vor kurzem international verbindliche Regelungen, die auch für Google und das Netzwerk Facebook gelten müssten. Gestern bekam Schaar Unterstützung von der EU-Kommission in Brüssel. Diese will die Unternehmen dazu verpflichten, persönliche Informationen wie Freundeslisten oder Fotos auf Wunsch der Bürger schnell und unkompliziert zu entfernen. Den Anbietern sollen dafür Fristen vorgeschrieben werden. "Privatsphäre muss auch das Recht einschließen, wieder vergessen zu werden", sagte EU-Justizkommissarin Viviane Reding. "Ich trete für das Recht jedes Einzelnen ein, jederzeit auf seine Daten zugreifen und sie auch löschen zu können." Reding hält die bestehende, 15 Jahre alte Datenschutzrichtlinie nicht mehr für zeitgemäß. Konkrete Gesetzesvorschläge will die EU im kommenden Frühjahr vorlegen. Allerdings müssen die Mitgliedstaaten und das Europaparlament zustimmen.

Doch sind die Forderungen aus Brüssel ohne bilaterale Abkommen mit den USA überhaupt durchsetzbar? Hier liegt das zentrale Problem: Zurzeit halten sich nur deutsche soziale Netzwerke wie die VZ-Gruppe (StudiVZ) weitgehend an Nutzer-Wünsche, ihre Accounts zu deaktivieren und damit Profile und Fotos zu löschen. Bei US-Anbietern wie Facebook ist es auch für deutsche Nutzer weitaus schwieriger, nach der Anmeldung über die eigenen Daten zu bestimmen. Bei der Deaktivierung des Accounts sind diese zwar nicht mehr zu sehen - aber nur weil die Links dazu fehlen. Auf den Servern bleiben sie aber bestehen.

Und selbst dann, sagte Datenschützer Schaar, bleibe das Problem, dass Daten von Dritten bereits aus dem Internetangebot kopiert und später wieder heraufgeladen werden. Was selbst die Technik, Daten eine automatische Verfallszeit einzuschreiben, anfällig mache.

Internet-Nutzern bleibt also auch hier nur die Alternative, möglichst wenig private Daten preiszugeben. Was keine Garantie ist, wie der Fall der Street-View-Gegner aus Oberstaufen zeigt. Zumindest erfuhren sie von der Datenpanne.